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Jahresbericht 2015_final_2_web

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Davon zu unterscheiden ist die sog. Geschäftsfähigkeit.<br />

Geschäftsfähig ist, wer im Rechtsverkehr wirksam Erklärungen<br />

abgeben kann. Das hängt davon ab, ob der Betroffene<br />

in der Lage ist, den Sachverhalt zu verstehen, die<br />

Folgen abzuschätzen und auch nach dieser Einsicht zu<br />

handeln. Sinn dieser Regelung ist es, den Betroffenen nicht<br />

zu entmündigen, wie es früher im Vormundschaftsrecht<br />

üblich war. Ein Betreuter bleibt also trotz Anordnung der<br />

Betreuung geschäftsfähig! Das hat zur Folge, dass sowohl<br />

der Betreuer selbst für den Betreuten als auch der Betroffene<br />

rechtswirksam handeln können.<br />

Diese rechtliche Konstellation hat aber in der Praxis zur<br />

Folge, dass es ggf. in ein und derselben Angelegenheit zu<br />

gegensätzlichen Erklärungen von Betreutem und Betreuer<br />

kommen kann. Um hier eine sinnvolle Lösung zu ermöglichen,<br />

hat der Gesetzgeber zweierlei vorgesehen: zum einen<br />

soll der Betreuer alle wichtigen Angelegenheiten mit<br />

dem Betreuten besprechen (siehe § 1901 Abs. 3 Satz 3<br />

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Zum anderen kann das<br />

Betreuungsgericht, wenn dies wegen der konkreten Einzelfallumstände<br />

sinnvoll erscheint, anordnen, dass der Betreute<br />

zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis<br />

des Betreuers betrifft, der Einwilligung des Betreuers bedarf<br />

(sog. Einwilligungsvorbehalt, § 1903 BGB).<br />

Was den beabsichtigen Hausverkauf betraf, war es nun<br />

so: Nach deutschem Recht kann ein Gebäude immer nur<br />

mit dem dazugehörigen Grund und Boden veräußert<br />

werden. Wenn ein Haus verkauft werden soll, handelt es<br />

sich rechtlich demnach (auch) um eine Verfügung über<br />

ein Grundstück. Da es hierbei nicht selten um erhebliche<br />

Vermögenswerte geht und der Betreute daher besonders<br />

schutzwürdig ist, hat der Gesetzgeber die Befugnisse des<br />

Betreuers in diesem Zusammenhang beschränkt: § 1821<br />

Abs. 1 Nr. 1 BGB ordnet daher an, dass der Betreuer zur<br />

Verfügung über ein Grundstück der Genehmigung des<br />

Vormundschaftsgerichtes bedarf. Praktisch tätig werden<br />

tut das Vormundschaftsgericht in Person eines Rechtspflegers<br />

(§ 3 Nr. 2 b) Rechtspflegergesetz – RPflG -). Ob die<br />

Genehmigung erteilt wird, richtet sich nach einer umfassenden<br />

Interessenbewertung, in die verschiedene Belange<br />

eingehen und vom Rechtspfleger zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

Hieraus erklärte sich, dass der Rechtspfleger des Amtsgerichtes<br />

(= Vormundschaftsgericht) den Vater der Bürgerin<br />

einbinden musste. Die Sorge der Bürgerin hinsichtlich der<br />

vermutlichen Reaktion ihres Vaters auf den beabsichtigten<br />

Verkauf des Hauses war zwar nachvollziehbar. Allerdings<br />

war die Einbeziehung unumgänglich, so dass es auf die<br />

Art und Weise des (schonenden) Vorgehens ankommen<br />

würde. Da Rechtspfleger hier aber über eine erhebliche<br />

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