The SAME procedure as every crisis: Die vier ... - Die Welt
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5.4. Anlageverhalten im Retail-Segment<br />
5.4.1. <strong>The</strong>se XI: <strong>Die</strong> Menschen tragen aufgrund ihrer natürlichen Gier eine<br />
Mitschuld an der Krise, weshalb sich diese wiederholen wird – Gier ist<br />
eine urmenschliche Eigenschaft, die sich nicht bekämpfen lässt<br />
In dem <strong>vier</strong>ten Abschnitt, in dem es um d<strong>as</strong> Anlegerverhalten geht, soll zunächst die <strong>The</strong>se untersucht<br />
werden, ob die Menschen aufgrund ihrer natürlichen Gier eine Mitschuld an der Krise tragen, weshalb<br />
sich diese wiederholen wird. Helmut Schmidt hat 2009 mit einem Zitat die menschliche Gier wie folgt<br />
dargelegt: „Vor allem in New York und in London haben wir es zu tun mit einer Kombination von hoher<br />
Intelligenz samt mathematischer Begabung, extremer Selbstsucht und Selbstbereicherung bei<br />
Abwesenheit von ausreichender Urteilskraft und von Verantwortungsbewusstsein. Man kann dieser<br />
Krankheit einen Namen geben: hemmungslose Habgier.“ 182 Habgier und Gier können als Synonyme<br />
verwendet werden, wobei Habgier nach dem rechtswissenschaftlichen Verständnis „(…) ein über die<br />
Gewinnsucht hinaus gesteigertes ethisch verwerfliches Gewinnstreben um jeden Preis“ darstellt. 183<br />
Der Mensch hat selbst hat ein natürliches Verlangen nach Geld. 184 Wenn es um Geld geht, so wird der<br />
Mensch automatisch von Gier getrieben. Geld an sich fördert nicht die Gier, sondern bremst sie<br />
vielmehr. 185 D<strong>as</strong> Vorhandensein von Geld mindert Gewalt und Streit. Vielmehr zivilisiert und beruhigt es,<br />
da es erlaubt, die Wünsche des Menschen befriedigen zu können. Doch an der Stelle, wo nicht genügend<br />
Geld vorhanden ist, entwickelt der Mensch automatisch eine Gier danach, um seine persönlichen<br />
Bedürfnisse befriedigen zu können. 186 <strong>Die</strong>ses natürliche Bestreben des Menschen zur Befriedigung seiner<br />
Bedürfnisse bringt automatisch eine gewisse Gier nach Geld mit sich. Denn der Mensch kann vom Geld,<br />
genauso wenig wie von Luxus, schönen Autos etc. nie genug bekommen. 187 So hat der griechische<br />
Schriftsteller Plutarch dies folgendermaßen charakterisiert: „Wer reich ist, macht sich dadurch nicht<br />
weniger aus dem Reichtum, wer überflüssiges besitzt, verliert keinesfalls d<strong>as</strong> Bedürfnis nach<br />
Überflüssigem. Von welchem Übel also befreit der Reichtum, wenn nicht einmal vom Hang – zum<br />
Reichtum? D<strong>as</strong> ist beim Trinken und Essen anders: Getränk löscht d<strong>as</strong> Begehren nach Getränk, Nahrung<br />
stillt d<strong>as</strong> Verlangen nach Nahrung. Den Drang nach Geld aber stillt weder Silber noch Gold und d<strong>as</strong><br />
Mehrhabenwollen hört mit dem Mehrerwerb nicht auf.“ 188 Der Mensch strebt damit nach Geld und damit<br />
nach Beruhigung und Zivilisation, die d<strong>as</strong> Vorhandensein von Geld mit sich bringt. Doch davon kann der<br />
Mensch nicht genug bekommen, denn „(…) wer d<strong>as</strong> Geld liebt, bekommt vom Geld nie genug.“ 189 <strong>Die</strong><br />
Menschen wissen alle, d<strong>as</strong>s „(…) die Jagd auf heiße Aktien und Investmentfonds eine sichere Methode ist<br />
sich die Finger zu verbrennen – aber trotzdem zieht es jedes Jahr wieder Millionen von Anlegern zum<br />
Feuer, obwohl viele von ihnen kaum ein oder zwei Jahre zuvor feierlich geschworen haben, sich nie<br />
wieder die Finger zu verbrennen. 190 <strong>Die</strong>s verdeutlicht die Gier der Anleger nach steigenden Kursen, nach<br />
steigenden Renditen und damit einhergehend nach dem Geld. Es sind jedoch nicht nur die Anleger, die<br />
182 Schmidt, H. (2009), o. S.<br />
183 Bundesgerichtshof, 1 StR 595/94 - Urteil vom 2. März 1995.<br />
184 Altmann, M (2006), S. 710 ff.<br />
185 Vgl. Schna<strong>as</strong>, D. (2010b), S. 73.<br />
186 Baker, H./Nofsinger, J. R. (2010), S. 3 ff.<br />
187 Vgl. Schna<strong>as</strong>, D. (2010b), S. 132.<br />
188 Altes Testament, Kapitel 5, Vers 9.<br />
189 Zweig, J. (2007), S. 3.<br />
190 Vgl. Roubini, N./Mihm, S. (2010), S. 50.; <strong>Die</strong>ckmann, N. (2010), S. 80.<br />
24<br />
Beitrag zum Postbank Finance Award 2011