Passion Genuss 03/2017 - passgen_3_2017_komplett_ohne_beschnitt.pdf
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FROM NOSE TO TAIL<br />
Aber die Nose-to-Tail-Idee ist in der Welt und verbreitet sich. Weil<br />
alles, was damit in Verbindung steht, schlüssig ist. Sie zeugt von<br />
ethischem Denken, sie bedient das große Thema Nachhaltigkeit<br />
und – ganz wichtig – das hohe Gut der Wirtschaftlichkeit. So<br />
beschrieb der US-amerikanische Journalist Bill Buford einmal, wie<br />
er nach seinen vielen Lehrjahren als Koch zum ersten Mal ein ganzes<br />
Schwein verarbeitete und es dabei auf rund 450 vollwertige<br />
Portionen brachte. Und auch aus kulinarischer Sicht gibt es nur<br />
wenige Gründe, sich nicht mit unpopulär gewordenen Fleischteilen<br />
zu beschäftigen.<br />
Und so ist der Nischentrend mittlerweile auch nach Deutschland<br />
übergeschwappt. Auch hier finden sich immer neue Restaurants,<br />
die wieder was wagen und Gerichte auf die Karte nehmen, die<br />
jahrzehntelang verschwunden waren. Allein schon das Thema<br />
Innereien: Die Leber ist zwar durchweg salontauglich – wenn auch<br />
nicht jedermanns Liebling. Aber nach „Lüngerln“ und „Sauren<br />
Nieren“ suchte man außerhalb des tiefsten Bayerns meist vergeblich.<br />
Innereien sind verwegen. Innereien essen ist ein Abenteuer.<br />
Innereien erfordern zudem Entschlossenheit, vom Koch wie vom<br />
Speisenden. Und wie bereichernd ist es, dass man, zumindest in<br />
Großstädten wie Berlin, wieder Restaurants findet, die ein „Ragout<br />
von Leber, Herz und Niere“ als eine Spezialität sehen oder eine<br />
„Milchlammniere im Fettmantel“ auf die Speisekarte setzen. Und<br />
es geht durchaus noch einen Schritt weiter: Es gibt sie, die Restaurants,<br />
die sich trauen, neue Kompositionen mit Teilen des Tieres<br />
zu schaffen, die bisher keine Beachtung fanden. Oder sich gleich<br />
ganz auf Nose to Tail bzw. „The whole Beast“ spezialisieren und<br />
ihren Gästen „Salat mit knusprigen Schweineohren“, „Gepökelte<br />
Lammzunge mit Sauce Bernaise aus Knochenmark“ oder „Frittierte,<br />
gefüllte Schweinefüße“ anbieten – auch wenn man diese<br />
Restaurants an einer Hand abzählen kann.<br />
PASSIONGENUSS 3.17<br />
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