stahlmarkt 04.2012 (April)
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28 K Branchenbericht<br />
Werkzeugmaschinenindustrie<br />
gut in Schwung<br />
Pluspunkt: Innovationsvorsprung<br />
Frankfurt (kv). Anders als der Maschinenbau insgesamt rechnet die<br />
deutsche Werkzeugmaschinenindustrie nach einem Rekordwachstum im<br />
vergangenen Jahr auch 2012 noch mit höherer Produktion.<br />
WW K Die Werkzeugmaschinenbauer haben<br />
den Absturz des Jahres 2009 fast verkraftet.<br />
2011 erwirtschaftete die Branche einen<br />
Produktionswert von 13,1 (9,9) Mrd. €. »Mit<br />
33 % ist das der höchste Zuwachs, der je<br />
erreicht wurde«, stellt Martin Kapp, Vorsitzender<br />
des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken<br />
(VDW), fest: »Unsere Branche<br />
hat sich nach der Krise kraftvoll zurückgemeldet<br />
und im vergangenen Jahr erfolgreiche<br />
Geschäfte gemacht.« Auch für 2012<br />
ist die mittelständische Investitionsgüterbranche<br />
zuversichtlich und rechnet mit<br />
einem Wachstum von 5 %. Damit ist sie<br />
optimistischer als der Maschinenbau insgesamt,<br />
der mit Stagnation rechnet (Seite 25).<br />
Die von Kapp angesprochene Krise be -<br />
scherte der mittelständischen Branche 2009<br />
einen Produktionsschwund von 28 % auf<br />
10,2 (14,2) Mrd. €. Dass die Maschinenbauer<br />
seit eh und je mit heftigen Konjunkturausschlägen<br />
leben müssen, zeigt die<br />
weitere Entwicklung. Auch 2010 schrumpfte<br />
die Produktion nochmals um 3 %, ehe<br />
dann der gewaltige Sprung nach vorn ge -<br />
lang. Kapp: »Gleichwohl besteht ein Wermutstropfen<br />
darin, dass die Branche noch<br />
immer gut 1 Mrd. € unter dem Produktionsrekord<br />
des Jahres 2008 liegt.«<br />
Allerdings war 2008 ein Ausnahmejahr<br />
mit einem Spitzenwert, der zuvor nicht an -<br />
nähernd erreicht wurde. Auch 2012 wäre er<br />
– falls die Prognose stimmt – mit 13,8<br />
Mrd. € immer noch ein Stück entfernt.<br />
Gutes Polster für das laufende Jahr<br />
Der Optimismus für 2012 stützt sich zum<br />
einen auf die hohen Auftragseingänge, die<br />
2011 um 45 % anzogen und mit 16,7<br />
Mrd. € einen Rekordwert bedeuteten, der<br />
deutlich über der Jahresproduktion liegt. So<br />
bilden die Auftragsbestände mit zuletzt 9,5<br />
Monaten nach Kapps Worten »ein gutes<br />
Polster für das laufende Jahr«. Die verfügbaren<br />
Daten ließen einen Abbruch der internationalen<br />
Investitionstätigkeit unter derzeit<br />
gegebenen Umständen nicht erwarten.<br />
Zugpferd sei nach wie vor Asien mit Thailand,<br />
China, Taiwan, Japan und Indien als<br />
Vorreiter. Zu berücksichtigen sei indessen,<br />
dass sich die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie<br />
»bei allen Kennzahlen auf hohem<br />
Niveau befindet«. Allein deshalb werde sich<br />
das Wachstum im laufenden Jahr beruhigen.<br />
Bei der Nachfrage sei 2012 nicht mehr<br />
mit Zuwächsen zu rechnen. Es gebe auch<br />
immer noch eine gewisse Verunsicherung<br />
durch gesamtwirtschaftliche Risiken wie<br />
Euroschuldenkrise oder Finanzmarktturbulenzen.<br />
»Deshalb warten insbesondere mittelständische<br />
Kunden ab, denn Ungewissheit<br />
ist Gift für jede Investitionsentscheidung«,<br />
erläuterte Kapp.<br />
Die deutschen Exporte stiegen 2011 um<br />
33 % auf 8,1 Mrd. €. Der mit Abstand wichtigste<br />
Markt ist und bleibt China. Er nahm<br />
mit über 2 Mrd. € fast zwei Fünftel mehr<br />
deutsche Maschinen ab und ist inzwischen<br />
mehr als dreimal so groß wie die Nummer<br />
zwei, die USA. Kapp: Ȇberraschend ist<br />
jedoch, dass Nordamerika mit einem Zu -<br />
wachs von 71 % punktete. Darin spiegeln<br />
sich die gestiegenen Ausrüstungsinvestitionen<br />
der US-amerikanischen Industrie wider.<br />
Vor allem die Automobilindustrie setzt auf<br />
Fertigungstechnik »Made in Germany«. Der<br />
Inlandsmarkt wuchs mit 38 % auf 6,8<br />
Mrd. € überproportional. Die Automobilindustrie,<br />
ihre Zulieferer und der Maschinenbau<br />
haben vom Weltmarktboom profitiert<br />
und ihre deutschen Produktionsstätten mit<br />
modernster Fertigungstechnik ausgestattet.<br />
Noch stärker internationalisieren<br />
Die größten Herausforderungen für die<br />
Branche in den kommenden Jahren seien<br />
unter anderem »der wachsende Druck zur<br />
Internationalisierung und der Ausbau des<br />
Innovationsvorsprungs«. Hier sieht Kapp die<br />
Maschinenbauer auf dem richtigen Weg.<br />
Mit einer Exportquote von fast 70 % hat die<br />
Werkzeugmaschinenindustrie ausländische<br />
Märkte bisher vorrangig von Deutschland<br />
aus bedient.<br />
Die wachstumsträchtigen Absatzmärkte<br />
verschöben sich jedoch mit hoher Geschwindigkeit<br />
in Richtung Asien. Habe die Branche<br />
zehn Jahre zuvor 61 % der Ausfuhren in<br />
Europa abgesetzt, ein Viertel in Amerika und<br />
nur 11 % in Asien, so hätten sich die Verhältnisse<br />
heute fast umgekehrt. 2011 gingen<br />
jeweils 42 % nach Europa und Asien<br />
und nur noch 15 % nach Amerika. »Damit<br />
sind die Deutschen in Asien erheblich besser<br />
aufgestellt als alle anderen europäischen<br />
Wettbewerber. Heute komme keiner der<br />
anderen Europäer auf einen Exportanteil<br />
nach Asien von über 30 %«, stellt Kapp klar.<br />
Dies gelte auch für die Lieferungen in die<br />
BRIC-Staaten.<br />
Die Aktivitäten in Asien zu verstärken und<br />
speziell den Aufbau der Produktion voranzutreiben<br />
sei ein Gebot der Stunde, um dort<br />
am Wachstum auch künftig angemessen zu<br />
partizipieren. Zum einen gehe es darum,<br />
diese Märkte breitenwirksam zu erschließen.<br />
Zum anderen weise staatlicher Dirigismus<br />
insbesondere in China darauf hin, dass dies<br />
in Zukunft der Export allein nicht mehr leisten<br />
könne. Kapp: »Technologie- und Innovationsvorsprung<br />
sind Pluspunkte, die die<br />
führende Weltmarktstellung der deutschen<br />
Werkzeugmaschinenindustrie begründen.<br />
Mit mehr als 4 % vom Umsatz im Jahr 2010<br />
lag die FuE-Quote höher als in den meisten<br />
Jahren des vergangenen Jahrzehnts.« Mit<br />
neuen Produkten hätten die Unternehmen<br />
nach der Krise durchstarten und anspruchsvolle<br />
Hightechmärkte wie die Automobilindustrie,<br />
den Flugzeugbau oder die Medizintechnik<br />
erfolgreich bedienen können.<br />
(sm 120403532) K<br />
<strong>stahlmarkt</strong> <strong>04.2012</strong>