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Heft 14 - Nationalpark Bayerischer Wald

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5.6 Synthese<br />

Die Auslöser der Gradationswelle seit 1993 sind<br />

bis heute umstritten. Einfacher war die Situation<br />

in den 80er Jahren, als 1983 und 1984 zwei Ge­<br />

witterstürme insgesamt 173ha <strong>Wald</strong>bestände zu<br />

Boden rissen. Damals wurde die Entscheidung ge­<br />

troffen, die Windwürfe in der Naturzone (etwa 83<br />

ha) nicht aufzuarbeiten. In den folgenden Jahren<br />

kam es zu einem geradezu klassischen Verlauf<br />

einer Käfergradation. Zunächst besiedelten die<br />

Buchdrucker die vom Wind geworfenen Stämme<br />

und brachten, nachdem die Populationsdichte<br />

angestiegen war, seit 1986 sogar lebende Fichten<br />

in der Umgebung von Windwurfflächen zum Ab­<br />

sterben. Bereits 1988 wurde der Höhepunkt des<br />

Borkenkäferbefalls überschritten und der Neube­<br />

fall ging bis 1991 kontinuierlich zurück. Damit<br />

gelang es der Buchdruckerpopulation aufgrund<br />

der ungünstigen thermischen Situation - trotz<br />

günstiger Startbedingungen durch zahlreiche<br />

Windwürfe und einem riesigen Habitatangebot -<br />

nicht, ihre Massenvermehrung fortzusetzen . Zu<br />

stark sind die Käfer als wechselwarme Organis­<br />

men in ihrem Verhalten und ihrer Entwicklung<br />

von physikalischen Umweltbedingungen abhän­<br />

gig. Bei ungünstiger Frühjahrs-Witterung können<br />

sie nicht oder erst verspätet schwärmen. Außer­<br />

dem verlängert sich ihr Entwicklungszyklus vom<br />

Ei bis zum ausgereiften Käfer bei niedrigen Tem­<br />

peraturen erheblich bzw. ist bei weniger als<br />

11,8 °C ga nz gestoppt. SCHOPF und KOEHLER (1995).<br />

die damals die Entwicklung mit einer Feldstudie<br />

begleiteten, konnten neben der Witterung keine<br />

anderen Ursachen für den Rückgang der Buch­<br />

druckerpopulation feststellen. Allerdings über­<br />

dauerten viele Befallsherde auf niedrigem Niveau.<br />

Auch wenn in den 90er Jahren - anders als in den<br />

80er Jahren - großflächige Windwürfe als Auslö­<br />

ser für die Befallsentwicklung fehlten, reichen die<br />

vorliegenden Informationen aus, die Entstehung<br />

der zweiten Gradationswelle zu erklären (NUESS­<br />

LEIN 1998). Zum einen waren selbst im Jahr 1991,<br />

als der Neubefall sein Minimum erreichte, immer<br />

noch mehr als 150 Befallsherde im Gebiet vorhan­<br />

den; zum anderen führten zahlreiche kleinere<br />

Windwürfe, die Trockenperiode 1992 sowie die<br />

"kräftezehrenden" Vollmasten 1992 und 1995 zu<br />

einem ausreichenden Angebot befallstauglicher<br />

Fichten.<br />

Die Hypothese, dass verstreuter, kleinflächiger<br />

Windwurf und Buchdruckerbefall zu einer Grada­<br />

tion führen können, wird auch durch die Ergeb­<br />

nisse einer Computersimulation unterstützt. Mit<br />

Hilfe eines Dispersionsmodelles konnte gezeigt<br />

werden, dass sich schon bei einem Anteil von<br />

weniger als 3 Ofo Prozent geschwächter Bäume die<br />

Wahrscheinlichkeit für den Ausbruch einer Mas­<br />

senvermehrung um ein Vielfaches erhöht (FAHSE<br />

und HEURICH in Vorbereitung).<br />

Diese Auslöser - zusammen mit den günstigen<br />

thermischen Bedingungen im warmen Sommer<br />

1992, im "Jahrhundertsommer" 1994 und den fol­<br />

genden Jahren - ermöglichten es den Käfern, sich<br />

das optimale Habitatangebot der Hochlagen zu<br />

erschließen, was vorher auf Grund der rauen Wit­<br />

terungsbedingungen nicht möglich war. Es kam<br />

zu einer "explosionsartigen" Vermehrung des<br />

Buchdruckers, die in ihrem Ausmaß viele Fach­<br />

leute überraschte. Solange sich die Buchdrucker<br />

Abb. 35<br />

"Schrotschussartiger"<br />

Borkenkäferbefall in den<br />

ausgedehnten Fichten ­<br />

wäldern nördlich des<br />

Farrenbergs.<br />

Im Hintergrund sieht man<br />

Kahlflächen, die im Zuge<br />

der Borkenkäferbekämpfung<br />

im <strong>Nationalpark</strong><br />

Sumava entstanden sind.<br />

39

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