Heft 14 - Nationalpark Bayerischer Wald
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Die Buchdruckermassenvermehrung<br />
im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong><br />
42<br />
Okanartige Stürme in den Jahren 1983 und 1984<br />
warfen im Rachel-Lusen-Gebiet unzählige Bäume<br />
auf einer Gesamtfläche von 173 ha zu Boden. Be<br />
troffen waren vor allem fichtenreiche Bestände auf<br />
Weich böden in den Tal- und Hanglagen des Grenz<br />
kammes, lediglich <strong>14</strong>,3 ha der Sturmwürfe ereigne<br />
ten sich in den Hochlagen. Entsprechend der Ziel<br />
setzung des <strong>Nationalpark</strong>s wurden die Sturmwürfe<br />
innerhalb der Naturzone - etwa die Hälfte der<br />
Windwurfgesamtfläche - nicht aufgearbeitet und<br />
der Borkenkäfer dort in der Folgezeit nicht be<br />
kämpft. Aufgrund des großen Brutraumangebotes<br />
kam es zu einem starken Anstieg der Käferpopula<br />
tion, der schließlich auch zum Befall gesunder<br />
Fichten führte. Nach einem Rückgang der Buch<br />
druckeraktivität Anfang der 90er Jahre stieg die<br />
Fläche der jährlich abgestorbenen Altfichten seit<br />
1992 zunächst langsam, danach sprunghaft an und<br />
blieb anschließend auf hohem Niveau.<br />
Um die Auswirkungen dieser Massenvermehrung<br />
zu dokumentieren, werden seit 1988 jährlich Be<br />
fliegungen durchgeführt. Anhand der erstellten<br />
Luftbilder lassen sich die vom Buchdrucker abgetö<br />
teten Altfichten genau kartieren. Die bisher letzte<br />
Befliegung fand im Herbst 2000 statt. Die Auswer<br />
tung zeigte, dass sich die Buchdruckermassen<br />
vermehrung unvermindert fortgesetzt hat. So stieg<br />
die Totholzfläche im Jahr 2000 um 605 ha an. Dies<br />
ist nach 1996 (827 ha) der zweithöchste Wert seit<br />
Beginn der Beobachtung. Damit hat sich die Fläche<br />
der abgestorbenen Fichtenbestände auf insgesamt<br />
3.712 ha - entsprechend 29 % des Rachel-Lusen<br />
Gebietes - erhöht. Am stärksten sind die Hochlagen<br />
betroffen, wo bis heute 85 % der <strong>Wald</strong>bestände<br />
abgestorben sind. Auch in den anderen Höhen<br />
stufen sind mittlerweile größere Totholzkomplexe<br />
entstanden, der Anteil abgestorbener Bestände ist<br />
hier jedoch weit geringer. Er beträgt in der oberen<br />
Hanglage 26 0 /0, in der unteren Hanglage 10 0 /0 und<br />
in den Tallagen 11 0/0.<br />
Zum Schutz angrenzender Wirtschaftswälder<br />
wird der Borkenkäfer im <strong>Nationalpark</strong> in einer<br />
mindestens 500 m breiten Randzone bekämpft.<br />
Im Falkenstein-Rachel-Gebiet wird darüber hi<br />
naus der Borkenkäfer mit Ausnahme der 1.160 ha<br />
großen Naturzone auf der ganzen Fläche be<br />
kämpft. Der höchste "Käferholzeinschlag" wurde<br />
1998 mit über 60.000 Efm erreicht, seitdem ging<br />
dieser stetig zurück. Ein weiteres Indiz für die Ef<br />
fektivität der Borkenkäferbekämpfung ist auch<br />
die Verteilung der durch die Käferbekämpfung<br />
entstandenen Kahlflächen im Randbereich. Wäh<br />
rend diese 1997 noch mehr oder weniger gleich<br />
mäßig verteilt waren, konzentrierte sich der Holz<br />
einschlag im Jahr 2000 auf die unmittelbare<br />
Nachbarschaft zur Naturzone. Mit zunehmender<br />
Entfernung zur Naturzone ging der Borkenkäfer<br />
befa II sta rk zu rück.<br />
Um die Bedeutung der Witterungsbedingungen<br />
für die Populationsdynamik des Buchdruckers zu<br />
untersuchen, wurden Klimakennwerte der letzten<br />
20Jahre von den Wetterstationen Arber (Hochla<br />
gel, <strong>Wald</strong>häuser (Hang lage) und Klingenbrunn<br />
Bahnhof (Tallage) analysiert. Es zeigte sich, dass<br />
der erste Tag mit einer Maximaltemperatur über<br />
20 oe (potenzieller Schwärmtag) sowie die Sum<br />
me dieser potenziellen Schwärmtage in den Mo<br />
naten April und Mai einen Erklärungsbeitrag für<br />
den Rückgang des Buchdruckerbefalls Anfang der<br />
90er Jahre leisten können. Noch deutlicher war<br />
der Zusammenhang zwischen dem Temperatur<br />
verlauf in der Vegetationsperiode und der Verän<br />
derungsrate der Totholzflächen gegenüber dem<br />
jeweiligen Vorjahr.<br />
Die für die Populationsdynamik von Insekten<br />
maßgeblichen Regulationsmechanismen Habi<br />
tatangebot, Antagonisten, endogene Faktoren,<br />
Konkurrenz und Witterungsverlauf wurden auf<br />
der Basis aktueller Forschungsergebnisse disku<br />
tiert. Es zeichnet sich ab, dass das Zusammenspiel<br />
zwischen Witterungsverlauf und Habitatangebot<br />
die wichtigste Steuergröße für die Populations<br />
entwicklung des Buchdruckers im <strong>Nationalpark</strong><br />
<strong>Bayerischer</strong> <strong>Wald</strong> ist.