Der Reitwagen Mai 1996 (PDF, 19.835 KB) - Motorradreporter

lung von BMW ist mir ein Greuel.
Der Kirtag Zeichnungen rund um und eine Mutmaßungen
Neuvorstel-
infizieren die Fachpresse wie papiersüchtige
Viren, Maniacs belagern den Handel
um Information während die PR-Abteilung
des Werkes den ganzen Zauber mit wohldosierten
Aussendungen richtig aufrührt.
Vielleicht bin ich auch überempfindlich,
weil pro Tag mindestens ein Anrufer nach
dem intergalaktischen BMW-Cruiser fragt
und entsprechend nostradamische Aus-
künfte mitnimmt. Den bisher schwersten
Bären schulterte dabei ein recht penetranter
Fragesteller, der für den durch unachtsame
Bedienung herbeigeführten Bandfresser
meiner Vivaldi-Kassette verantwortlich
zeichnet. Nach eingehender Belehrung
über Pflichten und Wissensstand des Journalisten
veranlaßte mich leises Rascheln im
LaufWerk statt Crescendo aus den Lautsprechern
zu wirksamer Gegenwehr:
Er (energisch) ".......informiert zu sein ist
doch letzlich die Aufgabe des Fachjournalisten."
Ich (nach vergeblichen Dementis): "Ja, also
Ja, natürlich sind wir informiert, aber, das
verstehen sie doch, wir müssen diese Informationen
noch zurückhalten, wegen Marketingstrategie
und solchen Sachen, sie ver-
stehen das doch."
Er (allerliebst): "Aber wem sagen sie das.
~ï¡¡
Natürlich kenfl' ich mich da aus. Sehr genau
sogar. Wir sind ja fast Kollegen. Sozusagen
Insider blablabla.. "
In etwa in diesem Moment stellten sich die
11 einhändigen Rettungsversuche des verknoteten
Magnetbandes als endgültig mißlun-
e gen heraus.
.Q ~~....muß natürlich vertraulich bleiben, aber
E
ich als langjähriger BMW-Fahrer und Ken-
0:
¡, ner gehe mit solchen Informationen abso-
o.. lut verantwortungsvoll um blablabla..."
i2 Die Knitterspuren bewogen mich zur radi-
BMW R 1100 RT
RW581
IN DER RUHE
ABGEKLARTER
ERFAHRUNG
ENTFALTEN SICH IHRE
QUALITATEN.
--
kaien Lösung. Ein Ruck ließ das Band
schmatzend reißen. Ich besitze für solche
Notfalle ein Klebeset, wußte allerdings zu
diesem Zeitpunkt noch nicht, mit welcher
Gier das LaufWerk über meinen melodiösen
Tonträger hergefallen war.
~~...können sich mir mit bestem Gewissen
anvertrauen blablabla."
Mein Gesicht wurde mit Jedem Dezimeter
Band, den ich dem LaufWerk entreißen
konnte, länger. Dieses Telefonat hatte min~
destens 40cm La T empesta di Mare der
;Jolisti Veneti verschlungen.
'!... sozusagen ein Erfahrungsaustausch unter
Kollegen blabla."
So sehr ich auch zupfte und nestelte, die
T empesta-Reste weigerten sich beharrlich,
das blockierte LaufWerk freizugeben.
Mein Gesprächspartner konnte meinen
Halsdurchmesser nicht erahnen, als ich ihn
in bedeutungsschwerem Tonfall in die
BMW Geheimnisse einwies:
"Die Sache ist deswegen so geheim, weil es
sich um eine absolute Sensation handelt."
Er: "Tatsächlich!?"
Ich: " Eine Reaktion auf den Sechszylinder-
Cruiser von Honda."
Er. "Nicht möglich?!"
Ich: " Ein hydraulisches Carbon-Chassis mit
dem Sechszylinder vom 320i und Getrrebeautomatik."
Er: "Ich hab' s geahnt, ich hab' s geahnt!"
Ich: "Man hat die Leistung auf 120 PS
zurückgenommen, zugunsten des
Drehmomentes, sie verstehen?"
Er: "¡:in Wahnsinn, der absolute Wahnsinn."
Ich: "Das Gewicht war anfangs ein Problem,
aber mit komplett neuer Materialtechnologie
hat man die Honda knapp unterboten."
Er schien mir beim Auflegen sehr zufrreden,
mir war's auch ein Plaisir.
Damit verlasse ich schon die ungeliebte
Der RE/TWAGEN 41