Stadtsparkasse Düsseldorf | Geschäftsbericht 2017
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JOURNAL <strong>2017</strong> · MITTELSTANDSPREIS<br />
19<br />
Prinzip Kundennutzen<br />
Eckpfeiler der Firmenphilosophie ist das<br />
radikale Do-it-yourself: Obwohl für ein Telefonieunternehmen<br />
recht klein, hat Sipgate für IP,<br />
Festnetztelefonie und Mobilfunk eigene Netze in<br />
Deutschland. »Wenn man kauft, was alle kaufen,<br />
kann man nur verkaufen, was alle anderen<br />
verkaufen«, sagt Tim Mois. »Wir wollen innovative<br />
Produkte anbieten und dabei unabhängig<br />
von externen Anbietern sein.« Abgesehen von<br />
den Produkten, spiegelt sich diese Selbstmachmentalität<br />
auch in der Organisation wider: Das<br />
Admin-Team macht, besser gesagt machte, auch<br />
den internen IT-Support: Inzwischen hat es so<br />
viel wegrationalisiert, dass kaum noch Support<br />
anfällt. »Ein externer Dienstleister hätte keinen<br />
Grund gehabt, sich selbst wegzurationalisieren.<br />
Interne Dienstleister, die lieber an spannenderen<br />
Projekten als ›Ich habe mein Password<br />
vergessen‹ arbeiten, schon«, lacht Mois.<br />
Ein weiteres Prinzip ist das »Pairing«. Es sitzen<br />
immer zwei Entwickler an einem Computer,<br />
einer programmiert, der andere schaut, ob das<br />
auch Sinn macht. »Das ist keine Zeitvergeudung,<br />
es macht uns als Organisation einfach<br />
schneller«, erklärt Mois. »So werden viele Fehler<br />
behoben, bevor sich der Kunde darüber ärgern<br />
muss.« Daneben vermeide die Doppelbesetzung<br />
Wissensinseln: »Sollte ein Mitarbeiter krank<br />
oder im Urlaub sein, können die Kollegen<br />
leichter ohne ihn weiterarbeiten. Es gibt immer<br />
zwei Leute, die sich mit einem Projekt, einer<br />
Codestelle auskennen«, ergänzt Thilo Salmon<br />
seinen Geschäftspartner.<br />
Bei Sipgate existieren keine Fachabteilungen.<br />
Alle Teams sind interdisziplinär, »cross-funktional«<br />
nennen sie es. Entwickler, Designer,<br />
manchmal auch Kundenbetreuer, Vertriebler<br />
und Marketing-Spezialisten sitzen in einem<br />
Raum und entwickeln gemeinsam Produkte.<br />
Kein Team arbeitet an mehr als einem Produkt.<br />
Ziel ist es, neue Funktionen sehr schnell auf den<br />
Weg zu bringen. Mois: »Das schaffen wir, indem<br />
wir Übergaben vermeiden. Übergaben führen<br />
zu Wartezeiten und Missverständnissen.«<br />
Verantwortung, Transparenz und Vertrauen –<br />
die Unternehmenskultur<br />
Betritt man das Bürogebäude in einer ehemaligen<br />
Druckerei an der Gladbacher Straße 74, sieht<br />
bei Sipgate vieles auf den ersten Blick nicht so<br />
technologisch kühl aus, wie man es bei einem<br />
Digitalunternehmen in direkter Nachbarschaft<br />
zum <strong>Düsseldorf</strong>er Medienhafen erwarten könnte.<br />
Eher kreativ, wuselig, konzentriert, kommunikativ<br />
mit unerwarteten Elementen wie einer<br />
Stechuhr. Und dann kleben tausende bunter<br />
Post-its an den Glaswänden. Zudem hat Sipgate<br />
eine Bibliothek voller analoger Bücher.<br />
Die offene Küche erinnert mehr an ein Szene-<br />
Restaurant denn an eine Softwareschmiede.<br />
Doch nichts ist so wie es scheint. Stichwort<br />
Arbeitszeiterfassung: Überstunden sind ein<br />
Tabu. Die Stechuhr sei dabei kein Zeichen mangelnden<br />
Vertrauens gegenüber den Mitarbeitern.<br />
»Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich<br />
bei der Vertrauensarbeit die Mitarbeiter selbst<br />
betrügen«, erklärt Salmon. »Sie arbeiten länger,<br />
geben aber nur 40 Wochenarbeitsstunden an.<br />
Die Leistung soll so aussehen. als hätten sie die<br />
innerhalb der zulässigen 40 Stunden geschafft.«<br />
Und sollte einmal bei der Einführung eines<br />
neuen Produktes von einem Team mehr als<br />
40 Stunden in der Woche gearbeitet werden,<br />
würde, so Salmon, diese Zeit zeitnah abgebaut.<br />
Zum Vertrauen zählt auch, dass es keine Etats<br />
für Weiterbildung gibt: »Wir müssen einfach<br />
schneller lernen als andere. Und das Gelernte<br />
schneller umsetzen. Daher kann jeder dorthin<br />
reisen, wohin er es für nötig hält. Er muss nur<br />
sein Team von dieser Notwendigkeit glaubhaft<br />
überzeugen können«, versichert Salmon.<br />
»Wir trauen einfach allen Beteiligten so viel<br />
zu, dass sie in einem moderierten Diskussionsprozess<br />
sinnvolle Lösungen erarbeiten.«<br />
Vieles, was in anderen Firmen Chefsache ist,<br />
erledigen bei Sipgate die Mitarbeiterteams. Ein<br />
Beispiel dafür ist die Einstellung neuer Kollegen.<br />
Die beiden Geschäftsführer legen nur fest, wie<br />
viele Mitarbeiter die Firma in Zukunft haben<br />
soll. Den konkreten Bedarf zu erkennen, ist eine<br />
Sache, die innerhalb der Teams diskutiert und<br />
entschieden werden muss.