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Touring Juni 2019

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Die Zentralschweizer<br />

streiten am längsten,<br />

die Zürcher am<br />

häufigsten und die<br />

Tessiner am teuersten<br />

Ein einig Volk von Streitern<br />

Wie streiten wir Schweizer? Wo leben die streitfreudigsten Menschen und gibt es einen<br />

Unterschied im Streitverhalten zwischen Frauen und Männern, Jungen und Alten?<br />

Der neue und schweizweit einzigartige TCS-Streitbarometer liefert jetzt Antworten.<br />

TEXT DOMINIC GRAF | ILLUSTRATION NICOLAS KRISTEN<br />

Streit ist nie schön. Aber manchmal<br />

muss man sich sein Recht erstreiten<br />

– oder, wenn man eine Rechtsschutzversicherung<br />

hat, Anwälte<br />

für sich streiten lassen. Zum 50-jährigen<br />

Bestehen der Assista Rechtsschutz<br />

AG hat der TCS rund 263 000 Policen<br />

im Verkehrsrechtsschutz und die daraus<br />

hervorgehenden Rechtsfälle aus dem<br />

Jahr 2018 genauer unter die Lupe genommen.<br />

Untersucht wurden die Fälle<br />

auf ihre Häufigkeit, ihre durchschnittliche<br />

Dauer sowie die Durchschnittskosten<br />

– jeweils unterteilt in die Kategorien<br />

Rechtsgebiet, Region, Altersgruppe, Geschlecht<br />

und Sprache. Die Erkenntnisse<br />

sind im ersten TCS-Streitbarometer zusammengefasst,<br />

aus dem hier die drei<br />

relevantesten Kernaussagen vorgestellt<br />

werden. Ring frei.<br />

Die grössten Streithähne<br />

In Zürich und in der Genferseeregion<br />

haben jährlich beinahe vier von hundert<br />

Personen einen Rechtsstreit infolge<br />

eines Vorfalls auf der Strasse oder im<br />

Zusammenhang mit ihrem Fahrzeug.<br />

Verglichen mit den anderen Regionen<br />

werden im Grossraum Zürich und Genf<br />

beinahe 50 Prozent mehr Rechtsstreitigkeiten<br />

rund um die Mobilität ausgefochten.<br />

Werden die Anteile bei den einzelnen<br />

Kategorien betrachtet, fällt auf,<br />

dass zum Beispiel die Zürcher 80 Prozent<br />

mehr Streitigkeiten im Bereich Verkehrsregelverletzungen<br />

führen als die<br />

Bewohner im Espace Mittelland oder<br />

im Tessin. Die grössten Streithähne der<br />

Schweiz leben in Genf und Zürich,<br />

lautet demnach eine erste Kernaussage.<br />

Doch weshalb ist das so? Um die Erkenntnisse<br />

aus dem Streitbarometer<br />

einordnen zu können, konfrontiert der<br />

«<strong>Touring</strong>» den Soziologen Ueli Mäder<br />

mit den Befunden. Zu den grössten<br />

Streithähnen sagt der emeritierte Professor:<br />

«In Zürich und Genf ist die Urbanität<br />

ausgeprägt. Sich für sein Recht<br />

einzusetzen, gehört zur Normalität.<br />

Wohl mithilfe von Anwälten – sie sind<br />

quasi in Greifnähe und besonders dicht<br />

vorhanden, wie auch das erforderliche<br />

Kleingeld.» Der Begriff Streithähne<br />

sei aber zu despektierlich. Denn einige<br />

Fälle liessen sich auch positiv deuten<br />

und zeugten von Konfliktfähigkeit und<br />

dem Bewusstsein für Gerechtigkeit,<br />

so der Alt-Dekan der Philosophisch-<br />

Historischen Fakultät der Uni Basel.<br />

Streitlust nimmt mit dem<br />

Alter ab<br />

Wird die Streithäufigkeit nach Altersgruppen<br />

betrachtet, ist festzustellen,<br />

dass diese mit zunehmendem Alter<br />

klar abnimmt. Mit fast vier Streitigkeiten<br />

auf hundert Personen sind die 18-<br />

bis 35-Jährigen beinahe doppelt so oft<br />

in einen Verkehrsrechtsstreit involviert<br />

wie die Altersgruppe von 66 und mehr<br />

Jahren. Je älter die Menschen, desto weniger<br />

streitlustig sind sie, lautet folglich<br />

eine weitere Kernaussage des TCS-<br />

Streitbarometers.<br />

Auch hierzu liefert Ueli Mäder eine<br />

mögliche Erklärung: «Jüngere wissen<br />

um ihre Rechte, die sie mit grösserem<br />

Selbstverständnis einfordern – administrativ<br />

und bürokratisch.» Zwar seien<br />

ältere Menschen grundsätzlich stärker<br />

mit dem moralischen Appell an Pflichtgefühle<br />

sozialisiert, jedoch könnte eine<br />

neue Lockerheit eine erhöhte Bereit-<br />

70 touring | <strong>Juni</strong> <strong>2019</strong>

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