Loccumer Pelikan 3/2019
Biografien entdecken – Vorbildern begegnen
Biografien entdecken – Vorbildern begegnen
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praktisch 23<br />
© Lothar Veit<br />
schen um sie herum alles einfällt. „Eine Glühbirne?<br />
Ach ja, damals vor Damaskus, da ist<br />
Paulus der auferstandene Christus erschienen<br />
und ihm ging ein Licht auf.“ Auch bei anderen<br />
Gegenständen fallen die Assoziationen leicht.<br />
Der Stein steht für die Steinigungen, die Paulus<br />
erlebt – und überlebt – hat, das Schwert<br />
für seine Todesart. Und das Holzkreuz für den<br />
zentralen Inhalt seiner Predigten: Jesus Christus,<br />
der Gekreuzigte und Auferstandene. Bei<br />
anderen Fundstücken, die aus dem Koffer ans<br />
Tageslicht kommen, fällt es schwerer, die Verbindung<br />
herzustellen: Die spanischen Oliven,<br />
sie könnten für den großen Traum des Paulus<br />
stehen, einmal nach Spanien zu reisen, oder für<br />
sein bekanntes Ölbaumgleichnis aus Römer 11<br />
– aber diese Kinderschuhe? Lebte Paulus nicht<br />
ehelos? Vielleicht sind sie ein Symbol dafür, dass<br />
das Christentum zu seiner Zeit noch in den Kinderschuhen<br />
steckte?<br />
Das gemeinsame Rätseln der Teilnehmer*innen,<br />
die mal verblüffend direkten und mal beneidenswert<br />
kreativen Gedankenblitze – all das<br />
ruft viel Gelächter hervor. Die Aufgabe der Dozentin<br />
ist es dabei nur, einzelne Aspekte zu ergänzen,<br />
nie jedoch zu korrigieren. Eine Assoziation<br />
kann zwar näher dran an oder weiter weg<br />
von Paulus sein, falsch ist sie aber in keinem Fall,<br />
sondern höchstens um besonders viele Ecken<br />
gedacht.<br />
Und am Ende der Beschäftigung mit dem<br />
Pauluskoffer steht eine Erkenntnis, die eine Teilnehmerin<br />
so in Worte fasst: „Das waren jetzt<br />
so viele Gegenstände – und ich weiß trotzdem<br />
noch von jedem einzelnen, was er mit Paulus<br />
zu tun hat. Das ist eine tolle Methode für den<br />
Unterricht.“ Einig ist sich die Gruppe übrigens<br />
darin, dass dieser Koffer in fast jeder Altersstufe<br />
einsetzbar ist – von der 3./4. Klasse an<br />
bis in die Oberstufe. Das Kribbeln der Neugier,<br />
welchen Gegenstand man wohl selbst erwischt,<br />
das gemeinsame Rätseln, all das macht<br />
Lust darauf, sich mit dem oft sperrigen Thema<br />
„Paulus“ intensiv zu beschäftigen. Der Apostel<br />
Paulus kommt einem auf diese Weise plötzlich<br />
näher – der große (heilige) Apostel wird ganz<br />
menschlich. Die Beschäftigung mit Leben und<br />
Wirken des Paulus hilft dabei, auch seine oft<br />
abstrakte Theologie besser zu verstehen. Wenn<br />
man weiß, unter welchen Bedingungen Paulus<br />
lebte und dachte, kann man leichter verstehen,<br />
was er dachte und warum.<br />
Übrigens: Auch bei der Frage, wie sich ein<br />
solcher Pauluskoffer im Unterricht einsetzen<br />
lässt, sind der Fantasie wenig Grenzen gesetzt:<br />
Wenn man weiß oder ahnt, dass in einer Klasse<br />
aufgrund des Spiralcurriculums schon Grundwissen<br />
über den Apostel Paulus vorhanden ist,<br />
dann bietet es sich an, mit diesem Koffer in eine<br />
erneute Beschäftigung mit Paulus einzusteigen.<br />
Möglich wäre aber auch, eine ganze Einheit zu<br />
Paulus mit dieser Stunde zu beschließen – und<br />
so auf spielerische Weise zu testen, was eigentlich<br />
in der Klasse so hängen geblieben ist. Denkbar<br />
ist auch die Variante, den Pauluskoffer nach<br />
und nach zu füllen, indem entweder zu Beginn<br />
jeder Stunde ein Symbol vorgestellt, im Laufe<br />
der Stunde bearbeitet und dann in den Koffer<br />
gelegt wird, oder aber indem die Schüler*innen<br />
in Kleingruppen zu einzelnen Gegenständen arbeiten<br />
und dann der Klasse ihre eigenen Ergebnisse<br />
vorstellen. Schließlich wäre es auch möglich,<br />
einen leeren Koffer zu präsentieren und<br />
zu fragen, was wohl Paulus auf seinen Reisen<br />
benötigt haben könnte und was also nun eingepackt<br />
werden müsse.<br />
<br />
EINE GENAUERE<br />
BESCHREIBUNG des<br />
Pauluskoffers sowie<br />
ausführliche theologische<br />
und historische<br />
Informationen zu den<br />
einzelnen Gegenständen<br />
sind im Downloadbereich<br />
auf der Website<br />
des RPI unter www.<br />
rpi-loccum.de/pelikan.<br />
zu finden.<br />
<br />
DR. MICHAELA VEIT-<br />
ENGELMANN ist am<br />
RPI Loccum Dozentin<br />
für den Bereich<br />
Berufsbildende Schulen<br />
und Beauftragte für<br />
Öffentlichkeitsarbeit.<br />
<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> | 3/ <strong>2019</strong>