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Loccumer Pelikan 3/2019

Biografien entdecken – Vorbildern begegnen

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informativ 43<br />

die Hoffnung auf eine bessere Zukunft – all das<br />

bewog und bewegt Menschen zu den unterschiedlichsten<br />

Zeiten, ihre Heimat zu verlassen<br />

und in der Ferne ihr Glück zu suchen.<br />

Geschichte erleben am<br />

authentischen Standort<br />

bereits an meinem Entschluss zweifeln lassen?<br />

Wäre ich am gigantischen Bahnhof „Grand Central<br />

Terminal“ voller Neugierde und Tatendrang<br />

aufgebrochen, um mir in den USA eine neue<br />

Existenz aufzubauen, oder hätte ich doch eher<br />

Angst gehabt vor all den bevorstehenden Veränderungen?<br />

Es gibt wohl kaum einen besseren Ort, ihre<br />

Geschichte zu erzählen, als Bremerhaven. Die<br />

Stadt an der Wesermündung ist geprägt von<br />

Migration: Zwischen 1830 und 1974 verließen<br />

von hier aus über sieben Millionen Auswanderer<br />

ihre Heimat. Das 2005 gegründete Deutsche<br />

Auswandererhaus beleuchtet ihre Geschichte<br />

anhand originalgetreuer Rekonstruktionen: An<br />

einer meterhohen Kaje des Jahres 1888 erleben<br />

Besucher den Abschied von Europa, auf drei<br />

verschiedenen Überfahrtsschiffen der 1850er-,<br />

1880er- und 1920er-Jahre erkunden sie die Lebensbedingungen<br />

an Bord, bei der Einwanderungsstation<br />

„Ellis Island“ können sie sich selbst<br />

einem Einwanderungstest aus dem Jahr 1907<br />

stellen, und im New Yorker Bahnhof „Grand<br />

Central Terminal“ aus dem Jahr 1921 erfahren<br />

sie, wie sich die Auswanderer ihren Weg in der<br />

Ferne bahnten. Doch damit nicht genug: Seit<br />

2012 lädt das Erlebnismuseum in einem zweiten<br />

Teil außerdem dazu ein, die Biografien von<br />

Einwanderern nach Deutschland zu entdecken.<br />

In einer rekonstruierten Ladenpassage<br />

der 1970er-Jahre entdecken Besucher zwischen<br />

Kaufhaus, Antiquariat und Frisör, wie Einwanderer<br />

Deutschland prägten und weiterhin prägen.<br />

Für sein innovatives Konzept wurde das<br />

Deutsche Auswandererhaus 2007 vom Europäischen<br />

Museumsforum (EMF) mit dem „European<br />

Museum of the Year Award“ als bestes<br />

Museum Europas ausgezeichnet. Seit der Eröffnung<br />

im Jahr 2005 haben über 2,5 Millionen<br />

Menschen das Museum besucht – damit ist es<br />

das meistbesuchte Museum im Bundesland Bremen<br />

und gehört zu den 3,4 Prozent der besucherstärksten<br />

Museen in Deutschland.<br />

„Im Kontakt mit unseren Besuchern merken<br />

wir immer wieder, dass die Ausstellung die<br />

wenigsten unbeteiligt lässt“, erzählt die Migrationsforscherin<br />

Simone Eick. Die originalgetreuen<br />

Rekonstruktionen laden dazu ein, sich<br />

selbst in die Rolle der Auswanderer hineinzuversetzen<br />

- und sich dabei einige persönliche Fragen<br />

zu stellen: Wie hätte ich den Abschied von<br />

der Heimat erlebt? Hätte ich mich das getraut,<br />

die gewohnte Umgebung, Familie und Freunde<br />

zurückzulassen? Hätten mich die schwierigen<br />

Lebensbedingungen an Bord mancher Schiffe<br />

Geschichten entdecken –<br />

Geschichte begreifen<br />

Vertieft wird diese persönliche Auseinandersetzung<br />

noch durch die Begegnung mit verschiedenen<br />

Aus- und Einwandererbiografien, die Besucher<br />

auf ihrem Rundgang durch das Museum<br />

begleiten. 18 Lebenswege von Auswanderern<br />

und 15 Lebenswege von Einwanderern werden<br />

derzeit in der Ausstellung gezeigt. Wessen Geschichte<br />

man selbst erlebt, das entscheidet sich<br />

bereits an der Kasse: Hier erhält jeder Besucher<br />

einen „Boarding Pass“ mit zwei Biografien sowie<br />

eine RFID-Karte, die Zugang zu Medienstationen<br />

mit Informationen zur Lebensgeschichte<br />

des „eigenen“ Aus- und Einwanderers liefert.<br />

Die Biografien der Auswanderer stammen aus<br />

der gesamten Zeitperiode der Bremerhavener<br />

Auswanderung von der Mitte des 19. bis zum<br />

Ende des 20. Jahrhunderts. Dabei unterscheiden<br />

sie sich stark hinsichtlich des Alters, sozialen<br />

Status und der Gründe für eine Migration: Die<br />

Geschichte des Schuhmachergesellen Karl Otto<br />

Schulz, der Anfang des 20. Jahrhunderts in den<br />

USA eine eigene Farm kaufte, wird ebenso er-<br />

Die Zeitreise an<br />

detailgetreu<br />

rekonstruierten<br />

Originalschauplätzen<br />

beginnt mit dem<br />

Abschied an der Kaje<br />

im Jahr 1888.<br />

© Kay Riechers /<br />

Deutsches<br />

Auswandererhaus<br />

<br />

INFORMATIONEN<br />

zum Auswandererhaus:<br />

www.dah-bremerhaven.de<br />

<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> | 3/ <strong>2019</strong>

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