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Loccumer Pelikan 3/2019

Biografien entdecken – Vorbildern begegnen

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informativ 67<br />

hen zu können, muss man sich – wie in anderen<br />

Fachunterrichten auch – praktisch in ihr<br />

auskennen und Innenansichten darstellen<br />

und mitteilen können. Für eine plu ra litätstaugliche<br />

Weiterentwicklung braucht es Zeit-<br />

Räume und Labore, in denen der Wechsel von<br />

unterschiedlichen, religiösen wie nicht-religiösen<br />

Perspektiven auf ein Thema experimentell<br />

eingeübt wird. Religionsunterricht ist daher als<br />

ein positionelles, dialoginteressiertes Kontaktund<br />

Kulturfach in Gegenüber und Kooperation<br />

mit anderen Fächern zu gestalten.<br />

Schule als Lern- wie Lebensort und ernsthafter<br />

Erprobungsraum für religiöse – ästhetische wie<br />

ethische – Kultur verträgt unterschiedliche Formen<br />

von Religionsfreundlichkeit und -sensibilität.<br />

Das geschieht als Konkretion in mehrerlei<br />

Weise: Für die religiöse Reflexionsfähigkeit ist<br />

ein offener Umgang mit unterschiedlichen Religionen,<br />

aber auch die inhaltliche Sprachfähigkeit<br />

zu einzelnen Religionen und Weltanschauungen<br />

wie Kritikfähigkeit an Religion gefragt.<br />

Umgang mit Fremdheit bedeutet das Einhalten<br />

des Überwältigungsverbotes. Dies erfordert didaktische<br />

Umsetzung – Lernen über Religion,<br />

aber auch Lernen von und mit Religion durch<br />

Formen distanzierter Teilnahme. Religionsbezogene<br />

Sprachfähigkeit an Schulen unter den<br />

Schüler*innen und die Kenntnisse von Innenperspektiven<br />

der je anderen Religion und Weltanschauung<br />

werden z. B. durch Teilnehmende<br />

Beobachtung gefördert. Gemeinsames Feiern<br />

in dieser Weise hilft über die Anerkennung von<br />

Verschiedenheit hinaus, Gemeinsames zu heben<br />

und zu begehen. Damit wird es möglich,<br />

andere Religionen unter Einhaltung nötiger Distanzen<br />

trotzdem als kulturelle Gestalt(en) von<br />

Religion kennenzulernen und anzuerkennen.<br />

Gemeinsame „inter“-fachliche, kooperative<br />

Strukturen und Projekte, in denen die unterschiedlichen<br />

Sichten wahrgenommen werden,<br />

stärken die Fähigkeiten und Fertigkeiten zum<br />

Perspektivenwechsel, ggf. auch ein Konfliktmanagement.<br />

Kontakte in die jeweiligen Kontextfelder<br />

verdeutlichen die unterschiedlichen<br />

Verwurzelungen.<br />

9.<br />

Schulische religiöse Bildung ist Rück-Bindung<br />

(religio). Sie schafft Orientierungswissen.<br />

Leben ist nicht neutral. Religion in der Schule<br />

hat daher nicht nur die Chance, sondern die<br />

Aufgabe, den Bindungen der Schüler*innen<br />

nachzudenken, ggf. Positionen zu verlassen und<br />

neue Bindungen zu ermöglichen. Damit werden<br />

ein religiös-kulturelles Orientierungswissen für<br />

den Umgang mit und das Finden von begründeten<br />

Standpunkten gefördert. Religionsunterricht<br />

unterstützt die Schüler*innen beim Erwerb<br />

eines religiös-kulturellen Orientierungswissens,<br />

hilft ihnen bei der handlungsorientierten Bearbeitung<br />

von ethischen Fragen und befähigt<br />

zur Entwicklung einer selbstverantwortlichen<br />

religiös-weltanschaulichen Daseinsvergewisserung<br />

und Identitätsbildung.<br />

Positionalität und Respekt erfordern von<br />

Lehrkräften eine erzieherische Haltung: Um der<br />

Kinder und Jugendlichen willen kennen sie ihre<br />

eigene Religiosität, können diese reflektierend<br />

vertreten und setzen sich selbst zu Positionen<br />

der eigenen und anderen Religionen wie Konfessionen<br />

ins Verhältnis. Die Ausbildung und<br />

Fortbildung von Religionslehrkräften ist nicht<br />

möglich ohne die Befähigung zum Umgang mit<br />

Vielfalt und die Ausprägung von Positionalität.<br />

Die Arbeit an religiösen und interreligiösen Dimensionen<br />

eines Schulprogramms stärkt das<br />

schulische Profil im Hinblick auf die Gewährung<br />

solchen religionssensiblen Orientierungswissens.<br />

10.<br />

Religiöse Bildung in Schule antwortet aus<br />

trans parenten religiösen Positionen heraus<br />

perspektivisch auf Herausforderungen der<br />

Welt und bietet so einen ernsthaften Erprobungsraum<br />

für religionssensible Identitätsund<br />

Gemeinschaftsbildung.<br />

Die Schule verträgt daher<br />

• kultursensible Religionsfreundlichkeit;<br />

• nicht nur Toleranz, sondern respektvolle<br />

Haltung;<br />

• Dialogfähigkeit durch Positionsfindung;<br />

• Mut zur Erprobung kooperativer religiöser<br />

Bildung.<br />

Die Schule braucht:<br />

• einen responsiven Umgang mit Religion;<br />

• religiöse Bildung in Gestalt von konfessionssensiblem<br />

Unterricht, Seelsorge und diakonischem<br />

Engagement;<br />

• reflektierte religiöse Praxis;<br />

• antwortkompetente Menschen – verantwortungsvolle<br />

Profis<br />

• wissenschaftlich und kirchlich begleitete Modelle<br />

der Erprobung, Reflexion und Weiterentwicklung<br />

kooperativer religiöser Bildung. ◆<br />

<br />

DR. SILKE<br />

LEONHARD<br />

ist Rektorin des<br />

RPI Loccum und<br />

Privatdozentin für<br />

Praktische Theologie<br />

mit Schwerpunkt<br />

Religionspädagogik<br />

an der Universität<br />

Frankfurt am Main.<br />

<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> | 3/ <strong>2019</strong>

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