Loccumer Pelikan 3/2019
Biografien entdecken – Vorbildern begegnen
Biografien entdecken – Vorbildern begegnen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
editorial 3<br />
Liebe Kolleg*innen!<br />
Vor 30 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen.<br />
In diesem Jahr verknüpfen sich die Erinnerung<br />
und Wertschätzung dieser historischen Zäsur<br />
mit der Wahrnehmung der dazugehörenden<br />
Biografien. Was Menschen erlebt, erlitten und<br />
getragen haben, begeht Bundespräsident Steinmeier<br />
in diesem Herbst unter dem Titel Geteilte<br />
Geschichte(n).<br />
Zugleich nähert sich in diesem Herbst zum zweiten<br />
Mal der landesweite Reformationsfeiertag.<br />
Die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen<br />
gibt ihm in diesem Jahr den Impuls<br />
Reformation neu feiern: Wahrheit mit. Hinter<br />
diesen zentralen Wert kann man in Zeiten<br />
des Umgangs mit unterschiedlichen Wahrheitsund<br />
Wirklichkeitsbegriffen nur ein dickes Ausrufezeichen<br />
setzen.<br />
Als religionspädagogische Bildungseinrichtung<br />
liegt uns sehr daran, für öffentliche religiöse<br />
wie allgemeine Menschenbildung einzutreten,<br />
welche die lebensförderliche Suche nach Wahrheit<br />
zwischen Geschichte und Zukunft wachhält.<br />
In diesen Kontexten spielt die Gestaltung<br />
von Lebenswegen und woran sich diese zwischen<br />
Wirklichkeit und Wahrheit orientieren,<br />
eine prägende Rolle. Biografie meint etymologisch<br />
die (Auf-)Zeichnung des Lebens. In der<br />
aktuellen <strong>Pelikan</strong>-Ausgabe Biografien entdecken<br />
– Vorbildern begegnen geht es daher<br />
nicht vorrangig um das schlichte Aufzeigen von<br />
Lebenswegen, -haltungen und -gestaltungen;<br />
es kommt uns im Interesse der Orientierung<br />
besonders auf das Verhältnis zu Vorbildern<br />
an. In welcher Weise spielen Menschen, Religion,<br />
Kultur eine Rolle als Vorbilder? Welche<br />
offensichtlichen und welche verborgenen Szenen<br />
können prägend sein? Kritisch gefragt: Wo<br />
greift das Bilderverbot, und wie werden Vorbilder<br />
zu Vor-Bildern?<br />
Wie Biografie als Lebensgeschichte mit Gott<br />
lesbar wird und in welchem Verhältnis dazu<br />
Vorbilder in affirmativer und in kritischer Weise<br />
stehen, legt die Praktische Theologin Ingrid<br />
Schoberth auf der Grundlage von Dietrich<br />
Ritschls Story-Konzept dar. Anhand ausgewählter<br />
Beispiele wird auch der religionsdidaktische<br />
Umgang damit profiliert. Die medialen Vorbilder<br />
beleuchten der Religionspädagoge Manfred<br />
L. Pirner und die Soziologin Nastja Häusler,<br />
indem sie den Einfluss von Influencern und deren<br />
propagierten Lebenshaltungen unter die Lupe<br />
nehmen. Inwiefern gehen Jugendliche auf<br />
Vorbilder ein? Welche Gesichtspunkte zur Beantwortung<br />
dieser Frage helfen, wird aus dem<br />
Blickwinkel evangelischer Jugendbildung von<br />
Wilfried Drews gezeichnet. Was Vorbilder sind<br />
und wie sie wirken, sieht auch aus der Perspektive<br />
verschiedener Religionen und Weltanschauungen<br />
unterschiedlich aus – daher haben wir<br />
nachgefragt. Etliche Praxisanregungen, Medien<br />
und Materialien warten auf die Sichtung und<br />
Erprobung, was dem Arbeiten mit den eigenen<br />
Zielgruppen zum Modell werden kann – in<br />
Unterricht, Jugendarbeit, der Gestaltung schulischer<br />
Feiern, gerade an biografischen Schaltstellen<br />
für Übergänge. Da die grundlegende kritische<br />
Frage nach der Verortung von Religion in<br />
der Schule schärfer gestellt wird, stelle ich Ihnen<br />
meine Linie zur Argumentation für die eigene<br />
Modellierung zur Verfügung.<br />
Noch etwas: Vergessen Sie auf Ihrem Weg<br />
durch den Herbst bitte nicht das Erntedankfest.<br />
Ohne Lebensnahrung kein Leben mit Perspektive.<br />
Alles Gute!<br />
Ihre<br />
PD Dr. Silke Leonhard<br />
Rektorin<br />
<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> | 3/ <strong>2019</strong>