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14 ** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 297 · 2 1./22. Dezember 2019<br />
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Berlin<br />
Reinhard Mey, hier mit Tochter Victoria, fühlt sich Zander verbunden. CHRISTIAN SCHULZ (3) Zander begrüßte seine Gäste höchstpersönlich. Renate Künast servierte Gänsekeulen.<br />
Große Koalition der Helfer<br />
FRANK ZANDER<br />
wäreder Erste,der auf diesen Abend<br />
alle Jahre wieder sehr gut verzichten<br />
könnte. Seine weihnachtliche Massenbeköstigung<br />
von 3000 Obdachlosen<br />
im Estrel Hotel wird allerdings<br />
weiter benötigt. Ihr 25. Jubiläum am<br />
Freitagabend war also eigentlich<br />
kein Grund zur Freude. Der Sänger<br />
stand auch diesmal wieder am Eingang<br />
und begrüßte seine Gäste persönlich.<br />
Das sind herzzerreißende<br />
Szenen. Zander wird umarmt, die<br />
Dankbarkeit und Liebe, die ihm für<br />
seine Arbeit entgegengebracht wird,<br />
rührt ihn. „Ich sage meinen reichen<br />
Freunden immer: ;Kommt mal hierher,<br />
umzusehen, wie gut es euch<br />
geht.’ Das ist die anstrengendste Arbeit,<br />
alle zu begrüßen. Auch heute<br />
hat es mich wieder fast zerfetzt.“ Der<br />
Abend wird für viele seiner Gäste<br />
auch deshalb zu einem Höhepunkt<br />
des Jahres, weil Künstler ein Programm<br />
gestalten und so für einige<br />
Stunden Ablenkung vonden Problemen<br />
des Alltags sorgen. In diesem<br />
Jahr sind Jeanette Biedermann und<br />
Ulli und die Grauen Zellen dabei.<br />
REINHARD MEY<br />
fühlt sich Frank Zander seit vielen<br />
Jahren freundschaftlich verbunden.<br />
„Ich war vor 20Jahren schon hier<br />
und habe immer gesagt, da muss ich<br />
mal wieder hin.“ Das hat allerdings<br />
wegen eines Prinzips der Familie<br />
Mey nicht geklappt: „Bei uns sind<br />
Geburtstage heilig, da sind wir immer<br />
zu Hause.Meine Frau hat am 19.<br />
Dezember,ich habe am 21. Geburtstag.<br />
Dieses Jahr liegt der Termin von<br />
von Andreas Kurtz<br />
ak@andreaskurtz.net<br />
Frank Zander spendiert<br />
3000 obdachlosen Menschen<br />
Gänsekeulen und ein<br />
wenig Ablenkung<br />
von ihrem Alltag<br />
Franks Feier genau dazwischen, es<br />
hat also endlich mal geklappt.“ Der<br />
Applaus bei seinem Hit „Über den<br />
Wolken“ fühlte sich für ihn richtig<br />
gut an: „Ich habe seit zwei Jahren auf<br />
keiner Bühne mehr gestanden. Deshalb<br />
ist das aufregend für mich.“<br />
RENATE KÜNAST<br />
erinnert sich an frühere Jahre: „Anfangs<br />
musste man hier als Hilfskellner<br />
richtig viel laufen. Inzwischen<br />
gibt es so viele, dass man schnell<br />
durch ist. Und dann beginnen die<br />
Gespräche mit den Gästen. Hier<br />
kann man sich richtig gut unterhalten.“<br />
Angefangen hat es mit Frank<br />
Zanders Weihnachtsfeier ganz klein.<br />
1995 bewirtete er 250 Obdachlose im<br />
Schloss Diedersdorf. Unter denen,<br />
die diesmal die Gänsekeulen servierten,<br />
waren Moderatorin Carmen Nebel,<br />
Schauspieler Sven Martinek,<br />
Sängerin Angelika Mann und Handball-TorwartSilvio<br />
Heinevetter.Auch<br />
Politiker wie Bundesfamilienministerin<br />
Franziska Giffey, Berlins Regierender<br />
Bürgermeister Michael Müller,Brandenburgs<br />
Ministerpräsident<br />
Dietmar Woidke, Gregor Gysi, Burkard<br />
Dregger und Sebastian Czaja<br />
servierten. Angesichts der richtig<br />
großen Koalition von SPD, Linken,<br />
Grünen, FDP und CDU freute sich<br />
Frank Zander: „Hier geben alle ihr<br />
Parteibuch ab und helfen einfach.“<br />
Angela Merkel dankte in einer Grußbotschaft<br />
den Organisatoren, Helfern<br />
und Sponsoren. Und bekam<br />
freundlichen Applaus.Was der Kanzlerin<br />
ja nicht immer und überall passiert.<br />
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Der Verkaufserlös (abzgl. Produktions-/Versandkosten und Steuern) wirdüber die internationale<br />
Naturschutzorganisation weForest in ein Aufforstungsprogramm in Sambia investiert.<br />
Charité stellt Pfleger ein<br />
Aufnahmestopp in der Kinderkrebsklinik soll enden<br />
VonJens Blankennagel<br />
Auch die Charité hat Probleme, ausreichend Personal zu finden.<br />
Der Aufnahmestopp wegen des<br />
andauernden Personalmangels<br />
am Kinderkrebszentrum der Charité<br />
soll in der kommenden Woche enden.<br />
Eine Sprecherin der Charité<br />
sagte der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> am Freitag:<br />
„Wir sind in der Weihnachtswoche<br />
wieder in der Lage, Kinder aufzunehmen,<br />
können bei der derzeit<br />
schwierigen Situation jedoch nicht<br />
ausschließen, dass es bei Personalausfall<br />
noch zu schichtbezogenen<br />
Bettensperrungen kommen kann.“<br />
DerAufnahmestopp für Neupatienten<br />
war vorige Wochebekannt geworden.<br />
Charité-Vorstand Ulrich<br />
Freisagte dem Sender RBB,dass dort<br />
10 von 50Mitarbeitern fehlten. Die<br />
Abteilung war nur noch in der Lage,<br />
alle laufenden Behandlungen und<br />
Chemotherapien zu sichern. Doch<br />
für weitere Patienten gebe es keine<br />
Ressourcen. Neu erkrankte Kinder<br />
und Jugendliche würden an andere<br />
Einrichtungen verwiesen –nach Berlin-Buch,<br />
Cottbus und Hannover.<br />
„Die Kinderonkologie ist ein<br />
hochspezialisierter Bereich, und<br />
Pflegende mit entsprechender Expertise<br />
sind bundesweit schwer verfügbar“,<br />
sagte die Sprecherin. Um<br />
diesem Fachkräftemangel zu begegnen<br />
und eine Entlastung für das Pflegepersonal<br />
zu schaffen, wurden Servicemitarbeiter<br />
und Stationssekretärinnen<br />
sowie Pharmazeutisch-Technische<br />
Assistenten eingestellt sowie<br />
eine Patientenmanagerin für die Beratung<br />
der Eltern. „Die medizinische<br />
Behandlung von Kindern und Jugendlichen<br />
auf universitärem Niveau<br />
hat für die Charité höchste<br />
Priorität“, sagte die Sprecherin. Die<br />
Klinik habe den Aufnahmestopp verfügt,<br />
weil die offenen Stellen in der<br />
Pflege nur langsam nachbesetzt werden<br />
konnten. Außerdem sollte die<br />
Versorgungssicherheit garantiert<br />
werden für die Kinder, die bereits in<br />
Behandlung waren.<br />
Wieder RBB am Freitag unter Berufung<br />
auf Frei berichtete, haben in<br />
den vergangenen anderthalb Jahren<br />
zwölf Pflegekräfte das Team verlassen.<br />
Erstmals äußerten sich Krankenschwestern<br />
über die Gründe für<br />
die Kündigungswelle, bei der die<br />
Kinder-Onkologie etwa ein Fünftel<br />
ihres Pflegepersonals verloren hat.<br />
Demnach muss jeder Pfleger seit<br />
2016 bis zu fünf Kinder versorgen,<br />
statt wie vorgesehen zwei bis drei.<br />
DieArbeitsbelastung und das Risiko,<br />
Patienten zu gefährden, sind aus<br />
Sicht der Schwestern nicht mehr<br />
tragbar. Der Pflegeleitung werfen sie<br />
vor, auf ihre Beschwerden nicht eingegangen<br />
zu sein.<br />
Frei spricht auch von großen<br />
Spannungen zwischen Pflegekräften<br />
und Ärzten sowie zwischen Pflege<br />
und Pflegeleitung. Um die Stimmung<br />
zu verbessern, solle ein Coach<br />
eingesetzt werden.<br />
Nach Angabender Charité dauert<br />
die Behandlung drei bis zwölf Monate.Jährlich<br />
werden bis zu 150 neue<br />
Kinder und Jugendliche behandelt.<br />
IMAGO IMAGES/REIMANN<br />
Geld<br />
vom<br />
Bordellchef<br />
Seyran Ates soll Kredit über<br />
45 000 Euro erhalten haben<br />
Seyran Ates tritt seit Jahren als<br />
Kämpferin wider die Prostitution<br />
auf. Nunaber kommt heraus: DieAnwältin<br />
und Frauenrechtlerin unterhält<br />
eine private Geschäftsbeziehung<br />
zu einem Bordellbetreiber.Wie zuerst<br />
die Süddeutsche <strong>Zeitung</strong> berichtete,<br />
hat Ates vomChef des <strong>Berliner</strong> Clubs<br />
Artemis einen Privatkredit erhalten.<br />
In einer Pressemitteilung erklärte<br />
die 56-Jährige<br />
am Freitag, sie<br />
habe finanzielle<br />
Unterstützung<br />
benötigt – diese<br />
habe sie von einem<br />
Unternehmer<br />
erhalten,<br />
dessen Wirken<br />
„als einer der Seyran<br />
größten Steuerzahler<br />
im Bezirk<br />
Ates<br />
Berlin-Charlottenburg“ transparent<br />
sei. Auch die Kredithöhe von „ungefähr“<br />
45 000 Euro bestätigte sie.<br />
Die Darlehensvereinbarung sei<br />
jedoch angemessen verzinst. Sie<br />
nehme„keinerlei wie auch immer gearteten<br />
unzulässigen Vorteile in Anspruch“.<br />
Die SZhatte berichtet, die<br />
Konditionen des Kredits seien extrem<br />
günstig. Wenn sie den Betrag in monatlichen<br />
Raten von 5000 Euro<br />
pünktlich zurückzahlen könne, würden<br />
ihr die Zinsen erlassen.<br />
Seyran Ates schreibt zurzeit an einem<br />
Buch über Prostitution. Dafür<br />
hat sie mehrfach in dem Bordell recherchiert<br />
und mit Frauen gesprochen.<br />
In der jüngeren Vergangenheit<br />
hatte sie sich die vielfach ausgezeichnete<br />
Menschenrechtlerin überraschend<br />
positiv über das Artemis geäußert.<br />
„Wenn Frauen sich schon<br />
prostituieren, dann unter Bedingungen,<br />
wie dieses Haus siebietet“, sagte<br />
sie letztes Jahr der Frankfurter Allgemeinen<br />
Sonntagszeitung.<br />
Das Artemis ist immer wieder im<br />
Visier der Ermittler: Zuletzt wurde<br />
wegen Menschenhandels und Steuerbetrugs<br />
ermittelt. Zu einem Verfahrenkam<br />
es jedoch bisher nicht. (BLZ)<br />
IMAGO