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6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 297 · 2 1./22. Dezember 2019<br />
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Politik<br />
Ukraine und Russland legen Gasstreit bei<br />
Unter Vermittlung der Bundesregierung und der Europäischen Union wird ein Konflikt um Transitgebühren abgewendet<br />
VonMarina Kormbaki<br />
und Andreas Niesmann<br />
Bei ihren Gesprächen in<br />
Berlin haben Russland<br />
und die Ukraine eine<br />
Grundsatzeinigung über<br />
einen neuen Gastransit-Vertrag erzielt.<br />
Das sagte EU-Kommissionsvizepräsident<br />
MarošŠefcovic am Donnerstagabend<br />
nach langen Verhandlungen<br />
der beiden Länder unter Vermittlung<br />
der EU und Deutschlands.<br />
Es seien noch Details offen, die in<br />
den nächsten Tagen verhandelt werden<br />
sollen. Dann solle der Vertrag<br />
auch unterzeichnet werden.<br />
Nach dpa-Informationen sieht<br />
die Grundsatzeinigung eine Vereinbarung<br />
über die künftige Vertragslaufzeit<br />
vorsowie über die Menge für<br />
den Gastransit durch die Ukraine.<br />
Mitder Grundsatzeinigung scheinen<br />
mitten imWinter mögliche Engpässe<br />
bei der Energieversorgung vonmehreren<br />
europäischen Ländern abgewendet<br />
worden zu sein.<br />
Die Zeit drängte, weil die aktuellen<br />
Verträge Ende des Jahres auslaufen<br />
und damit ein neuer Gaskrieg<br />
wie 2009 drohte.Damals waren viele<br />
Wohnungen in Osteuropa kalt geblieben,<br />
weil Kiew und Moskau über<br />
die Preise für Gaslieferungen an die<br />
Ukraine und für den Transit gestritten<br />
hatten.<br />
Der russische Energieminister<br />
Alexander Nowak und der ukrainische<br />
Energieminister Alexej Orschel<br />
dankten Šefcovic sowie der deutschen<br />
Bundesregierung für die Vermittlung.<br />
Bundeswirtschaftsminister<br />
Peter Altmaier (CDU) sprach von<br />
einem wichtigen Schritt.<br />
Derrussische Präsident Wladimir<br />
Putin hatte bereits am Donnerstag in<br />
Moskau gesagt, dass die Verhandlungen<br />
auf einem guten Wegseien.<br />
Russland hatte demnach der<br />
Ukraine günstige Preise für die Gaslieferungen<br />
angeboten. Die finanzschwache<br />
Ukraine ist zudem auf die<br />
Transitgebühren für die Durchleitung<br />
des Gases nach Deutschland<br />
angewiesen. Laut Reuters bot die<br />
russische Seite Zahlungen in Höhe<br />
von drei Milliarden US-Dollar an.<br />
Die Ukraine habe im Gegenzug signalisiert,<br />
von ihrer Forderung nach<br />
zwölf Milliarden Dollar abzurücken.<br />
Die Lieferungen von Gazprom haben<br />
einen Anteil vonrund 36 Prozent<br />
am EU-Gasmarkt.<br />
Die EU-Kommission vermittelte<br />
bei den Verhandlungen, weil die<br />
Ukraine sich von Russlands Marktmacht<br />
unter Druck gesetzt fühlt und<br />
die Preise für politisch gesteuerthält.<br />
Die Ukraine befürchtete außerdem,<br />
dass sie künftig ihre Position als<br />
wichtigstes Transitland für russisches<br />
Gas und damit Milliardeneinnahmen<br />
aus den Durchleitungsgebühren<br />
verlieren könnte.<br />
Diese Ängste gibt es deshalb,weil<br />
Russland neben der Ostseepipeline<br />
Nord Stream 1trotz drohender US-<br />
Sanktionen auch bald die Leitung<br />
200 km<br />
Greifswald<br />
Russische Gaspipelines nach Europa<br />
DEUTSCHLAND<br />
TSCHECHIEN<br />
KROATIEN<br />
SCHWEDEN<br />
Nord-Stream 1<br />
in Betrieb seit 2011<br />
Nord Stream 2<br />
imBau<br />
Ostsee<br />
POLEN<br />
SLOWAKEI<br />
UNGARN<br />
SERBIEN<br />
ESTLAND<br />
LETTLAND<br />
LITAUEN<br />
RUMÄNIEN<br />
FINNLAND<br />
Ust-Luga<br />
WEISS-<br />
RUSSLAND<br />
MOLDAWIEN<br />
Kiew<br />
UKRAINE<br />
RUSSLAND<br />
Schwarzes<br />
Meer<br />
Moskau<br />
Krim<br />
BLZ/GALANTY; QUELLE: GAZPROM, AFP, DPA<br />
Nord Stream 2fertigstellen will. Allerdings<br />
beteuerte Putin zuletzt immer<br />
wieder, dass wegen des großen<br />
Energiebedarfs in Europa der Transit<br />
durch die Ukraine weiterhin nötig<br />
sei. Russland verlangt aber auch,<br />
dass die maroden Leitungen dortsaniertwerden.<br />
Eine endgültige Einigung zwischen<br />
Kiew und Moskau wäre ein<br />
wichtiger Baustein für eine künftige<br />
Lösung des Ukraine-Konflikts. Die<br />
Ukraine wirft Russland vor, Separatisten<br />
im Osten des Landes zu unterstützen.<br />
Dort herrscht seit mehr als<br />
fünf Jahren Krieg. Bei den Kämpfen<br />
zwischen ukrainischen Regierungstruppen<br />
und prorussischen Separatisten<br />
starben nach UN-Angaben<br />
bisher etwa 13 000 Menschen.<br />
Der Russland-Beauftragte der<br />
Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD),<br />
begrüßte den Kompromiss im Gasstreit<br />
und äußerte die Hoffnung, nun<br />
auch an anderer Stelle im Ukraine-<br />
Konflikt Fortschritte erzielen zu können.<br />
„Es ist gut, dass man eine Einigung<br />
beim Gastransit gefunden hat.<br />
Die Bundesregierung hat hieran in<br />
den letzten Wochen und Monaten<br />
intensiv mitgearbeitet. Jetzt gilt es<br />
dieses Momentum zu nutzen, um<br />
auch in anderen noch schwierigen<br />
Punkten zwischen Russland und der<br />
Ukraine voranzukommen und insbesonderedem<br />
Minsk-Prozess zu einer<br />
nachhaltigen und belastbaren<br />
Umsetzung zu verhelfen“, sagte<br />
Wiese der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland). „Hieran<br />
arbeiten wir mit Nachdruck.“<br />
Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen<br />
Trittin bewertete die Einigung<br />
als Rückschlag für US-Präsident Donald<br />
Trump. „Das ist eine schlechte<br />
Nachricht für Donald Trump. US-<br />
Frackinggas mit einem CO 2 -Abdruck<br />
wie Kohle dürfte auch weiterhin nur<br />
schwer zu vermarkten sein –allen<br />
Störmanövern zum Trotz“, sagte<br />
Trittin. Er rief die Bundesregierung<br />
zu mehr Härte gegenüber Washington<br />
auf: „Die Bundesregierung muss<br />
jetzt die Subventionen für neue Flüssiggasterminals<br />
stoppen. Hierfür<br />
gibt es bei europaweit leer stehenden<br />
Kapazitäten keinen Grund –<br />
nach der jüngsten Erpressung durch<br />
die USA erst recht“, sagte Trittin.<br />
USA setzen Sanktionen in Kraft<br />
Die russisch-ukrainische Einigung<br />
zeige, dass „zähes Verhandeln“ der<br />
Ukraine mehr helfe „als die Erpressungspolitik<br />
der USA gegenüber europäischen<br />
Unternehmen“.<br />
Die USA verstärken unterdessen<br />
den Druck auf Firmen, um den Bau<br />
von Nord Stream 2zuverhindern.<br />
DasWeiße Haus teilte mit, US-Präsident<br />
Donald Trump werde das<br />
Sanktionsgesetz am Freitagabend<br />
unterzeichnen. Die Strafmaßnahmen<br />
zielen auf Betreiberfirmen wie<br />
die Schweizer Firma Allseas ab, deren<br />
hoch spezialisierte Schiffe die<br />
Rohre für die Pipeline durch die<br />
Ostsee verlegen. (mit dpa)<br />
Vertuschungsvorwürfe in<br />
Berateraffäre<br />
Daten auf Handy von Ursula von der Leyen gelöscht<br />
„Und werpflegt diePfleger?“<br />
„Sterben undZeitdruck,<br />
daspasst nichtzusammen.“<br />
Wir brauchen mehr Pflege-Kraft.<br />
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für die Pflege zu gewinnen.<br />
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Kraft wollen wir ihreArbeitsbedingungen weiter verbessern. Deshalb wirdab2020 der<br />
ständige Austausch mit der Praxis zum Prinzip. Es gibt noch viel zu tun. Wir machen weiter.<br />
„Ist doch egal,aus welchem<br />
Land ichkomme.“<br />
„Wir brauchen mehr Wertschätzung.<br />
UndmehrBefugnisse.“<br />
Deutschland braucht<br />
mehr<br />
Pflege-<br />
Kraft<br />
www.mehr-pflege-kraft.de<br />
Die Daten auf einem Mobiltelefon<br />
der früheren Bundesverteidigungsministerin<br />
Ursula von der<br />
Leyen (CDU) sind gelöscht worden –<br />
und stehen deshalb dem Untersuchungsausschuss<br />
des Bundestags<br />
zur Berateraffäre womöglich nicht<br />
mehr zur Verfügung. DieOpposition<br />
richtete deshalb am Freitag schwere<br />
Vorwürfe gegen das Ministerium:<br />
Dieses versuche offenbar,durch Vernichtung<br />
von Daten die Aufklärung<br />
zu erschweren.<br />
Das Ministerium wies die Vorwürfe<br />
zurück und rechtfertigte sein<br />
Vorgehen mit Sicherheitserfordernissen.<br />
DieLöschung ist deshalb brisant,<br />
weil der Untersuchungsausschuss<br />
Daten des Handys als Beweismittel<br />
angeforderthatte.Der Grünen-Politiker<br />
Tobias Lindner sprach voneinem<br />
„handfesten Skandal“. Es müsse davon<br />
ausgegangen werden,„dass hier<br />
Amtsträger Beweismittel vernichtet<br />
haben“, sagte er den Funke-<strong>Zeitung</strong>en.<br />
„Ein solches Verhalten kann<br />
strafrechtliche Relevanz haben.“ Das<br />
Ministerium müsse versuchen, die<br />
Datenwiederherzustellen.<br />
Ministerium verteidigt sich<br />
Das Bundesverteidigungsministerium<br />
berief sich auf Sicherheitsgründe.<br />
Die Löschung sei nötig geworden,<br />
weil die Handy-Nummer der<br />
damaligen Ministerin von der Leyen<br />
im Sommer auf einer Internetseite<br />
veröffentlicht worden sei. „Daraufhin<br />
musste sie ihr Handy zurückgeben“,<br />
sagte ein Ministeriumssprecher. Gemäß<br />
den Regularien hätten alle Daten<br />
gelöscht werden müssen –und<br />
dies sei auch geschehen. Von der<br />
Leyen habe dann ein neues Mobiltelefon<br />
bekommen. Dieses liege seit<br />
ihrem Wechsel zur EU nach Brüssel<br />
„unter Verschluss im Ministerium“,<br />
sagte der Sprecher. Er wollte sich<br />
nicht dazu äußern, ob auch auf diesem<br />
Handy Daten gelöscht worden<br />
seien: Diese Frage sei Gegenstand<br />
vertraulicher Unterrichtungen im<br />
Untersuchungsausschuss,sagte er.<br />
Wichtig für die politische und<br />
rechtliche Einordnung des Vorgangs<br />
dürfte das Datum der Löschung sein.<br />
Die <strong>Zeitung</strong> Die Welt und das ARD-<br />
Hauptstadtbüro berichteten, dass die<br />
Handydaten zum Zeitpunkt der Löschung<br />
bereits vom Untersuchungsausschuss<br />
als Beweismittel zur Einsicht<br />
angefordert worden seien. Dies<br />
könnte den Vertuschungsvorwurfder<br />
Opposition stützen.<br />
Der Sprecher des Verteidigungsministeriums<br />
wollte sich zum Datum<br />
der Löschung öffentlich nicht äußern.<br />
Der Grünen-Politiker Lindner<br />
forderte, dass die heutige Verteidigungsministerin<br />
Annegret Kramp-<br />
Karrenbauer (CDU) bei den Verantwortlichen<br />
durchgreife und auch personelle<br />
Konsequenzen ziehe. Der<br />
FDP-Abgeordnete Alexander Müller<br />
sprach von einer „ärgerlichen Hinhalte-Taktik“<br />
der Regierung. Zunächst<br />
habe es im Ministerium geheißen,<br />
dass nach dem Handy gesucht<br />
werde. Dann sei mitgeteilt worden, es<br />
sei noch PIN-gesperrt. Nun habe die<br />
Regierung eingeräumt, dass es bereits<br />
im August „platt gemacht“ worden<br />
sei, sagte Müller derWelt.<br />
Der Untersuchungsausschuss<br />
geht dem Vorwurfnach, dass im Verteidigungsministerium<br />
millionenschwere<br />
Verträge unter Umgehung<br />
des Vergaberechts verteilt wurden.<br />
Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft<br />
steht im Raum. (AFP)<br />
Ursula von der Leyen ist seit Anfang Dezember<br />
Chefin der EU-Kommission. DPA