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Nr. 72 - Herbst 2019

Ecomusée d'Alsace: das Unmögliche möglich machen. Bretagne: die verschwiegene Geschichte der grünen Algen Baskenland: Gorges de Kakuetta: das « wilde Ende » Frankreichs Centre-Val de Loire: Richelieu: "das schönste Dorf des Universums!" Chantals Rezept: Kabeljaurücken mit Senfsauce

Ecomusée d'Alsace: das Unmögliche möglich machen.
Bretagne: die verschwiegene Geschichte der grünen Algen
Baskenland: Gorges de Kakuetta: das « wilde Ende » Frankreichs
Centre-Val de Loire: Richelieu: "das schönste Dorf des Universums!"
Chantals Rezept: Kabeljaurücken mit Senfsauce

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Bourgogne-Franche-Comté<br />

Bronze, Kunstharz …) angeht, so verteilen sich diese auf<br />

zahlreiche Privathäuser und renommierte Museen auf der<br />

ganzen Welt: Musée des Beaux-Arts in Valenciennes,<br />

Musée de la Piscine in Roubaix, Museen in Paris, Lyon,<br />

Besançon, Dijon, Saulieu … Sogar im prestigeträchtigen<br />

New Yorker Metropolitan Museum of Art befindet sich<br />

eine! Doch man darf sich nicht vom ersten Eindruck<br />

täuschen lassen, denn bei näherem Hinsehen stellt man<br />

fest, dass sich diese Eisbären zwar ähnlich sehen, bei<br />

Weitem aber nicht denselben Wert haben. Die Figur am<br />

Place Darcy ist in der Tat eine Nachbildung von François<br />

Pompons L‘Ours blanc, deren Original im Pariser Musée<br />

d‘Orsay konserviert und ausgestellt wird. Um Pompon<br />

zu würdigen, gab die Stadt diese Arbeit 1933 bei einem<br />

Freund des Künstlers, dem Bildhauer Henry Martinet, in<br />

Auftrag. Das zeigt, dass die Einordnung all dieser Eisbären<br />

kompliziert und manchmal sogar mysteriös ist …<br />

Um das « Geheimnis des Eisbären » zu lüften, muss<br />

man sich zunächst von Dijon – wohin wir jedoch später<br />

zurückkehren – in die gut 70 Kilometer westlich gelegene<br />

Stadt Saulieu begeben, die im regionalen Naturpark<br />

Morvan liegt. Hier wurde François Pompon am 9. Mai<br />

1855 geboren. Das bescheidene aber anrührende Musée<br />

Der Curé de Saulieu<br />

aus Terrakotta,<br />

den Pompon 1895<br />

anfertigte, ist<br />

heute im Museum<br />

in Saulieu zu<br />

besichtigen.<br />

Rechte Seite: Von<br />

Pompons Pélican<br />

aus dem Jahr 1924<br />

wurde 1931 eine<br />

Kopie aus Guss für<br />

die Pariser Kolonialausstellung<br />

angefertigt; sie<br />

steht heute im<br />

Musée des Beaux-<br />

Arts in Dijon.<br />

Die Fassade des<br />

Musée François<br />

Pompon in Saulieu,<br />

das sich in der Nähe<br />

der Basilika Saint-<br />

Andoche befindet.<br />

François Pompon dort ist ihm gewidmet. Man erfährt, dass<br />

der Künstler aus einer einfachen Familie stammte und als<br />

junger Mann in der Werkstatt seines Vaters den Beruf des<br />

Schreiners und Tischlers erlernte. Im Alter von 15 Jahren<br />

verließ er den elterlichen Betrieb, um in der nahe gelegenen<br />

Großstadt Dijon zu arbeiten. Dort machte er eine<br />

Lehre bei einem Steinmetz für Grabsteine. Parallel dazu<br />

besuchte der junge François Kurse an der École des Beaux-<br />

Arts, wo er sich neben Architektur, Zeichnen und Gravierkunst<br />

vor allem mit der Bildhauerei beschäftigte. Letztere<br />

wurde schnell zu einer wahren Leidenschaft. Während<br />

dieser Zeit schuf er seine ersten Werke, von denen einige<br />

mit Preisen ausgezeichnet wurden: 1874 erhielt er für die<br />

Darstellung eines Hirschkäfers (ein in den Wäldern des<br />

Morvan heimisches Insekt) aus Terrakotta den ersten Preis<br />

im Wettbewerb für Bildhauerei der Stadt Dijon. 1875, im<br />

Alter von 20 Jahren, war der Künstler der Meinung, es sei<br />

an der Zeit, in Paris sein Können zu vervollständigen, um<br />

bekannt zu werden und Karriere zu machen. Nach einigem<br />

Suchen ließ er sich schließlich, wie viele andere Künstler,<br />

im Viertel Montparnasse nieder, genauer gesagt in der Rue<br />

Campagne-Première <strong>Nr</strong>. 3. Das traf sich gut, denn diese<br />

liegt ganz in der Nähe des Friedhofs Montparnasse, und<br />

er fand schnell Arbeit als Steinmetz bei einem Beerdigungsunternehmen.<br />

Tagsüber war er also beschäftigt. Wie<br />

in Dijon nahm er abends Kunstunterricht: diesmal an der<br />

École des Arts décoratifs. In dieser Zeit schuf er seine ersten<br />

wirklichen Kunstwerke.<br />

Einer der wichtigsten Schätze des Museums in Saulieu<br />

ist eine Sammlung dieser Skulpturen, die zwar wenig bekannt<br />

sind, aber zu den persönlichsten seiner Werke zählen.<br />

Wenn man durch die Ausstellungsräume streift, entdeckt<br />

man, dass seine ersten Modelle logischerweise seine<br />

Angehörigen waren: seine Mutter, sein Zwillingsbruder<br />

oder auch der Pfarrer von Saulieu, den er als pittoreske<br />

Figur aus Terrakotta mit einer humorvollen Note nachbildete.<br />

Es fällt auf, dass Pompon sich im Laufe der Zeit<br />

immer mehr Fertigkeiten aneignete und ambitioniertere<br />

Arbeiten anging. Davon zeugt beispielsweise eine andere<br />

Skulptur aus Terrakotta, mit der er seiner Heimatstadt die<br />

Ehre erwies: die Büste des Saint-Andoche, des Schutzpatrons<br />

von Saulieu.<br />

Ein gerupftes Huhn und<br />

ein rennender Hahn ohne Federn<br />

Durch die Ausstellung einiger seiner Kunstwerke in<br />

Paris wurde auch Auguste Rodin (1840-1917) auf Pompon<br />

aufmerksam und stellte ihn in seinem Atelier an. 1893<br />

übernahm Pompon sogar die Leitung von Rodins Atelier.<br />

Einige Jahre später, um 1906, nahm die Laufbahn von<br />

François Pompon eine entscheidende Wende: Er verlor<br />

allmählich das Interesse an der menschlichen Gestalt und<br />

konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Darstellung<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Herbst</strong> <strong>2019</strong>

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