Das Buch 2020

Auf der Suche nach dem Glück
Mein Geheimnis? Es gibt keines.
Ein Mann war sehr unglücklich. Seine Ehe schien ihm zu fad, sein Haus zu
klein, sein Job zu öde und er fand keinen Gefallen mehr an den Dingen, die ihn
früher einmal sehr viel Freude gemacht hatten.
Eines Tages traf er den Entschluss, alles hinter sich zu lassen. Es sollte ein
Neuanfang sein. Alles sollte besser, schöner werden. Er machte sich auf die
Suche nach dem Glück.
Er kündigte seinen Job, packte seine notwendigsten Habseligkeiten in einen
großen Rucksack, verabschiedete sich von seiner Frau und ging los.
Ein kurzer Blick zurück aufs Haus. Das war es.
Während er so dahinwanderte, spürte er, dass er eine riesige Last hinter sich
herzog. Unsichtbar für andere, schwerer für ihn als die tatsächliche Last auf
seinem Rücken.
Es war ein Sack voll schlechten Gewissens. Seiner Frau gegenüber, seinem
ehemaligen Chef gegenüber und seinen Freunden, der Familie gegenüber und
seinem bisherigen Leben gegenüber.
Wie konnte er nur so lange so leben?
Alle Menschen aus seiner Vergangenheit, die ihn schätzten, wie er war, hingen
jetzt an ihm, weil er sie nicht wirklich losgelassen hatte.
Oben auf dem Sack saß sein Ego-Ich und flüsterte ihm permanent ins Ohr, dass
es wahnsinnig war, all die schönen Dinge zurück zu lassen, dass es keinen Sinn
mache und falsch sei.
Und bei all dem Ziehen und Zerren bemerkte er viel zu spät, dass er selbst ganz
klein geworden war. Ein Kind, schwach an Körperkraft und von nachlassender
Willensstärke.
Bis kein Vorankommen mehr war. Er blieb stehen, weinte verzweifelt und kehrte
in sein altes Leben zurück.
"Siehst du, das haben wir dir doch gleich gesagt: Das war eine dumme Idee
und nirgends passt du besser hin als hier", sagten die Ehefrau, der Chef und
alle Freunde und Bekannte. Er hatte sein altes Leben zurück.
Wo war das Glück in dieser Geschichte versteckt? Wäre es nicht eine bessere,
schönere Geschichte gewesen, wenn der Mann sein Glück gefunden hätte, als
er alles hinter sich ließ?
155 von 175