SPORTaktiv August 2020
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ungen kaum Thema, jetzt boomt das<br />
geradezu“, erzählt er aus der Praxis. Reiseziel,<br />
Planung, Navigation, all das bietet<br />
Weber an. Vor allem aber erklärt er<br />
seinen Gästen die Kulturlandschaft, vermittelt<br />
Wissen über Felsformationen,<br />
Gesteinsarten, Botanik. Wer mit ihm<br />
wandert, nimmt immer auch etwas mit,<br />
das über das reine Wandererlebnis hinausgeht.<br />
Zum Beispiel dass der „atlantische<br />
Himmel“ nicht auf der Firmament<br />
über dem Ozean beschränkt ist. „So<br />
nenne ich den Himmel, wenn die Kontraste<br />
besonders scharf sind. Das ist meist<br />
nach einem Wettersturz mit Regen so,<br />
wenn alles ausgeputzt wird und die Farben<br />
besonders klar sind“, erklärt Weber.<br />
Wer ist jetzt aber die klassische Klientel,<br />
die sich eine Reise zusammenstellen<br />
lässt und mit dem 55-jährigen Niederösterreicher<br />
wandert, und wohin vor allem.<br />
„Zu 95 Prozent sind es Frauen, alleine<br />
oder mit Freundinnen, die eine<br />
Tour oder Reise buchen. Von Anfang 40<br />
bis weit in die 80 hinein“, sagt Weber.<br />
Auch Familien sind darunter. Männer<br />
alleine so gut wie nie. „Die wollen sich<br />
nicht von einem anderen Mann führen<br />
lassen.“<br />
Bei den Reisezielen lässt es sich schon<br />
nicht mehr so klar eingrenzen. Vom<br />
Waldviertel bis Kirgistan, von den Niederen<br />
Tauern bis zu den Kap Verden,<br />
von der Buckligen Welt bis zum Baikalsee<br />
reicht das Spektrum. Er bietet seine<br />
Reisen auch Sommer wie Winter an.<br />
Vieles hat der unangepasste Erlebnis-Maßschneider<br />
gesehen, eine Destination<br />
hat ihn aber besonders beeindruckt:<br />
der Baikalsee in Sibirien. „Die<br />
Eisformationen sind einzigartig. Der See<br />
ist ja 800 Kilometer lang und du hast<br />
Schattierungen von grün, schwarz, blau,<br />
dazu Eishöhlen an den Ufern. Die Eisdecke<br />
ist zweieinhalb Meter dick, darauf<br />
kannst du mit dem Auto fahren. Dann<br />
gibt es heiße Quellen wo du bei minus<br />
30 Grad Außentemperatur in 40 Grad<br />
heißes Wasser steigst und badest.“<br />
Das Nahe im Fremden und das Fremde<br />
im Nahen fasziniert ihn. Darum sind<br />
seine Lieblingsplätze auch Wildalpen in<br />
VOM WALDVIERTEL<br />
BIS KIRGISTAN,<br />
VON DEN NIE-<br />
DEREN TAUERN<br />
BIS ZU DEN KAP-<br />
VERDEN, VON DER<br />
BUCKLIGEN WELT<br />
BIS ZUM BAIKAL-<br />
SEE REICHT DAS<br />
SPEKTRUM.<br />
der Hochsteiermark und der Nordwald<br />
im nördlichen Waldviertel an der tschechischen<br />
Grenze. Klar sind auch diese<br />
Gegenden schon touristisch erschlossen,<br />
es gebe aber immer noch die ganz große<br />
Einsamkeit in der Natur. „Man muss<br />
nur die große Geografenfrage ‚wo?‘ und<br />
‚wann?‘ beantworten.<br />
Auch wenn das Geschäft gut geht –<br />
ausschließlich davon leben kann Weber<br />
nicht. Also hat er noch einen<br />
20-Stunden-die-Woche-Job, richtig,<br />
bei den ÖBB. „Heute schätze ich das<br />
Unternehmen, das mir so viel Freiheit<br />
bietet, dass ich meine Arbeit geblockt<br />
erledigen kann und auch unter der<br />
Woche freinehmen kann, um Wanderreisen<br />
zu machen.“<br />
Letztlich hat Weber also das umgesetzt,<br />
was er immer machen wollte –<br />
und schätzt, dass er seine Leidenschaft<br />
beruflich ausleben kann. Auch wenn<br />
„sich nicht mehr alles ausgehen wird,<br />
was ich einmal machen wollte.“ Der<br />
Druck, dort und da und hierhin zu<br />
reisen, ist kleiner geworden. „Nur<br />
nach Patagonien möchte ich unbedingt<br />
noch einmal.“ Mit der Rückkehr<br />
in die bizarren Eiswelten am Baikalsee<br />
dürfte es sehr schwierig werden.<br />
„Die Eisdecke ist längst nicht mehr so<br />
dick, wie sie einmal war, und die Russen<br />
erteilen gerade keine Genehmigung<br />
mehr für das Fahren auf dem<br />
Eis. So wird es schwierig.“ Klimawandel<br />
hautnah erlebt. Vielleicht sollten<br />
auch die politischen Entscheidungsträger<br />
einmal eine Wanderreise mit<br />
Martin Weber buchen.<br />
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