SPORTaktiv August 2020
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CUC: Natürlich kann man einen kleinen<br />
Krach nicht vermeiden, aber ich habe<br />
ihr immer gesagt: „Wir haben genug<br />
Probleme in der Firma. Privat zu streiten<br />
hat da überhaupt keinen Sinn.“ Und sie<br />
ist Gott sei Dank sehr klug. Ich verhalte<br />
mich auch nicht immer ganz richtig. Ich<br />
bin ein Mensch, ich spreche sofort und<br />
so schnell und direkt. Ja oder nein, da<br />
bin ich sehr deutlich. Zu Mitarbeitern<br />
und Familie. Manchmal können das die<br />
Leute nicht akzeptieren. Wenn ich mir<br />
nicht sicher bin, ob meine Entscheidung<br />
richtig ist, lade ich Leute ein, die mich<br />
in dem Bereich gut beraten können, und<br />
höre zu, höre mir die Meinungen der<br />
Mitarbeiter an und dann entscheide ich.<br />
Ich gebe den Mitarbeitern auch immer<br />
einen Grund, warum ich glaube, dass<br />
meine Entscheidung die richtige ist. Ich<br />
habe nie gesagt: Du machst das so und<br />
so und aus, sondern meine Entscheidung<br />
immer erklärt.<br />
Wie sind Sie eigentlich mit dem Thema<br />
Fahrrad in Berührung gekommen?<br />
CUC: Nach dem Studium habe ich eine<br />
Arbeit gesucht und die war in der Fahrradbranche.<br />
Und seitdem bin ich dabei.<br />
Zufall. Nur Zufall. Damals als ich begonnen<br />
habe, waren Fahrräder ein Sonnenuntergangsgeschäft.<br />
Meine Tante hat<br />
mich sogar gefragt: Hast du genug zu essen?<br />
Verdienst du genug? Es war nicht<br />
immer einfach. Aber ich habe ein Leben<br />
lang gewartet und gearbeitet. Wer hätte<br />
vor 40 Jahren geahnt, dass es einmal so<br />
einen E-Bike-Boom geben wird.<br />
Wie sehr muss man sich bei Tretlagern,<br />
Getriebe und Co. auskennen, um so ein<br />
Unternehmen führen zu können?<br />
JU: Man muss sich schon auskennen.<br />
CUC: Das ist für mich absolut notwendig.<br />
Ich will persönlich ja auch nicht mit<br />
Kunden sprechen und keine Ahnung<br />
von Fahrrädern haben. Wenn ich ein<br />
Produkt sehe, denke ich, wo kann ich es<br />
noch verbessern. Dazu muss man die<br />
Technik verstehen, sonst geht das nicht.<br />
In der Vergangenheit hab ich Zigtausende<br />
Fahrräder gesehen und weiß, was<br />
leicht zu verkaufen ist und was nicht.<br />
DAS RAD IST EIN EX-<br />
TREM EMOTIONALES<br />
PRODUKT. DA STECKEN<br />
VIELE KINDHEITS-ER-<br />
INNERUNGEN DRINNEN.<br />
DIE HAT FAST JEDER.<br />
Designer sind oft Künstler und denken<br />
nicht wirtschaftlich. Dann muss man sie<br />
überzeugen. Manchmal lasse ich sie ihre<br />
Wünsche auch umsetzen, bis sie sehen –<br />
oh, das verkauft sich nicht. Bei 500 Mitarbeitern<br />
brauchen wir aber Umsatz.<br />
Designer zu überzeugen ist schwer. Aber<br />
so ist das Leben.<br />
Diese Aufgabe kann ja jetzt ihre Tochter<br />
übernehmen.<br />
CUC: Aber zuerst muss sie sich mit der<br />
Technik auskennen und beschäftigen.<br />
Ein Leben lang.<br />
Motorrad-KTM-Chef Pierer hat gesagt,<br />
irgendwann müsse die „Marke heimkommen“,<br />
weil man sich gemeinsam<br />
gegen die großen Player auch am<br />
E-Bike-Markt besser wappnen könne.<br />
CUC: Dazu gibt es eine endgültige Entscheidung<br />
vom Obersten Gerichtshof.<br />
Die Fahrradbranche bleibt exklusiv bei<br />
uns. Mein Ex-Mann hat das Geschäft<br />
damals gekauft und die Sparte gehört<br />
auf ewig uns.<br />
Was bedeutet das Fahrrad für sie?<br />
JU: Ich sag gern: Wir verkaufen Freude<br />
an Bewegung. Es ist etwas Schönes, dass<br />
man an etwas arbeiten kann, das den<br />
Menschen Freude und Gesundheit<br />
bringt. Das Rad ist einfach ein extrem<br />
emotionales Produkt. Da stecken viele<br />
Kindheitserinnerungen drinnen. Man ist<br />
viel mobiler. Schon im Volksschulalter,<br />
die ganzen Abenteuer. Das hat fast jeder.<br />
CUC: Ein Kunde hat geschrieben, dass er<br />
nach einer Lungenkrankheit nur 30 Prozent<br />
Lungenfunktion hatte und durch<br />
unser Rad konnte er trainieren und hat<br />
10 Prozent zugelegt. Jedes Jahr hat er geschrieben,<br />
bis er auf 60 Prozent war. Das<br />
ist sensationell.<br />
Abschließend und weil es heuer das<br />
beherrschende Thema ist: Was haben<br />
sie aus der Krise gelernt?<br />
JU: Sie ist ja noch nicht vorbei.<br />
CUC: Gott sei Dank haben wir vorigen<br />
September die Produktionshalle komplett<br />
neu gebaut. Ein Jahr hatten wir dahinter<br />
ein Provisorium. Dort war es sehr<br />
eng, bis die neue Halle fertig wurde. Jetzt<br />
haben die Leute genug Platz um Abstand<br />
zu halten. Eigentlich wollte ich erst das<br />
Lager und dann die Produktion neu bauen.<br />
Dann ist der Arbeitsinspektor gekommen<br />
und hat gesagt: Wo Menschen<br />
drinnen sind, ist wohl wichtiger, als wo<br />
die Ware drinnen ist. Ich hab gesagt:<br />
Danke für den Hinweis und hab zuerst<br />
die Produktionshalle gebaut.<br />
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