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altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Januar/Februar 2021

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Seit 30 Jahren: <strong>Das</strong> Reptilienhaus in Oberammergau<br />

Tigerpython, Brillenkobra<br />

und Pfeilgiftfrosch<br />

Ein exotisches Highlight nach dem anderen: Beim Betreten<br />

des Reptilienhauses stechen die ersten Terrarien ins Auge.<br />

Oberammergau | Sicherlich hätte<br />

sich Thomas Lücke sein Jubiläumsjahr<br />

anders vorgestellt. „Wobei<br />

ich noch Glück gehabt habe“,<br />

sagt der Herpetologe auf die<br />

Frage, wie stark ihn die Corona-<br />

Pandemie bislang getroffen hatte.<br />

Zwar war im Jahr 2020 keine einzige<br />

Schulklasse bei ihm, „was aus<br />

Bildungsauftrags-Grün<strong>den</strong> sehr<br />

schade ist“. Da<strong>für</strong> umso mehr Urlauber,<br />

die sich nach dem ersten<br />

Lockdown <strong>für</strong> „Ferien Dahoam“<br />

entschie<strong>den</strong> hatten. Und auch Tagesausflügler<br />

scheuten nach einer<br />

Berg- oder Radeltour <strong>den</strong> Gang<br />

durch sein einzigartiges Reptilienhaus<br />

in Oberammergau nicht.<br />

Was nahezu alle Besucher in <strong>den</strong><br />

30 Jahren Reptilienhaus Oberammergau<br />

eint: Faszination pur.<br />

Gleich gegenüber der Kasse, an<br />

Streckt ihre Zunge raus: In diesem Falle<br />

handelt es sich um eine Kornnatter,<br />

heimisch in Nordamerika und nicht giftig.<br />

der Inhaber Lücke 7 Euro <strong>für</strong> Erwachsene,<br />

4 Euro <strong>für</strong> Kinder von<br />

vier bis 13 Jahren sowie 15 Euro<br />

<strong>für</strong> Vater, Mutter und Kind(er) an<br />

Familientagen verlangt, befindet<br />

sich ein kleiner Raum mit dem<br />

größten Tier: Eine 4,50 Meter<br />

lange und rund 50 Kilogramm<br />

schwere Tigerpython, die sich das<br />

topgepflegte Terrarium mit einer<br />

kleineren, 2,50 Meter großen Riesenschlange<br />

teilt. Dagegen scheint<br />

das Pantherchamäleon schräg gegenüber,<br />

wildlebend in Madagaskar<br />

zuhause, nahezu winzig klein,<br />

besticht da<strong>für</strong> umso mehr mit<br />

seiner giftgrün-leuchten<strong>den</strong> Farbe,<br />

die sich dank Farbzellen und<br />

Nanokristallen in der Haut sogar<br />

nahezu nach Belieben verändern<br />

könnte. Zum Beispiel in kräftiges<br />

Blau, das einen Gang weiter dem<br />

Besucher ins Auge sticht: In diesem<br />

Falle vom Körper mehrerer<br />

Pfeilgiftfrösche, heimisch im südamerikanischen<br />

Suriname, Französisch-Guyana<br />

und Brasilien, bis<br />

zu 4,2 Zentimeter groß und extrem<br />

giftig. Als Steckenpferd seiner<br />

Ausstellung bezeichnet Thomas<br />

Lücke jedoch seine Giftschlangen.<br />

Gabun-Viper, Brillenkobra,<br />

Klapperschlange, Sandrasselotter<br />

oder Grüne Mamba – sie alle wer<strong>den</strong><br />

im Oberammergauer Reptilienhaus<br />

ausgestellt, und bei Gelegenheit<br />

bis ins kleinste Detail vom<br />

Fachmann höchstpersönlich dem<br />

interessierten Besucher beschrieben.<br />

Deutlich höhere<br />

Lebenserwartung?<br />

„Allein die unterschiedlichen Giftzusammensetzungen<br />

der Schlangen<br />

sind eine Wissenschaft <strong>für</strong><br />

sich, wür<strong>den</strong> im Falle eines Bisses<br />

ganz unterschiedlich auf uns<br />

Menschen einwirken“, sagt der<br />

Fachmann. Manches extrem blutverdünnend<br />

oder blutverdickend.<br />

Anderes greift die Nervenbahnen<br />

an. Wieder anderes die Muskulatur.<br />

Schlangengift, das im Falle eines<br />

Bisses in wilder Natur tödlich<br />

en<strong>den</strong> könnte <strong>für</strong> uns Menschen,<br />

wird in der Medizin als wirkungsvolles<br />

Heilmittel eingesetzt. Zum<br />

Beispiel zur Behandlung von<br />

Rheuma oder Tinnitus. „Gemolken<br />

wer<strong>den</strong> meine Schlangen<br />

aber nicht“, sagt Thomas Lücke an<br />

dieser Stelle. „Da<strong>für</strong> gibt es riesige<br />

Giftschlangenabteilungen auf <strong>den</strong><br />

Firmenareals namhafter Pharmakonzerne.“<br />

Roche in Penzberg gehöre<br />

seines Wissens nach jedoch<br />

nicht dazu.<br />

Inzwischen ist es 11.08 Uhr an diesem<br />

verregneten Donnerstag. Drei<br />

private Kleingruppen mit insgesamt<br />

elf Personen, versteckt hinter<br />

medizinischen und selbstgenähten<br />

Mund-Nase-Bedeckungen,<br />

schlendern langsam von Terrarium<br />

zu Terrarium. Sie zeigen sich respektvoll<br />

vor dem, was sie da durch<br />

die Sicherheitsgläser hindurch<br />

hinter Zweigen, Wurzeln und Steinen<br />

entdecken. Selten entflieht in<br />

diesen Momenten ein Besucher<br />

seiner Faszination und fragt bei<br />

Thomas Lücke nach, inwieweit<br />

„artgerecht das alles hier ist“. Es<br />

handelt sich schließlich um Wildtiere,<br />

deren Wurzeln 150 Millionen<br />

Jahre zurückliegen, die überwiegend<br />

heimisch sind am anderen<br />

Ende der Welt, wo es ganzjährig<br />

betrachtet deutlich wärmer, die<br />

Luftfeuchtigkeit wesentlich höher<br />

ist. Ausgerechnet die befin<strong>den</strong><br />

sich hier im oberbayerischen<br />

Passionsdorf Oberammergau,<br />

umringt von Schnitzwerkstätten,<br />

Restaurants, Hotels, Aufacker, Laber<br />

und Kofel, deren Gipfel selbst<br />

in warmen Wintern von Schnee<br />

bedeckt sind? Die Monokelkobra<br />

von Thomas Lücke, die zur Gattung<br />

der „Echten Kobra“ gehört,<br />

ist vor wenigen Monaten verstorben.<br />

Im Alter von 31 Jahren! „In<br />

der Wildnis wer<strong>den</strong> sie lediglich<br />

20 Jahre alt“, so der Experte. Ausgewogene,<br />

vitaminreiche Ernährung,<br />

keine Milben, keine Zecken,<br />

optimale Klimabedingungen und<br />

keine Fressfeinde – all das sorgt<br />

<strong>für</strong> eine Lebenserwartung, die im<br />

Oberammergauer<br />

um ein<br />

Reptilienhaus<br />

Drittel<br />

höher<br />

ist als<br />

in <strong>den</strong> heimischen<br />

Gebieten<br />

wildlebender<br />

Artgenossen. Hinzu<br />

kommt, dass Reptilien in<br />

Wahrheit total faule Tiere<br />

sind, ihre „Höhlen“ selten bis<br />

nie verlassen, selbst die Jagd am<br />

Höhleneingang durch „abwarten,<br />

bis Beute vorbeikriecht“ stattfindet.<br />

Insofern ist das Terrarium<br />

alles andere als ein Gefängnis <strong>für</strong><br />

die Tiere. „Viele Menschen glauben<br />

das nämlich“, betont Thomas<br />

Lücke. Heißt: Den Exoten geht’s<br />

richtig gut im Reptilienhaus.<br />

Höchste Vorsicht<br />

bei Fütterung!<br />

Optimales Klima heißt in diesem<br />

Falle, dass jedes einzelne<br />

Terrarium individuell auf das jeweilige<br />

Tier abgestimmt ist. Mit<br />

36 | <strong>altlandkreis</strong>

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