altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Januar/Februar 2021

stimmen. Aber das kommt selten
vor, wie Dr. Lars Baumann erzählt:
„Ich kenne nur einen Fall in Augsburg,
wo das mal geschehen ist.
Das Urteil wurde aber später von
einer höheren Instanz kassiert.“
Es versteht sich von selbst, dass
sowohl die ehrenamtlichen und
die Berufsrichter an Recht und
Gesetz gebunden sind. „Ich finde,
die Schöffen sind eine Bereicherung
für den Strafprozess, weil der
Ausgang für den Betroffenen doch
eine sehr einschneidende Wirkung
haben kann“, fährt Dr. Baumann
fort. „Juristisch wird der Fall natürlich
vom Richter bewertet, aber
für die Beratung ist die menschliche
Komponente und eine andere
Meinung sehr hilfreich.“
Verhandlung eines
Drogendelikts
Zurück im Sitzungssaal 18. Zunächst
muss Hans-Georg Hechenrieder
vereidigt werden, denn es
ist sein erster Einsatz als Schöffe.
Er tritt vor den Richter, hebt die
Hand und spricht den Eid. Dann
Der Eingang zur Rechtsprechung
am Amtsgericht Weilheim.
nimmt die Verhandlung ihren
Lauf. Schöffin Andrea Hild macht
sich fleißig Notizen, ihr männlicher
Kollege liest die Anklageschrift.
Die ehrenamtlichen Richter
wissen vor der Verhandlung nur
grob, was sie erwartet. Erst kurz
vor der Verhandlung erhalten sie
die Anklageschrift. Das soll Befangenheit
verhindern. „Ich schreibe
mir gerne Details auf, denn
manchmal wird ein Prozess erst in
einigen Wochen weitergeführt und
dann möchte ich alle Informationen
parat haben“, begründet Andrea
Hild ihre Notizen. Überarbeitet
sind die Schöffen am AG Weilheim
allerdings nicht. Andrea Hild muss
im Jahr bei rund sechs Verhandlungen
beisitzen. Die Schöffen
können sich aktiv am Prozess beteiligen,
indem sie sowohl dem
Angeklagten als auch den Zeugen
Fragen stellen dürfen. „Als Richter
denke ich doch sehr juristisch“,
erzählt Dr. Baumann. „Die Fragen
der Schöffen haben oft eine ganz
andere Perspektive und beleuchten
andere Aspekte des Falls.“
Der nicht mehr ganz junge Mann
soll in Peißenberg mit Amphetaminen
gehandelt haben. Er ist umfassend
geständig und nach einer
Weile bittet sein Rechtsanwalt den
Richter und die Schöffen zu einem
Gespräch ins sogenannte „Richterzimmer“.
Dort werden „Deals“
gemacht. Völlig legal, solange sie
im Protokoll vermerkt werden. Der
Inhalt der Gespräche ist streng vertraulich,
ebenso wie die Beratung
zur Urteilsfindung. Dr. Baumann
schildert den Vorgang: „Als Richter
referiere ich ganz kurz darüber,
wie ich das juristisch sehe.
Im Anschluss daran diskutieren
wir darüber, welche Strafe angemessen
wäre. Mehr darf ich nicht
sagen, denn das fällt unter das
Beratungsgeheimnis. Richter und
Schöffen würden sich strafbar machen,
wenn sie Interna aus der Beratung
erzählen würden.“ Der geständige
Drogendealer kommt mit
einer Bewährungsstrafe davon. edl
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