SPORTaktiv April 2021
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Mit der Hilfe von biomechanischen<br />
Kameras (unten) will<br />
Weißhaidinger die 70-Meter-<br />
Marke angreifen.<br />
Die Lösung wäre natürlich eine Impfung,<br />
je früher, desto besser. Was für einen<br />
Olympiafahrer in einem Land wie<br />
Österreich ja auch machbar sein müsste.<br />
Eine These, zu der sich Weißhaidinger,<br />
ganz Diplomat, vornehm zurückhält.<br />
Und darauf verweist, dass der eine<br />
oder andere Konkurrent das Jaukerl bereits<br />
intus hat. „Man spricht immer<br />
von Chancengleichheit, die ja auch<br />
eine der Gründe war, warum Olympia<br />
verschoben wurde. Davon sind wir aktuell<br />
aber ein ganzes Stück weit entfernt.“<br />
Vielleicht schreibt ihm ja der<br />
eine oder andere Gegner eine Ansichtskarte<br />
aus Lissabon ...<br />
Weißhaidinger ist allerdings keiner,<br />
der jammert und sich auf verpasste<br />
Möglichkeiten oder ausgelassene Chancen<br />
konzentriert. Sein Fokus liegt darauf,<br />
das Optimum aus den gegebenen<br />
Umständen herauszuholen – und wenn<br />
möglich noch etwas mehr. Er weiß,<br />
dass er Defizite in Sachen Größe und<br />
Spannweite nur mit Technik wettmachen<br />
kann, und da kommt das Steckenpferd<br />
von ihm und seinem Trainer<br />
Gregor Högler ins Spiel: die Biomechanik.<br />
Der neueste Clou: Mit acht speziellen<br />
Kameras ist es seit Kurzem innerhalb<br />
weniger Minuten möglich, Würfe<br />
nach biomechanischen Gesichtspunkten<br />
(Drehmoment, Ellbogenwinkel<br />
usw.) zu analysieren und unmittelbar<br />
Schlüsse daraus zu ziehen. „Früher saß<br />
Gregor dafür nächtelang vor dem<br />
Computer und hat Tausende von<br />
Klicks gebraucht. Das ist ein großer<br />
Vorteil, von dem wir uns einiges versprechen.“<br />
Genauso wie von der Kältekammer,<br />
die „Luki“ seit Ende Februar in der<br />
Südstadt nutzen kann – und das nach<br />
jedem Trainingstag tut, was bei minus<br />
110 Grad nur bedingt ein Vergnügen<br />
ist, selbst wenn die Eiszeit nur drei Minuten<br />
dauert. Aber was tut man nicht<br />
alles, um auch den Bereich der Regeneration<br />
bestmöglich abzudecken. Denn:<br />
DER EFFEKT DER KÄLTE-<br />
KAMMER IST VERBLÜF-<br />
FEND. DA NEHME ICH<br />
GERNE IN KAUF, DASS ICH<br />
SELBST DREI STUNDEN<br />
SPÄTER EINE DECKE<br />
BRAUCHE, WEIL MIR<br />
IMMER NOCH KALT IST.<br />
„Für Sportler wie mich ist das Problematischste,<br />
die durch die Reibung im Training<br />
in den Gelenken entstehende Wärme<br />
runterzukühlen. Der Effekt ist verblüffend.<br />
Da nehme ich gerne in Kauf,<br />
dass ich selbst drei Stunden später auf<br />
der Couch eine Decke brauche, weil mir<br />
immer noch kalt ist.“<br />
Und das alles, um in Tokio das zu<br />
schaffen, wovon Weißhaidinger seit geraumer<br />
Zeit träumt: erstmals die 70-Meter-Marke<br />
zu übertreffen. Die wird wohl<br />
fallen müssen, um beim Medaillenkampf<br />
mittendrin statt nur dabei zu<br />
sein. Dass das Ziel realistisch ist, weiß<br />
Weißhaidinger. Und auch seine besten<br />
Freunde ahnen es. Spätestens, seitdem<br />
bei den Spieleabenden endlich wieder<br />
die Fetzen fliegen.<br />
Fotos: ÖOC/GEPA, privat<br />
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