ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 BOBFAHREN<br />
Im Bobschlitten verbirgt sich Hochtechnologie. Klaus Nowak ist höchst daran interessiert, um mit neuen <strong>Werkstoffe</strong>n,<br />
ihrer Bearbeitung und ihrem Einsatz Pilotinnen wie Susi Erdmann den Platz an der Spitze zu sichern.<br />
Im Edelstahl-Chassis durch die Kurve<br />
Die Symbiose mutet merkwürdig an. Einerseits ein Bob, dem jeder Fahrkomfort<br />
fehlt. Ungedämmt hocken die Bob-Reisenden über den Kufen auf dem blanken<br />
Boden, eng in die Haube (aus Kohlefaser) gepfercht wie Heringe in der Dose. Doch<br />
Fahrkomfort, wer sucht dies schon bei dem Grenzerlebnis, das dem Körper mit heftigsten<br />
Querbeschleunigungen, abseits des Alltags, geboten wird, tatsächlich am<br />
Rand zum Rauschgefühl?<br />
„Ich bin kein Typ, der normale Stähle beim Bob verwendet“, grenzt Nowak seine<br />
Tuning-Arbeit von der Serienherstellung der schnellen Schlitten ab (auch für Skeleton<br />
und Rodeln betreibt er „Tuning“). Das sei eine ambitionierte Aufgabe, „denn Stähle,<br />
die hochlegiert sind, sind schwierig in den Griff zu kriegen, was die Bearbeitung betrifft.<br />
Für Susi Erdmann habe ich geschmiedete amagnetische Stähle eingesetzt, um<br />
ihr neue Kufen zu bauen. Sie leiten bei der Fahrt sehr schlecht die Wärme, was von<br />
Vorteil ist.“<br />
MIT DER HAUBE IN DEN WINDKANAL<br />
Drücken wir es mal formal aus: Der Baustahl ST 37-2 (allgemeiner Baustahl, Zugfestigkeit<br />
360 Newton pro Millimeter) ist für den Bob-Gebrauch nicht unbedingt Nowaks<br />
Werkstoff. Dann bevorzugt der Freund des Schraubens, weniger des Schweißens<br />
(wegen der oft nicht definierbaren Spannungszustände), schon eher hochlegierte<br />
Stähle in der Art einer Sorte (um ein ganz schlichtes Beispiel zu nennen) wie<br />
X 7 Cr 13. „Man muss sehr viel Erfahrung mit den <strong>Werkstoffe</strong>n haben“, fährt er fort,<br />
„denn ein widerspenstiger Stahl strebt in alle möglichen Richtungen, man muss ihn<br />
beginnen zu richten, der Präzision wegen. Das Ergebnis aber ist außergewöhnlich.“<br />
Da steht er, neben seinem „Lehrling“ Stefan Drescher, in einer kleinen Werkstatt<br />
in Winterberg – eine Art Heiligtum, in das kein Fremder Zutritt hat. Stück für Stück wird<br />
der Bob auseinander genommen, langsam wird sichtbar, welche Hochtechnologie<br />
sich im Inneren des Edelstahl-Geräts verbirgt. Mit vorsichtiger<br />
Hand präsentiert Nowak seine neueste gefräste<br />
Blattfeder, hergestellt aus verzugsarmem, ausscheidungshärtendem<br />
Stahl, dazu den Lenkkopf, Kufenblätter,<br />
Stabilisatoren und all das, was sonst noch zur technischen<br />
Hexerei gehört.<br />
Hexerei? Bei aller Emotion, die Nowak verbreitet: In<br />
seiner zurückhaltenden, fast introvertierten Art ist er<br />
zunächst ein Analytiker, der absolut nichts dem Zufall<br />
überlässt. Nicht bei der Haube (die er sogar im Windkanal<br />
Die Datenanalyse von <strong>Werkstoffe</strong>n und Bobfahrten am<br />
Computer ist für Klaus Nowak und seinen Schützling<br />
Stefan Drescher eine Selbstverständlichkeit. Ohne den<br />
technischen Aufwand gibt es keinen Erfolg.<br />
Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |