ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
52 LiDONIT<br />
brüchen in grauer Vorzeit, als die Erde langsam in Jahren und Jahrtausenden<br />
zu ihrer (erkalteten) Form fand.<br />
Doch es ist eben nicht nur die kostbare Rohstahlmasse, die im<br />
Konverter entsteht, sondern die oft genug verächtlich „Abfall“ genannte<br />
Schlacke. „Beim Abkippen wird jetzt der Rohstahl von der Schlacke<br />
getrennt“, erläutert Joost den Kipp-Vorgang, bei dem der Konverter<br />
sich einmal nach links, dann nach rechts neigt. 27 Tonnen der rötlichgelb<br />
siedenden Schlacke werden in den bereitgestellten Kübel abgegossen<br />
– der nur wenige Augenblicke später langsam weiter rollt: zur<br />
derzeit weltweit einzigen Anlage, in der, präzis ausgedrückt, die Linz-<br />
Donawitz-Schlacke stabilisiert wird.<br />
WESHALB LIDONIT EIN WERTVOLLER MINERALSTOFF IST<br />
Es ist schon erstaunlich, die spätere, endgültige Form von LiDonit zu<br />
sehen – ein körniges Material, das in großen Brechern, wie man sie aus<br />
herkömmlichen Steinbrüchen kennt, auf eine unterschiedlich große<br />
Körnung „runtergeknackt“ wird, wie der Fachmann sagen würde. Was<br />
immer noch nicht ahnen lässt, wo der synthetische Mineralstoff am<br />
Ende tatsächlich verwendet wird: als zentraler Bestandteil einer Asphaltdeckschicht,<br />
mit denen Straßen gebaut werden. „Die stabilisierten<br />
Schlacken weisen eine sehr hohe Griffigkeit und eine nicht weniger<br />
hohe Festigkeit aus“, sagt DSU-Mann Joost. „Im Sinne der nachhaltigen<br />
Verwendung ist LiDonit ein idealer Stoff, der für Straßenbauer genauso<br />
interessant sein müsste wie für Umweltpolitiker“, fährt Joost fort.<br />
Denn nicht nur der Stahl, sondern auch die Schlacke sei für sich genommen<br />
ein Produkt mit Wertschöpfungspotenzial – was erwarte man<br />
mehr von <strong>Werkstoffe</strong>n in heutiger Zeit?<br />
Zwei Bereiche von <strong>ThyssenKrupp</strong> arbeiten in diesem Fall Hand in<br />
Hand. Carl-Heinz-Schütz, ein promovierter Ingenieur, der als Direktor<br />
für den Bereich Rohstahl, Division Metallurgie/Grobblech verantwortlich<br />
ist, verhehlt nicht seine Genugtuung über diese Verwendung von<br />
Schlacke mit<br />
hoher Griffigkeit<br />
Schlacke. Der Mann Ende fünfzig, der sich (kahlköpfig) durch Probleme<br />
im beruflichen Alltag keine grauen Haare mehr wachsen lässt, vermittelt<br />
jene Souveränität, die man mit den rhythmisch langfristig und<br />
übersichtlich geregelten Vorgängen im Stahlwerk verbindet. In der<br />
Ruhe liegt wie immer die Kraft – was in diesem Fall ganz und gar nicht<br />
ein durchschlagendes Argument gegen Schnelligkeit ist. Schütz berichtet,<br />
dass die Stahl-Leute gern die Idee Ende der neunziger Jahre<br />
aufnahmen, Edelsplitte zu produzieren, „unter Einsatz einer Lanze, die<br />
Sauerstoff und Quarzsand in die noch flüssige Schlacke einbläst“. Das<br />
Silicium verdünne die Schlacke. „Je geringer das Verhältnis von<br />
Calcium- zu Siliciumoxid, desto dünnflüssiger die Schlacke. Durch die<br />
Beimischung von Quarzsand werden freie Kalkanteile in den Calciumsilikaten<br />
gebunden.“<br />
Sehenden Auges diesen Vorgang zu betrachten, verbietet sich.<br />
Die Einblaslanze erzeugt einen solch grell-weißen Lichtreflex, dass nur<br />
Farbfilter die Augen vor dauerhafter Schädigung schützen können.<br />
Knapp eine Viertelstunde vergeht – fertig ist die LiDonit-Masse angerichtet.<br />
Und dann?<br />
Die Idee für diesen Mineralstoff habe, sagt Joost, in der Absicht<br />
gelegen, kalkreiche Schlacken, die sonst nicht als Straßenbaustoff zu<br />
verwenden seien, trotzdem sinnvoll weiterzuverarbeiten. „Damit geben<br />
wir verstärkt Mineralstoffe in den natürlichen Kreislauf zurück.<br />
Schlacken mit hohen freien Kalkanteilen, die wegen der Volumeninstabilität<br />
für den Straßenbau normalerweise nicht zu gebrauchen sind,<br />
werden auf diese Weise richtig interessant.“<br />
200.000 Tonnen LiDonit könnte das Stahlwerk II im Stabilisierungsverfahren<br />
bereitstellen. Die Nachfrage, weiß Joost zu berichten,<br />
steigt. Derzeit verlassen 120.000 Tonnen stabilisierter LD-Schlacke<br />
glühend heiß jährlich das Werk, um wenige hundert Meter entfernt aus<br />
dem flüssigen Zustand in einen festen zu wechseln. Dazu sind Beete<br />
angelegt, nicht in Manier des Kleingärtners, dessen „home“ sein<br />
Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |