ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
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60 INTERVIEW<br />
denbedürfnisse erforscht, darauf aufbauend wird durch eine Kombination<br />
der vorhandenen Kompetenzen die spezifische Lösung entwickelt, mit<br />
einem zu rechtfertigenden Aufwand. Aber ich mahne an: Hinter unserem<br />
unternehmerischen Handeln muss zwingend ein wirtschaftliches Ergebnis<br />
stehen, das Wertbeiträge schafft. All die modernen Produktionsanlagen,<br />
die wir haben, sind in erster Linie ein Instrument, um Gewinne zu erwirtschaften.<br />
Nur dann übrigens werden nachhaltig Arbeitsplätze<br />
geschaffen und erhalten.<br />
Wo bleibt da die Achtung vor der Kompetenz der Ingenieure?<br />
Die stelle ich gar nicht in Abrede. Aber nicht nur die Entscheider in unserem<br />
Konzern müssen wachgerüttelt werden. Jahrzehnte lang haben die<br />
Stahlkonzerne viel zu sehr der Technologie den Vorrang gegeben. Ingenieure<br />
und Techniker besitzen jedoch eine eigene Mentalität. Sie wollen die<br />
Ergebnisse ihrer Arbeit mit Stolz publizieren. So war der Informationsaustausch<br />
in der überschaubaren Branche grenzenlos. Jeder wusste vom<br />
anderen, was er Neues entwickelt hat. Das können wir uns nicht mehr<br />
leisten. Wir arbeiten global unter äußerst harten Wettbewerbsbedingungen.<br />
Die Kunst besteht darin, über echte Innovationen zu schweigen. Entscheidend<br />
ist es, Kunden für unsere innovativen Produkte zu gewinnen.<br />
Wenn ich Sie recht verstehe, muss der Ingenieur demnach genauso Verkäufer<br />
sein?<br />
Nicht unbedingt, doch von den Ingenieuren muss ich erwarten, dass sie<br />
die Machbarkeit der Vermarktung ihrer Neuentwicklungen immer im Blick<br />
behalten. Ich orientiere mich in diesem Punkt am originären Unternehmertum<br />
der Vergangenheit. Die Beziehung Produkt – Markt – Profitabilität<br />
– Verantwortung konzentrierte sich auf einen sehr kleinen Kreis von<br />
handelnden Personen. In Großkonzernen ist dieser Regelkreis anonymisiert.<br />
Der eine forscht, der andere produziert, wieder ein anderer verkauft,<br />
jeder sieht nur sein funktionales Ressort. Damit geht das unternehmerische<br />
Zusammenspiel häufig verloren. Das darf nicht so bleiben, wir müssen<br />
zurückkehren zum Verständnis von Regelkreisläufen. Alle Verantwortlichen<br />
müssen homogen denken mit klar definierten wirtschaftlichen und<br />
technischen Zielen vor Augen.<br />
Sie sind Schirmherr eines Werkstoff-Innovationspreises, der von<br />
<strong>ThyssenKrupp</strong> und der Ruhr-Universität Bochum vergeben wird. Ist das<br />
ein Beispiel dafür, dass Sie die Werkstoffforschung aus dem Konzern verlagern<br />
wollen in die Forschungsabteilungen von Hochschulen?<br />
Technik und <strong>Werkstoffe</strong> haben Prof. h.c. (CHN) Dr. Ulrich Middelmann durch<br />
sein Berufsleben begleitet. Der 58-Jährige, seit 2001 stellvertretender<br />
Vorstandsvorsitzender der <strong>ThyssenKrupp</strong> <strong>AG</strong> und Vorstandsvorsitzender<br />
der <strong>ThyssenKrupp</strong> Steel <strong>AG</strong>, studierte Maschinenbau in Darmstadt und<br />
Wirtschaftswissenschaften in Aachen. Er promovierte 1976 an der<br />
Ruhruniversität Bochum und erhielt im September 2003 die Berufung zum<br />
Honorarprofessor der Universität Tongji in Shanghai. 1977 ging er zur<br />
Krupp Stahl <strong>AG</strong> in Bochum. 1992 wurde er zum Vorstandsmitglied der<br />
Fried. Krupp <strong>AG</strong> Hoesch-Krupp, Essen/Dortmund, berufen. Im Zuge der<br />
Fusion der Thyssen <strong>AG</strong> und der Fried. Krupp <strong>AG</strong> wurde er 1999<br />
Vorstandsmitglied der <strong>ThyssenKrupp</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |