ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
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90 VIM-OFEN<br />
als 260 Legierungen anzubieten, und wenn Forschung und Entwicklung<br />
nicht zum Stillstand kommen, wird sich die Zahl noch vergrößern. Die<br />
Schwermetalle Nickel und Kobalt herrschen als Basiselemente vor.<br />
Der Standort Unna, 1972 von den Vereinigten Deutschen Metallwerken<br />
eröffnet, hat sich in drei Jahrzehnten nicht weniger gewandelt<br />
als die übrige Welt. Der jüngste Schritt in die Zukunft liegt gerade erst<br />
ein paar Wochen zurück. Unna erhielt für rund 15 Millionen Euro einen<br />
Vakuum-Induktions-Schmelzofen, unter Fachleuten „VIM-Ofen“ genannt,<br />
was für Vacuum Induction Melting steht. Das schlichte Wort Ofen<br />
taugt nicht recht zur Beschreibung dieser 30 Meter langen und 12 Meter<br />
hohen Anlage mit einer Anschlussleistung von 7000 kVA (Kilo Volt-Ampere).<br />
Die Metallkonstruktion ist über Treppen und Plattformen begehbar.<br />
Im hochgelegenen Steuerstand lässt sich der automatische<br />
Schmelz- und Abgussprozess auf Bildschirmen verfolgen und beeinflussen.<br />
Der eigentliche Ofen, Kern der Anlage, kann mit festem oder<br />
flüssigem Material beschickt werden. Er fasst maximal 30 Tonnen und<br />
ist damit größer als alle vergleichbaren Öfen in Europa. Bei Temperaturen<br />
bis zu 1750 Grad Celsius wird das Material gleichsam unter Weltraumbedingungen<br />
eingeschmolzen. Das Vakuum ermöglicht Legierungen,<br />
die frei von Sauerstoff, Stickstoff und anderen unerwünschten<br />
Verunreinigungen sind. Wie eine gute legierte Suppe muss das<br />
Schmelzbad gerührt werden, wofür ein elektromagnetisches Rührwerk<br />
sorgt. Nach dem Abguss landet die Schmelze in transportablen Kokillen<br />
und erkaltet. Aber die entstehenden Metallblöcke sind noch nicht<br />
der Feinheit letzter Schluss. Manche <strong>Werkstoffe</strong> müssen dreimal durchs<br />
Feuer: Das heißt, in Unna warten noch zwei Umschmelzanlagen darauf,<br />
den Werkstoff weiter zu säubern, zu homogenisieren, zu veredeln. Die<br />
Endprodukte sind höchstreine Superlegierungen. Sie werden zum Beispiel<br />
für Turbinenschaufeln in Strahltriebwerken gebraucht, wo sie bei<br />
hohen Temperaturen und extremen Fliehkräften eine lange Lebensdauer<br />
erreichen müssen.<br />
LEGIERUNGEN MIT EXOTISCH KLINGENDEN NAMEN<br />
Legierungen sind für Physiker das, was Rassepferde für Züchter sind.<br />
Liest man die lange Liste ihrer Schöpfungen, so stößt man auf exotisch<br />
klingende Namen: Nicorros, Nimofer, Pernifer, Conicro, Cunifer, Magnifer.<br />
Bei genauem Hinsehen sind es freilich nur schlichte Kunstworte, zusammengesetzt<br />
aus den chemischen Zeichen der beteiligten Metalle.<br />
Ni ist Nickel, Cro ist Chrom, Fer ist Eisen. Die Legierung Nicrofer 5219<br />
besteht aus nicht weniger als elf Elementen, darunter Eisen und Molybdän,<br />
doch sind Nickel mit 52 % und Chrom mit 19 % die wichtigsten.<br />
Was sich im Schmelzwerk Unna in all den Jahren nicht geändert hat, ist<br />
die sorgsame Kennzeichnung des Materials: vor und nach dem Feuer.<br />
Es darf keine Verwechslungen geben. Unter den Metallblöcken, die in<br />
Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |