ThyssenKrupp Magazin Werkstoffe - ThyssenKrupp Elevator AG
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Die Antwort ist mehrschichtig. Zunächst arbeiten wir eng mit einer Reihe<br />
von nationalen und internationalen Universitäten zusammen, um rechtzeitig<br />
unseren Führungsnachwuchs zu rekrutieren. <strong>ThyssenKrupp</strong> beschäftigt<br />
allein in Deutschland insgesamt 8.837 Mitarbeiter mit einem<br />
Hochschulabschluss, darunter sind 6.430 Ingenieure. Da die Neigung<br />
der jungen Menschen, ein technisches Studium aufzunehmen, stark<br />
rückläufig ist, arbeiten wir mit der Ruhr-Universität Bochum an Programmen,<br />
den jungen Menschen die Attraktivität des Ingenieurberufs zu verdeutlichen.<br />
Darüber hinaus wollen wir die besonderen Leistungsträger,<br />
die diesen Studiengang begonnen haben, identifizieren. Hier ist der Werkstoff-Innovationspreis<br />
ein hervorragendes Instrument. Ich stehe mit den<br />
Verantwortlichen der Ruhr-Universität seit Jahren im Gespräch, um eine<br />
Reform der Ingenieurausbildung voran zu treiben. Die angehenden Ingenieure<br />
brauchen dringend kaufmännische Kompetenz. Als ausgebildeter<br />
Maschinenbauingenieur, der auch das Fach Wirtschaftswissenschaften<br />
studiert hat, weiß ich, wovon ich rede. Zwanzig Prozent der Studienzeit<br />
sollte zusätzlich kaufmännischen Inhalten gewidmet werden. Der Absolvent<br />
muss danach wissen, wie ein Unternehmen funktioniert, was Vertrieb<br />
bedeutet, Produktion, Beschaffung der Einsatzstoffe, Rechnungslegung<br />
und vieles mehr. Er sollte kalkulieren können, wissen, was hinter<br />
Projekt-Management steckt, was es mit Wertmanagement auf sich hat.<br />
Dann hat er auch verinnerlicht, dass sein Handeln letztlich dazu dient, den<br />
Wert eines Unternehmens zu sichern und zu mehren.<br />
Über das Mittel des Innovationspreises finden Sie dann zu dem dringend<br />
gesuchten Ingenieur-Nachwuchs, den es in Deutschland kaum gibt?<br />
Der Werkstoffpreis ist in der Tat ein geeignetes Medium, um mit jungen<br />
Menschen in Kontakt zu kommen, die für uns interessant sind. Wir suchen<br />
jedenfalls nicht primär erst unter den diplomierten Ingenieuren. Wir<br />
brauchen kreative Mitarbeiter, wie gesagt mit einem Feeling für Technik<br />
und kaufmännisches Denken. Über diesen Preis treten wir frühzeitig in<br />
einen interaktiven Dialog mit der Universität.<br />
Wo bleibt am Ende die Freiheit von Forschung und Lehre in der Universität,<br />
wenn Sie mit einer Universität kooperieren?<br />
Die Freiheit von Forschung und Lehre ist eine wichtige Funktion der Universität,<br />
die von uns respektiert wird. Jedoch kann eine Universität angesichts<br />
der leeren Kassen von Bund und Ländern nicht mehr ungehemmt<br />
zweckfrei forschen. Die öffentlichen Hände kürzen die Budgets. Daher<br />
wird der Wettbewerb unter den Unis härter. Sie müssen sich zunehmend<br />
Das TK <strong>Magazin</strong> | 1 | 2004 |<br />
INTERVIEW 61<br />
einem Ranking unterwerfen und möglichst attraktiv werden. Dann erhalten<br />
sie Mittel von Dritten. Kurz gesagt, die Universitäts-Mitarbeiter müssen<br />
Kontakt zu denen suchen, die ihnen Leistungen in geeigneter Weise<br />
finanziell honorieren. Dadurch wird Forschung und Lehre mitfinanziert.<br />
Die <strong>ThyssenKrupp</strong> <strong>AG</strong> unterhält ja viele Kooperationen zu anderen Hochschulen<br />
und Schulen. Die Mitglieder des Vorstands suchen den direkten<br />
Kontakt. Sind dies aber nicht doch unzureichende Versuche, für einen<br />
Hochtechnologiekonzern geeignete Mitarbeiter zu finden, die es – angefangen<br />
in den Schulen – immer weniger gibt?<br />
Ich stimme Ihnen darin zu, dass sich das gesamte Klima ändern müsste.<br />
Die Misere ist ungemein groß. Schüler begeistern sich immer weniger für<br />
Technik. Junge Leute lernen kaum noch Mathematik mit dem Argument,<br />
das verstehen wir nicht. Erst recht wächst dann die Phobie vor einem Ingenieurstudium,<br />
das sich in großer Tiefe mit Mathematik, Physik, Mechanik,<br />
Thermodynamik oder auch Chemie auseinandersetzt. Diese Technik-<br />
Skepsis wird durch verschlechterte politische Rahmenbedingungen<br />
verstärkt. So werden energieintensive Betriebe derzeit in Deutschland in<br />
ihrem Entfaltungsbereich durch unterschiedlichste Gesetzesvorhaben<br />
stark eingeschränkt und möglicherweise verdrängt. Dabei wird von der<br />
Politik verschwiegen, dass im nächsten logischen Schritt die Verarbeitungsindustrie<br />
in einem Zyklus von sieben bis zehn Jahren dem Weggang<br />
folgen wird. Ich habe den Eindruck, dass Juristen und Soziologen die Diskussion<br />
beherrschen. Mit ihnen und ihren Denkansätzen lässt sich jedoch<br />
keine Volkswirtschaft über Wasser halten.<br />
Wo bleibt Ihr Optimismus?<br />
Als Realist analysiere ich erst einmal die Fakten. Da müsste ich schwarz<br />
sehen für die technische Entwicklung in Deutschland. Aber ein Unternehmer<br />
muss auch die Eigenschaft Optimismus pflegen. Positiv stimmt<br />
mich, dass die Bundesregierung 2004 als Jahr der Technik geadelt hat.<br />
<strong>ThyssenKrupp</strong> beteiligt sich besonders aktiv an den verschiedenen Aktionen,<br />
die von der Bundesforschungsministerin Bulmahn initiiert werden.<br />
Denn wir müssen dringend für Technik und Innovationen werben, immer<br />
wieder. Wir müssen jungen Menschen vorführen, dass der Umgang mit<br />
<strong>Werkstoffe</strong>n Kreativität, handwerkliches Geschick und fundiertes technisches<br />
Know-how fordert und die Mitarbeit an technischen Problemlösungen<br />
ein hohes Maß an persönlicher und beruflicher Befriedigung bringt.<br />
Die Fragen stellte Heribert Klein<br />
Forscher sind die Treiber der Innovationen