58 TREFFPUNKT könnte sich also auch hinsichtlich der Nachwuchsgewinnung lohnen. Bei einem Punkt waren sich alle einig: Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Jedes Unternehmen ist einzigartig und sollte die eigenen Besonderheiten für Entwicklungen im Blick behalten. Gleichzeitig sollte nicht vergessen werden, dass viele im selben Boot sitzen und man sich durchaus kooperativ gemeinsam den aktuellen Herausforderungen stellen kann. Wartezeiten produktiv nutzen Im Workshop 2B gab es Einblicke in unternehmerisch-kreative Aktivitäten, die sich während coronabedingter Einschränkungen erst recht entfalteten. Wieder lautete die Devise: Bevor man sich in Visionen verliert, sollte man erst einmal schauen, was bereits jetzt in anderen Bereichen hervorragend funktioniert. Vertriebsmöglichkeiten über digitale Kanäle umfangreich ausschöpfen zu können, ist eine komplexe Angelegenheit. Deshalb holte sich Thyssenkrupp für Lösungsideen Digital-Natives mit ins Team. Letztendlich entstand dadurch die Idee, den Materialhandel ähnlich dem großer Online-Versandhändler anzulehnen an: „Kunden, die dies gekauft haben, interessierten sich auch für …“. Durch dieses Beispiel kreativen Datenmanagements war es möglich, der eigenen Produktpalette mehr und umfangreichere Sichtbarkeit zu verleihen. Auch das positive Kundenfeedback unterstütze die vermutete unbewusste Nachfrage in diesem Bereich. Die Frage, wie man anderen Menschen den eigenen Betrieb nahebringen kann, wenn diese doch ihr Wohnzimmer gar nicht verlassen können, stellten sich die Verantwortlichen eines Mitgliedsunternehmens der Initiative KiWi Oberrhein. Sie entwickelten mit dem „digitalen Kieswerk“ letztendlich eine Lösung aus bereits für Verbraucher bekannten und angenommenen digitale Elementen. Am PC oder auch mittels VR-Brille kann man nun den Baggersee mit Gewinnungsgerät und Aufbereitung ausgiebig virtuell erkunden. In diesem Fall brachte die Digitaltechnik ganz ohne Glanz und Glamour die geeignete Lösung. Es geht also nicht immer darum, groß zu denken, sondern geeignet zu denken. Auf diese Weise können auch gezielt Themen im wahrsten Sinne des Wortes gläsern fokussiert werden. Darüber hinaus gilt: Der Zugang zum Thema nachhaltige Rohstoffgewinnung für eine breitere Masse ist auch hier durch eine Kombinationslösung aus „Altem“ und „Neuen“ möglich. In diesem Fall durch zusätzliche Besuche in (Berufs-)Schulen oder Universitäten, im Gepäck den ISTE-Geokoffer – der manchmal am Ende sogar dagelassen wird, schlichtweg weil er auf Begeisterung trifft. Ebenso das virtuelle Kieswerk: Nach diversen Gesprächen mit Gemeinderäten entschieden manche, die imposante Rundum- und -einsicht auf ihrer Homepage zu verlinken. So zeigt sich wieder, um bestimmte Türen öffnen zu können, muss man sie manchmal zuvor selbst einbauen. Genau das gilt auch dann, wenn es darum geht, neue Vertriebswege für Körnungsprodukte in Anspruch zu nehmen. Inzwischen tummeln sich im Markt dafür allerhand Plattformen, zwischen denen zu wählen gar nicht so leicht ist. Die Befürchtung, online liefe das Geschäft nur über den Preis, muss nicht haben, wer sich für das richtige Modell entscheidet, über das dann auch der Vorteil kurzer Lieferwege im Sinne der Umwelt gut abgebildet wird. Ganzheitliche Kettenreaktionen Am abschließenden Forum-Tag lag der Fokus auf Optimierungsmöglichkeiten in bereits funktionierenden technischen Abläufen. Hier zeigte sich am Beispiel des landwirtschaftlichen Tagesgeschäfts, dass es oft nicht der Blick auf die Einzelmaschine ist, der etwas verändert, sondern der analytische Blick auf die gesamte Prozesskette. Auch die beste Technik kann Abläufe nicht optimieren, wenn schlichtweg Wartezeiten oder Flaschenhälse verantwortlich dafür sind, dass Prozesse verlangsamt werden. Die Gegebenheiten und Umstände, die dabei berücksichtigt werden sollten, können von Betrieb zu Betrieb, Region zu Region und Land zu Land variieren. Daher ist ein ganzheitlicher Blick auf alle Glieder der Prozesskette notwendig. Trotzdem bleibt die Frage: Woher weiß ich, an welcher Stelle sich eine Investition in Digitales lohnt? Als Faustregel könnte gelten: Systeme sind vor allem da wichtig, wo der Zugriff schwierig wird. Vieles Neue beginnt daher im Bergbau, weil die Maschinen größer sind, der Zugang schwieriger und der Ausfall fataler. Doch überall werden die Anforderungen an Maschinen immer strenger, die Produkte müssen sich anpassen und auch Energie wird nicht immer so verfügbar sein, wie wir es jetzt gewohnt sind, daher ist es notwendig, jetzt gute Vorbereitungen zu treffen. Zum Beispiel mit Maschinen, die dazulernen und sich anpassen. Mit Connected Equipment wie Wearmonitoring, mit dem wir Abnutzung sehen können, ohne den Brecher aufzumachen. Mit Online-Services wie der DIY-Helmbrille, vorgestellt von Magotteaux, die Technikerbesuche bald zum größten Teil optimieren bis überflüssig machen könnte. Solche Innovationen überzeugen wegen ihres Nutzwertes am Ende auch den größten Digitalmuffel. Allein schon durch die Tatsache, dass nicht Hunderte Kilometer für ein Mini-Ersatzteil zurückgelegt werden müssen. So und nur so können am Ende auch die Angst und die Hürden vor Digitalisierung überwunden werden. Im Bewusstsein, dass die Technik ja erschaffen wurde, damit wir uns Dingen widmen können, die Menschen einfach besser beherrschen als automatisierte Technik. Absolut gar keine Angst hat die Branche vor dem Thema Recycling, vielmehr steckt sie selbst mittendrin, befürwortet Fortschritte in diesem Segment, treibt sie durch eigene Initiativen selbst mit voran und ist von einer ganzen Reihe Zwitterunternehmen geprägt, die beides tun. Ein selten interessantes Beispiel stellt die bemerkenswerte Anlage in Hünxe dar, die erstens mehr kann als andere ihrer Art und zweitens auch die Ausgründung eines Sand- und Kiesunternehmens ist. Beim Rundgang an den Ständen der Fachausstellung und auf konkrete Nachfragen hin wurde deutlich, dass die Tendenz, diese technischen Hilfen bspw. auch in Form von Remote- Services anzunehmen, seit Beginn der Corona-Einschränkungen stark zugenommen hat. All das ist möglich, weil diese Branche sehr stark auch vom Vertrauen untereinander lebt: Anwender, Ausrüster und Dienstleister bilden hier noch eine Einheit, wie sie anderswo inzwischen ganz selten zu finden ist. Genau deshalb war es auch so großartig, die reale Begegnung nach langer Zeit zu erleben. Viele dankten den Veranstaltern und Organisatoren explizit für die gezeigte Nervenstärke. Für Letztere danken an dieser Stelle ebenfalls die Autorinnen des Veranstaltungsberichtes. Er ist aus lauter Freude, dabei gewesen zu sein, gewaltig lang geworden. Und das auch noch ohne separat die Referenten (oder in einzelnen Fällen Ersatzleute) und ihre Funktionen dezidiert aufzuführen. Wem diese Info fehlt, findet Aufklärung im Programm, dass sowohl auf der Internetseite von MIRO als auch unter der angegebenen Webadresse noch zur Verfügung steht. (gsz/jis) www.forummiro.de www.bv-miro.org GESTEINS Perspektiven 1 | 20<strong>22</strong>
ForumMIRO-Fachausstellung 2021 Fotos: Sven Hobbiesiefken