TRAINING Crosstraining Mut zur Vielfalt Früher einmal wurde Läufern nur Laufen und Radfahrern nur Radfahren empfohlen. Heute weiß man, dass es überaus sinnvoll ist, im Training über den Tellerrand zu blicken. Warum, verrät dieser Teil unserer „<strong>SPORTaktiv</strong> Doc“-Serie. von Christof Domenig B ist du Läufer, musst du laufen und alles andere ist Gift für deine Laufleistung. So oder ähnlich stand es sinngemäß in alten Lehrbüchern geschrieben. „Doch das stimmt einfach nicht“, veweist Sportmediziner Robert Fritz auf mittlerweile völlig andere trainings- und sportwissenschaftliche Zugänge. „Früher sagte man etwa dem Radfahren eine negative Auswirkung auf die Schrittfrequenz von Läufern nach.“ Der wahre Kern, der hinter dieser Meinung steckt: „Hat jemand überhaupt keinen Zugang zum Radfahren und setzt sich aufs Rad, wird er mit mittlerem Widerstand und 50, 60 Umdrehungen dahinkurbeln. Gute Radfahrer hingegen haben eine Trittfrequenz von 80, 90 Umdrehungen – das entspricht einer guten Schrittfrequenz beim Laufen.“ Man müsse Läufern für Radeinheiten also bloß ein paar Tipps mit auf den Weg geben: Mit bewusst höherer Trittfrequenz bei wenig Widerstand treten; der Puls soll etwa 10 bis 15 Schläge niedriger sein als beim Laufen, um den gleichen Effekt zu erzielen, dazu darf die Radeinheit etwas länger ausfallen als die Laufrunde. Schon hat man ein gelenkschonendes Grundlagentraining, das für jeden Ausdauersport passt. Grundsätzlich gilt die Faustregel: In Grundlagenphasen sind Abwechslung und alternative Trainingsmittel immer möglich und erwünscht – je näher ein Wettkampf ZUR PERSON Dr. Robert Fritz Der Sport- und Ernährungsmediziner ist einer der Gründer und medizinischer Leiter einer Unit der „Sportordination“ in Wien und einer der bekanntesten Sportärzte in Österreich. Als „<strong>SPORTaktiv</strong>-Doc“ beleuchtet er kompetent in jeder Ausgabe ein Sport- oder Ernährungsthema. www.sportordination.at rückt, desto mehr sollte man in seiner Hauptsportart spezifisch trainieren. Doch gerade das Grundlagentraining, das den Herzmuskel trainiert und das so wichtige Fundament jedes Trainingsprogramms darstellt, kann und soll auf vielerlei Arten ausgeübt werden, so Fritz. Laufen und Radfahren, Letzteres im Freien oder am Ergometer, (Nordic) Walken oder Wandern, Crosstrainer oder Ruderergometer oder im Winter Langlaufen oder Skitourengehen – einzig die persönliche Vorliebe diktiert die Wahl. Schön öfters haben wir in dieser Serie aufs moderne „polarisierte Training“ verwiesen: Viele niedrigintensive Einheiten unterhalb der aeroben Schwelle bilden die Basis, als Kontrast sind harte Belastungsspitzen gefragt, den mittleren, wenig effizienten „Wohlfühlbereich“ soll man dagegen meiden. Gerade die Grundlageneinheiten schaffen viele Hobbysportler mit anderen Sportarten als Laufen sogar besser. „Immer wieder sagen mir Läufer: Robert, so langsam kann ich gar nicht laufen, wie du es mir empfiehlst. Meine Antwort: Dann setz dich für die Grundlage auf das Ergometer, geh walken, wandern oder auch flott spazieren und mach nur die intensiven Einheiten laufend.“ Wobei auch zu beachten ist, dass es einen Mindestreiz gibt, unter dem es zu keiner Anpassung im Körper kommt, fügt Fritz hinzu, also immer die individuellen Voraussetzungen beachtet werden müssen. Wenn Radfahrer laufen Für Biker ist umgekehrt ein gelegentlicher Umstieg zum Laufen ebenfalls ein Gewinn. Ein Grund dafür ist, dass beim Immer-nur-Radeln die Stoßbelastung fehlt. Trainiert man (und Frau) immer am Rad, sitzt sonst vielleicht auch noch den ganzen Tag in einem Bürosessel, dann tut ein regelmäßiger Impact auf den Bewegungsapparat überaus gut. Frauen sind hier aufgrund eines höheren Osteoporose-Risikos ab dem 40. Lebensjahr besonders angesprochen. „Die mechanische Belastung des Laufens ist an sich etwas richtig Gutes“, räumt Fritz mit einer weiteren veralteten Lehrmeinung auf. FOTOS: Thomas Polzer, Getty Images 030
FIT WECHSELSPIEL. Es gibt gute Gründe für Läufer, manche Einheiten am Rad zu absolvieren und ebenso, als Biker auch einmal die Laufschuhe zu schnüren. 031