SPORTaktiv April 2023
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RUN<br />
Vom Hirten<br />
zum Trail-Profi<br />
Sein Training beschreibt er als „alles andere als professionell“<br />
– dafür ist der Südtiroler Karpos- Athlet Daniel<br />
Jung ganz schön erfolgreich. Vor allem lebt er seine<br />
Leidenschaft: Ultra-Trailrunning.<br />
von Nicole Hofstetter<br />
inks und rechts nur<br />
L<br />
Berge, die bis zu 2500<br />
Meter über das Tal reichen“<br />
– so beschreibt<br />
Daniel Jung seine Heimat.<br />
Aufgewachsen im<br />
Südtiroler Vinschgau, in einer<br />
traumhaften Kulisse für alle, die ihr<br />
Herz dem Bergsport geschenkt haben.<br />
Da könnte man meinen, dass<br />
die Sport-Karriere des 39-Jährigen<br />
schon früh begann. Tatsächlich ist<br />
er schon als kleiner Jung(e) gerne<br />
laufend in den Bergen unterwegs<br />
gewesen, aber weniger im sportlichen<br />
Sinn – vielmehr, um seinem<br />
Opa bei der Arbeit unter die Arme<br />
zu greifen. „In den Sommerferien<br />
war ich immer mit meinem Großvater<br />
auf der Alm und habe dort als<br />
kleiner, wilder Hirte die Tiere zurück<br />
in den Stall gebracht“, erzählt<br />
der Südtiroler von seiner Kindheit –<br />
und womöglich auch den Anfängen<br />
seiner Liebe fürs Laufen.<br />
Als die große Frage anstand,<br />
wie er seine Brötchen verdienen<br />
möchte, entschied er sich für eine<br />
Ausbildung zum Elektriker. Nach<br />
zehn Jahren in der Energie- Branche<br />
kam dann die Erleuchtung, dass es<br />
in der Jobwelt auch Tätigkeiten gibt,<br />
die mehr seinen Freizeitaktivitäten<br />
entsprechen. Also versuchte Jung<br />
sich als Mountainbike-Guide und<br />
Saunameister. 2014 kam der Switch<br />
zum Ultra-Traillauf: „Mittlerweile<br />
ZUR PERSON<br />
Daniel Jung<br />
Der 39-Jährige ist geboren und aufgewachsen<br />
im Vinschgau in Südtirol. Mit<br />
30 Jahren hat er das Trailrunning für<br />
sich entdeckt. Ein paar seiner größten<br />
Erfolge sind Siege beim Südtirol<br />
Ultra Skyrace 2016 mit einem neuen<br />
Streckenrekord, beim Ultra Trail Atlas<br />
Toubkal 2017 und beim La Diagonale<br />
des Fous 2021.<br />
danieljung.jimdofree.com<br />
betreibe ich seit fast neun Jahren<br />
diesen wunderbaren Sport. Ich habe<br />
damals den Wechsel vom Bike zum<br />
Trailrunning gemacht, da ich dort<br />
nicht mehr so viel Freude hatte und<br />
irgendwie die Motivation verloren<br />
ging.“ Diese Entscheidung hat er bis<br />
heute an keinem Tag bereut: Mit diesem<br />
ersten Schritt Richtung professionelles<br />
Trailrunning hat Jung seine<br />
große Passion gefunden.<br />
Inzwischen blickt der 39-Jährige<br />
auf 18 Jahre Leistungssport zurück.<br />
Sein Trainingsgeheimnis, das<br />
ihn über diese durchaus lange Zeit<br />
motiviert blieben ließ? „Ich bin zwar<br />
Profi-Athlet, doch mein Training ist<br />
alles andere als professionell. Ich<br />
mache Sport immer dann, wenn ich<br />
gerade Lust darauf habe. Eigentlich<br />
ohne richtigen Plan.“ Und sollte das<br />
nicht ganz so durchgeplante Training<br />
doch einmal härter werden, besinnt<br />
sich Jung immer gerne auf seine<br />
Liebe für die Natur und die<br />
Schönheit der Berge.<br />
Der Reiz, an Grenzen zu stoßen<br />
Diese Schönheit findet der Südtiroler<br />
auch in der Sportart selbst wieder.<br />
Die Kombination aus dem Draußensein<br />
und der Möglichkeit, viel<br />
Neues in möglichst kurzer Zeit zu<br />
entdecken, macht für ihn das Trailrunning<br />
aus. „Es ist toll, wenn man<br />
fit genug ist, um bestimmte Wege,<br />
für die die meisten Menschen eine<br />
Woche brauchen, innerhalb eines Tages<br />
zurückzulegen. Dadurch kann<br />
ich in kürzester Zeit unglaublich<br />
viel erleben und entdecken.“<br />
Diese Faszination erklärt auch<br />
Jungs Spezialität: das Ultra-Trailrunning,<br />
das Bewältigen von besonders<br />
langen Strecken im Gelände.<br />
Erst im Vorjahr belegte er beim<br />
Hardrock 100 den 4. Platz. Wobei die<br />
Zahl 100 im Event-Namen des<br />
US-Trailrun-Klassikers in Colorado<br />
nicht für Kilometer, sondern für<br />
Meilen (also ca. 160 km) steht. Den<br />
Reiz, eine solche Strecke zurückzulegen,<br />
sieht der Südtiroler vor allem<br />
darin, immer wieder aufs Neue an<br />
körperliche und mentale Grenzen zu<br />
stoßen: „Das ist wie eine Sucht. Es<br />
ist manchmal extrem schmerzhaft<br />
und zugleich hat man dabei Gefühle,<br />
die man sonst nicht so erleben<br />
kann.“ Jeder Ultralauf sei eine Art<br />
Expedition mit ständig neuen Herausforderungen.<br />
Stolz macht ihn der Sieg beim<br />
„La Diagonale des Fous 2021“ auf<br />
der Insel La Réunion. „Ich habe<br />
sechs Jahre gewartet, um mich dieser<br />
Herausforderung zu stellen, und<br />
dann konnte ich das auch noch gewinnen.<br />
Dort ging ein Traum in Erfüllung.“<br />
Ziele hat Daniel Jung freilich<br />
noch so einige – nicht nur Wettkämpfe<br />
betreffend. Er denkt etwa<br />
daran, malerische Fernwanderwege<br />
laufend zurückzulegen. Besonders<br />
die Idee, den klassischen Pfad von<br />
München nach Venedig zu bestreiten,<br />
hat es ihm angetan.<br />
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