Fachzeitschrift des Deutschen Karate Verbandes e.V. - Chronik des ...
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<strong>Karate</strong> als sanfter Zugang<br />
<strong>Karate</strong> erstmalig bei Schweizer Kids<br />
mit Blutererkrankung eingesetzt<br />
In der letzten Juliwoche machte sich ein motiviertes<br />
Kompetenzteam (Marco Herbsleb,<br />
Ulrike Buhl, Ralf und Robert Ziezio) im Auftrag<br />
der Sportmedizin Jena auf in die Schweiz,<br />
um das jährlich stattfindende Ferienlager für<br />
Kinder mit Hämophilie (Blutererkrankung) zu<br />
unterstützen.<br />
Siegerehrung im Ferienlager<br />
für Kinder mit Hämophilie<br />
Insgesamt 27 hämophilie Kinder von 4 bis 16 Jahren<br />
trafen sich dieses Jahr im idyllischen Gluringen<br />
(Schweizer Kanton Wallis). Das Krankheitsbild,<br />
„Hämophilie”, zeichnet sich durch einen erblich<br />
bedingten Mangel an Gerinnungsfaktoren aus. Die<br />
Folgen dieser Krankheit sind äußere und innere Blutungen,<br />
die bei falscher Behandlunginvalidisierende<br />
oder lebensbedrohliche Ausmaße annehmen können.<br />
Nur durch Injektionen der fehlenden Faktoren<br />
Sachsen<br />
kann in diesem Fall die Gerinnung adäquat gesteuert<br />
werden. Die Gefahr von auftretenden Blutungen<br />
durch traumatische Ereignisse ist bei Kindern sehr<br />
hoch, da deren Bewegungsdrang sowie das Erfahren<br />
ihrer aktuellen Umwelt ein funktionieren<strong>des</strong><br />
Gerinnungssystem benötigt. Es ist häufig ein Spagat<br />
zwischen Schutz vor Verletzungen einerseits und<br />
der Ermöglichung einer weitgehend normalen Entwicklung<br />
der Kinder andererseits.<br />
Seit bereits vier Jahren unterstützen die Jenaer<br />
Sporttherapeuten vom Lehrstuhl für Sportmedizin<br />
das ehrgeizige Projekt <strong>des</strong> Schweizer Kinderarztes<br />
Dr. Rainer Kobelt. In jedem Jahr steht dieses Kinderferienlager<br />
unter einem speziellen Motto. Letztes<br />
Jahr wurde beispielsweise ein erfahrener Schweizer<br />
Outdoor-Experte engagiert, der den Kindern viele<br />
Aspekte im Umgang und Leben mit der Natur nahe<br />
brachte. Auch für das Jahr 2007 stand wieder ein<br />
gewagtes Ziel zur Umsetzung an. Die beiden<br />
Rochlitzer, Ralf und Robert Ziezio, wurden gebeten<br />
explizit für hämophilie Kinder ein angepasstes <strong>Karate</strong>trainingsprogramm<br />
zu entwickeln und durchzuführen.<br />
Der besondere Reiz war dabei, dass Kontakt-Sportarten<br />
wie <strong>Karate</strong> als sehr risikoreiche<br />
sportliche Aktivitäten für hämophilie Personen<br />
gelten. Natürlich mussten Ralf und Robert einen<br />
sanften Zugang zur Ausübung der <strong>Karate</strong>kunst<br />
wählen. Vordergründig wurden vielseitige koordinative<br />
und konditionelle Fähigkeiten geschult. Aber<br />
auch der Spaß bei dem Kennen lernen der fernöstlichen<br />
Sportart und die zugrunde liegende Disziplin<br />
waren zentrale Pfeiler <strong>des</strong> Sportprogramms. Um<br />
eine weitgehend funktionelle Vorgehensweise zu<br />
gewährleisten, wurden die einzelnen sportlichen<br />
Robert Ziezio, Enea Atroce und Ralf Ziezio (von links)<br />
Siegerehrung<br />
im Ferienlager<br />
für Kinder<br />
mit Hämophilie<br />
Länder<br />
Inhalte sehr genau von den beiden Rochlitzer <strong>Karate</strong>sportlern<br />
geplant und diskutiert. Besonders durch<br />
die eingebrachte sporttherapeutische Erfahrung von<br />
Marco Herbsleb war diese exzellente Umsetzung<br />
eines solchen sportlichen Events überhaupt erst<br />
möglich geworden.<br />
Den Abschluss <strong>des</strong> Ferienlagers bildete ein kleiner<br />
Wettkampf, wo das Gelernte von einer dreiköpfigen<br />
Jury bewertet wurde. Mit einer einstudierten Kür<br />
versuchten die Kids in altersgerechten Dreier-Gruppen<br />
gegeneinander anzutreten. Am Ende konnte<br />
jeder entweder eine Gold-, Silber- oder Bronzemedaillen<br />
sein Eigen nennen. Das Beeindruckende war<br />
aber nicht nur der Wettstreit an sich, sondern das<br />
Strahlen der kleinen Kinderaugen, denn sie durften<br />
eine für sie eigentlich nicht zu empfehlende Sportart<br />
ausüben.<br />
Für das Sport- und Therapeutenteam war es eine<br />
tolle Erfahrung erleben zu dürfen, wie diese Kinder<br />
voller Offenheit, Vertrauen, Disziplin, Freude und<br />
Fürsorge miteinander agierten und handelten.<br />
Robert Ziezio meinte dazu: „Es ist einfach schön zu<br />
sehen, dass durch Sport und Bewegung das Selbstwertgefühl<br />
und das Verantwortungsbewusstsein<br />
positiv beeinflusst werden kann.” Auch <strong>Karate</strong> in<br />
einer abgewandelten sanften Form kann es ermöglichen,<br />
dass Kinder mit Hämophilie lernen, was es<br />
heißt selbst Regie und Verantwortung in ihrem<br />
Leben zu übernehmen.<br />
www.karate-and-fun.de<br />
Bericht: Ralf Ziezio<br />
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