Zwischen Öko-Dumping und First-Mover-Vorteilen - Institut für ...
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Kap. 6: Eine explorative Anwendung auf die Osterweiterung der EU 85<br />
6. Eine explorative Anwendung auf die Osterweiterung der EU<br />
Eine wichtige politische Implikation einiger der vorgestellten theoretischen Ansätze, die von<br />
herkömmlichen Ansätzen abweicht, ist, daß unter bestimmten Umständen eine Koordination<br />
<strong>und</strong> zumindest partielle Harmonisierung der Umweltpolitiken selbst bei nationalen<br />
Umweltproblemen sinnvoll sein kann, um einem Wettlauf nach unten aus handelspolitischen<br />
Rent-Shifting-Motiven vorzubeugen. Ein Feld, in dem diese Frage eine wichtige Rolle spielt, ist<br />
die Europäische Integration. Aktuell geht es hier darum, wie im Rahmen der geplanten<br />
Osterweiterung der Europäischen Union mit den bestehenden differierenden Umweltstandards<br />
verfahren wird. Dieser Prozeß soll im folgenden als explorativer Anwendungsgegenstand<br />
dienen, an dem Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen der dargestellten Ansätze ein Stück weit aufgezeigt<br />
werden können. Eine eingehendere empirische Überprüfung, die allerdings vor erheblichen<br />
Datenproblemen steht, kann hierdurch allerdings nicht ersetzt werden.<br />
Dazu wird zunächst kurz ein Blick auf die Umweltpolitik der EU selbst geworfen, <strong>für</strong> die der<br />
skizzierte theoretische Rahmen besonders relevant sein müßte. Dann wird die Rolle der<br />
Umweltpolitik im Prozeß der Osterweiterung kurz charakterisiert <strong>und</strong> aus der Perspektive der<br />
vorgestellten Ansätze interpretiert. Schließlich wird versucht, anhand von empirischen Daten<br />
auszuloten, ob <strong>und</strong> inwiefern die abgeleitete gr<strong>und</strong>sätzliche Ratio <strong>für</strong> eine teilweise<br />
Harmonisierung auch hier<strong>für</strong> Geltung beanspruchen darf.<br />
6.1. Die Ausgangssituation: Umweltpolitik in der Europäischen Union<br />
In der Europäischen Union liegen a priori viele Bedingungen vor, die eine empirische Relevanz<br />
der vorgestellten theoretischen Ansätze vermuten lassen: Insbesondere ist die Integration der<br />
bisher 15 Mitgliedsstaaten soweit fortgeschritten, daß <strong>First</strong>-Best-Instrumente der Handelspolitik<br />
untereinander inzwischen kaum noch verfügbar sind. Selbst Subventionen unterliegen einer<br />
zunehmend strikten Kontrolle. Dies gilt auch <strong>für</strong> Umweltsubventionen. Diese werden nur<br />
insoweit genehmigt, wie sie nicht zu einer Produktionskostensenkung führen 1 . Gleichzeitig ist<br />
ein großer Teil des Außenhandels der Staaten innergemeinschaftlicher Handel. Es könnte<br />
daher durchaus ein Anreiz <strong>für</strong> die einzelnen Staaten entstehen, Umweltpolitik als Instrument<br />
strategischer Handelspolitik einzusetzen <strong>und</strong> <strong>Öko</strong>-<strong>Dumping</strong> in Erwägung zu ziehen.<br />
Auch sonst erscheint der theoretische Rahmen <strong>für</strong> die EU-Staaten angemessen. Diese sind<br />
(bisher noch) relativ homogene Industriestaaten, unvollkommener Wettbewerb <strong>und</strong><br />
intraindustrieller Handel sind eher die Regel als die Ausnahme, Umweltschutz stellt zumindest<br />
in manchen Branchen einen relevanten Kostenfaktor dar (siehe hierzu Abschnitt 6.3.) <strong>und</strong> mit<br />
dem Euro sind auch Wechselkurse <strong>und</strong> Zinsdifferentiale zwischen dem Großteil der<br />
Mitgliedsstaaten als Einflußgrößen weggefallen 2 . Der inzwischen weit fortgeschrittene Prozeß<br />
in Richtung Binnenmarkt verringert allerdings Handels- <strong>und</strong> Transportkosten, so daß<br />
Argumente, die sich hierauf berufen, <strong>für</strong> die EU an Relevanz verlieren.<br />
Wenn die Perspektive der Neuen Außenwirtschaftstheorie auf Umweltpolitik zutreffend ist,<br />
müßten unter diesen Bedingungen insbesondere folgendes empirisch vorzufinden sein:<br />
1 Vgl. <strong>für</strong> ein aktuelles Beispiel im Stahlsektor die Pressemitteilung IP/99/208 der EU-Kommission vom<br />
30.3.1999.<br />
2 Vgl. hierzu als Gr<strong>und</strong>lage den EG-Vertrag in der Fassung von Amsterdam, insbesondere Art. 4, 14<br />
<strong>und</strong> 91ff.