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[PDF] Skinheads und Rechtsextremismus (2001) - Jugendarbeit.ch

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Willems-Studie<br />

In seiner Untersu<strong>ch</strong>ung von Straf- <strong>und</strong> Gewalttaten kommt Willems zu folgenden Ergebnissen:<br />

o Ca. ein Drittel aller Tatverdä<strong>ch</strong>tigen 1992/93 (31,3 %/1991/92: 36,2 %) waren unter 18 Jahre alt; 20<br />

Jahre <strong>und</strong> jünger 61,2% (1991/92: 75,3%), unter 25 Jahre alt waren 79,2% (1991/92: 91,6%). Der mit<br />

20,8% mehr als doppelt so hohe Anteil der über 25jährigen ist ni<strong>ch</strong>t nur ein Effekt des Älterwerdens<br />

der Tatverdä<strong>ch</strong>tigen, sondern wesentli<strong>ch</strong> darauf zurückzuführen, dass im Laufe der Eskalationen <strong>und</strong><br />

Mobilisierungsphasen der Jahre 1992/93 (Pogrome <strong>und</strong> Fanaltaten in Hoyerswerda, Rostock, Mölln,<br />

Solingen) neue, ältere Tätergruppen aktiver wurden als dies zu Beginn der fremdenfeindli<strong>ch</strong>en<br />

Eskalationswellen 1991 der Fall war. Diese älteren Tätergruppen unters<strong>ch</strong>eiden si<strong>ch</strong> signifikant von<br />

den jüngeren dur<strong>ch</strong> eine hohe Arbeitslosenquote (42,4% der 25-29jährigen) sowie dur<strong>ch</strong> eine hohe<br />

Kriminalitätsbelastung.<br />

o Nur ca. 5,1% (1991/92: 3,7%) der ausgewerteten Ermittlungsakten waren Ermittlungen gegen<br />

Frauen; die eigentli<strong>ch</strong>e fremdenfeindli<strong>ch</strong>e Straf- <strong>und</strong> insbesondere Gewalttat ist na<strong>ch</strong> wie vor ein<br />

männertypis<strong>ch</strong>es Verhalten.<br />

o Bei den Tatverdä<strong>ch</strong>tigen wurde eine klare Dominanz niedriger <strong>und</strong> mittlerer Bildungsabs<strong>ch</strong>lüsse<br />

deutli<strong>ch</strong>, die weit über den dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>en Werten für diese Bildungsabs<strong>ch</strong>lüsse unter<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en insgesamt liegen; ca. 60% (1991/92: 62,3%) hatten zur Tatzeit einen<br />

Haupts<strong>ch</strong>ulabs<strong>ch</strong>luss, 17,9% (1991/92: 20,1%) die Mittlere Reife, 1,9% (1991/92: 1,4%) Abitur,<br />

13,7% (1991/92: 12,2%) hatten (no<strong>ch</strong>) keinen Abs<strong>ch</strong>luss.<br />

o Der statistis<strong>ch</strong>e Anteil der zur Tatzeit Arbeitslosen (wobei S<strong>ch</strong>üler- <strong>und</strong> Azubi-Effekte in den<br />

betreffenden Altersgruppen zu berücksi<strong>ch</strong>tigen sind) lag 1992/93 mit insgesamt 23,9% (bei den 21-<br />

24jährigen: 30%) zwar deutli<strong>ch</strong> über der dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>en Arbeitslosenquote der Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

insgesamt, war aber keineswegs so dominant, wie dies in der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> öffentli<strong>ch</strong>en<br />

Diskussion angenommen wird; denno<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>einen Frustrationen <strong>und</strong>/oder Orientierungslosigkeiten<br />

dur<strong>ch</strong> Arbeitslosigkeit oder dur<strong>ch</strong> erwartete künftige Arbeitslosigkeit eine - aber eben nur eine -<br />

potentielle Ursa<strong>ch</strong>e für fremdenfeindli<strong>ch</strong>e Straftaten zu sein.<br />

o Der Anteil der Tatverdä<strong>ch</strong>tigen mit ges<strong>ch</strong>iedenen, getrennt lebenden oder wiederverheirateten Eltern<br />

lag 1992/93 mit insgesamt 24,5% keineswegs deutli<strong>ch</strong> höher als im Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt der Bevölkerung.<br />

Insofern haben unvollständige Familienstrukturen <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>eidungserfahrungen für si<strong>ch</strong> allein offenbar<br />

keine auss<strong>ch</strong>laggebende Bedeutung für die Erklärung fremdenfeindli<strong>ch</strong>er Straftaten.<br />

o Aufgr<strong>und</strong> der Selbstzuordnung oder der Zuordnung dur<strong>ch</strong> die Polizei (Mehrfa<strong>ch</strong>nennungen waren<br />

mögli<strong>ch</strong>) gehörten 1992/93 18,5% (15-17jährige: 7%, 18-20jährige: 23,5%) der Tatverdä<strong>ch</strong>tigen einer<br />

re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Gruppe oder Organisation, 21,8% einer Skinheadgruppe, 21,4% einer Gruppe<br />

mit fremdenfeindli<strong>ch</strong>en Zielen <strong>und</strong> 51,2% informellen Gruppen <strong>und</strong> Freizeitcliquen an.<br />

o 1992/93 wurden nur etwas mehr als 20% der fremdenfeindli<strong>ch</strong>en Straftaten von Einzeltätern verübt<br />

(1991/92: nur 6,2%). Gruppendynamis<strong>ch</strong>e Prozesse s<strong>ch</strong>einen also eine gewissen Rolle zu spielen.<br />

Fremdenfeindli<strong>ch</strong>e Straftaten sind in der Mehrzahl eher auf spontane Ents<strong>ch</strong>lüsse <strong>und</strong> situative<br />

Eskalationen zurückzuführen. Dafür spri<strong>ch</strong>t u.a. au<strong>ch</strong> die hohe Anzahl von alkoholisierten Tätern:<br />

67,2% in 1992/93.<br />

o In einer Reihe von Fällen (1991/92) wurde der Stimulierung über Musik, konkreter über Musik mit<br />

re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en, rassistis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> gewaltbezogenen Inhalten, eine zentrale Rolle für die<br />

situative Entwicklung von Gewaltbereits<strong>ch</strong>aften beigemessen, <strong>und</strong> zwar ni<strong>ch</strong>t nur bei politis<strong>ch</strong><br />

orientierten re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Gruppierungen, sondern au<strong>ch</strong> in der Skinhead-Szene sowie in<br />

Fre<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Freizeitcliquen; dur<strong>ch</strong> die Präsentation entspre<strong>ch</strong>ender Feindbilder, die Freigabe<br />

bestimmter Opfergruppen zur Aggression, dehumanisierende Äußerungen, Tötungs-, Vertreibungs<strong>und</strong><br />

Verni<strong>ch</strong>tungsparolen in den Texten wurden aggressive Handlungsbereits<strong>ch</strong>aften offenbar weiter<br />

verstärkt <strong>und</strong> konkretisiert.<br />

Heitmeyer/Müller-Studie<br />

o Während die Willems-Studie eher dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>e familiäre Hintergründe bei den Tatverdä<strong>ch</strong>tigen<br />

(fremdenfeindli<strong>ch</strong>e Straf- eins<strong>ch</strong>l. Gewalttaten) feststellte, kamen Heitmeyer/Müller zu dem Ergebnis,<br />

dass der Anteil speziell der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong> bzw. fremdenfeindli<strong>ch</strong> motivierten Gewalttäter aus<br />

sogenannten »broken home«-Verhältnissen (meist S<strong>ch</strong>eidung der Eltern) mit mehr als der Hälfte<br />

überdur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong> ho<strong>ch</strong> war. Und sogar innerhalb »vollständiger« Familien war offenbar nur eine<br />

kleine Minderheit der untersu<strong>ch</strong>ten Gruppe von familiärer Desintegration (mangelnde<br />

si<strong>ch</strong>erheitsgebende Unterstützungen <strong>und</strong> Verlässli<strong>ch</strong>keiten in der Familie, psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>-emotionale<br />

Beziehungen etc.) vers<strong>ch</strong>ont geblieben.<br />

o Das Trierer Ergebnis einer insgesamt unterdur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>en Bildungsqualifikation<br />

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