[PDF] Skinheads und Rechtsextremismus (2001) - Jugendarbeit.ch
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<strong>und</strong> Skinhead-Szene bekannt.<br />
Na<strong>ch</strong>dem das Quartett zu den Symbolfiguren des deuts<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tsrock avanciert war, rückte die Gruppe<br />
seit 1988 von der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Skinhead-Musikszene ab <strong>und</strong> versteht si<strong>ch</strong> seitdem als Heavy-<br />
Metal-Band. Sie su<strong>ch</strong>te in der Folgezeit das Gesprä<strong>ch</strong> mit Kulturpolitikern <strong>und</strong> Gewerks<strong>ch</strong>aften, um die<br />
eigene »Läuterung« au<strong>ch</strong> anderen zu Rassismus <strong>und</strong> Gewaltbereits<strong>ch</strong>aft neigenden Jugendli<strong>ch</strong>en zu<br />
demonstrieren. Unter anderem trat die Gruppe bei Konzerten gegen Fremdenfeindli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong><br />
<strong>Re<strong>ch</strong>tsextremismus</strong> in Bremen <strong>und</strong> Frankfurt/Main auf. In der subkulturellen Skinhead-Szene galten sie<br />
fortan als »linke S<strong>ch</strong>weine«, bei den Linken als »Wölfe im S<strong>ch</strong>afpelz«, weil sie ihren Namen <strong>und</strong> ihre<br />
kompromisslose Attitüde ni<strong>ch</strong>t ablegten.<br />
Na<strong>ch</strong> ihrer Tournee von 1995 führten die »Böhsen Onkelz« au<strong>ch</strong> 1996 eine Deuts<strong>ch</strong>land-Tournee dur<strong>ch</strong>,<br />
die am 17. Oktober 1996 in Emden startete <strong>und</strong> dur<strong>ch</strong> 24 weitere Städte führte, u.a. am 21. November<br />
1996 dur<strong>ch</strong> Düsseldorf (Philipshalle) <strong>und</strong> am 23. November 1996 dur<strong>ch</strong> Dortm<strong>und</strong> (Westfalenhalle).<br />
An dem Konzert in der Düsseldorfer Philipshalle nahmen etwa 7.000 Besu<strong>ch</strong>er teil. Veranstalter <strong>und</strong><br />
Bandmitglieder wehrten si<strong>ch</strong> energis<strong>ch</strong> gegen Versu<strong>ch</strong>e, mit re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>er Musik in<br />
Zusammenhang gebra<strong>ch</strong>t zu werden. Der Si<strong>ch</strong>erheitsdienst der Band zeigte si<strong>ch</strong> gegenüber der Polizei<br />
sehr kooperativ. So wurde u.a. der frühere Bandleader <strong>und</strong> Texter der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Gruppe<br />
»Störkraft« des Saales verwiesen, als seine Anwesenheit bekannt wurde. Mit markigen Metaphern wie<br />
»gehasst, verdammt, vergöttert« <strong>und</strong> »I<strong>ch</strong> mö<strong>ch</strong>te lieber stehend sterben als lügen«, sieht si<strong>ch</strong> die Band<br />
heute mehr als Diffamierungsopfer. Deutli<strong>ch</strong> wirkt das Trauma der einst stigmatisierten Band in die Songs<br />
hinein. Sie versu<strong>ch</strong>t, si<strong>ch</strong> praktis<strong>ch</strong> mit immer neuen Befreiungss<strong>ch</strong>lägen aus der vermeintli<strong>ch</strong>en Isolation<br />
zu befreien. Ihren Ansagen zwis<strong>ch</strong>en den Songs waren Fragmente zu entnehmen, wie »Wir sagen, was<br />
si<strong>ch</strong> keiner traut«, »Wir gegen den Rest der Welt«, »Wir bringen es auf den Punkt«. Nur was sie auf den<br />
Punkt bringen wollte, blieb nebulös. So spra<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> der Bassist der Band mehrfa<strong>ch</strong> gegen Gewalt aus,<br />
wobei er eine Gruppe von Tobenden als »hirnlose Idioten« bezei<strong>ch</strong>nete. Aber glei<strong>ch</strong> darauf spielten sie<br />
den gewaltverherrli<strong>ch</strong>enden Titel »Kneipenterroristen«, einen eben von dieser »Idiotenszene« geliebten<br />
Song. Trotz dieser gewissen Ambivalenz, der eventuell ökonomis<strong>ch</strong>e Interessen zugr<strong>und</strong>e liegen, ist das<br />
Abrücken der Band von der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Szene dur<strong>ch</strong>aus glaubwürdig. So verfolgte die Band ein<br />
deutli<strong>ch</strong> distanzierendes Verhalten gegenüber Re<strong>ch</strong>tsextremisten bei ihren weiteren Konzerten/Tourneen<br />
am<br />
o 7. September 1997 in Essen<br />
o 10. Oktober 1998 in Oberhausen<br />
o 9. November 1998 in Dortm<strong>und</strong><br />
o 12. November 1998 in Düsseldorf<br />
o 2. Juni 1999 in Dortm<strong>und</strong><br />
o 16./17. Mai 2000 in Dortm<strong>und</strong>.<br />
Bei letztgenannten Konzert wurden strenge Einlasskontrollen veranlasst, da in der Homepage der<br />
»Jungen Nationaldemokraten« (JN), ein Aufruf zum Konzertbesu<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>ienen war mit der Aufforderung,<br />
den »Nationalismus in die Konzerntsäle« zu tragen. Ob der Aufruf tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von den JN eingestellt<br />
wurde, ist zweifelhaft.<br />
Zusammenfassung<br />
In den aktuellen Liedtexten der Gruppe »Böhse Onkelz« werden keine Anhaltspunkte für<br />
re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>e Bestrebungen gesehen.<br />
Ältere Liedtexte der Gruppe sind von der B<strong>und</strong>esprüfstelle für jugendgefährdende S<strong>ch</strong>riften indiziert.<br />
Die Gruppe hat diese Titel bei den Konzerten in NRW ni<strong>ch</strong>t gesungen. Soweit bekannt ist, wurden diese<br />
Titel au<strong>ch</strong> bei den Konzerten der letzten Tournee außerhalb NRW's ni<strong>ch</strong>t aufgeführt.<br />
Gerade diese Titel sind allerdings in der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Skinhead-Szene beliebt. Sie werden dur<strong>ch</strong><br />
den re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Versandhandel weiterhin, teilweise au<strong>ch</strong> als Raubkopien, verbreitet.<br />
3.3 Fanzines<br />
»Fanzines« sind neben Skinhead-Konzerten das zweite Kommunikationsmittel, das »gemeinsame Werte«<br />
vermittelt <strong>und</strong> damit für die größtenteils no<strong>ch</strong> jugendli<strong>ch</strong>en Anhänger identitätsstiftend wirkt. Der Begriff<br />
»Fanzine« - vereinzelt au<strong>ch</strong> »Zine« - stammt aus dem Englis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> stellt eine Wortneus<strong>ch</strong>öpfung aus<br />
den Begriffen »fan« <strong>und</strong> »magazine« dar. Dabei handelt es si<strong>ch</strong> um Druckwerke, die meistens<br />
Informationen über Konzerte von Skinhead-Bands enthalten sowie Neuers<strong>ch</strong>einungen <strong>und</strong><br />
Bezugsadressen der entspre<strong>ch</strong>enden Tonträger. Darüber hinaus informieren sie über szenetypis<strong>ch</strong>e<br />
Aktivitäten wie Skinhead-Treffen <strong>und</strong> Feten. Leserbriefe <strong>und</strong> Reaktionen hierauf sorgen für eine<br />
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