[PDF] Skinheads und Rechtsextremismus (2001) - Jugendarbeit.ch
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offener mit der gewaltbereiten Neonazi- <strong>und</strong> <strong>Skinheads</strong>zene. So war es mittlerweile übli<strong>ch</strong> geworden,<br />
dass führende Neonazis auf sol<strong>ch</strong>en K<strong>und</strong>gebungen Redere<strong>ch</strong>t erhielten. Die enge Kooperation zwis<strong>ch</strong>en<br />
NPD, Neonazis <strong>und</strong> <strong>Skinheads</strong> zeigte si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bei der Aufsehen erregenden Demonstration am 29.<br />
Januar 2000 in Berlin. Die im Namen einer »Bürgerinitiative« gegen das Holocaust-Mahnmal angemeldete<br />
Demonstration wurde von ca. 500 - 700 Neonazis, <strong>Skinheads</strong> <strong>und</strong> NPD-Anhängern beherrs<strong>ch</strong>t, die u. a.<br />
mit wehenden NPD-Fahnen dur<strong>ch</strong> das Brandenburger Tor zogen.<br />
Au<strong>ch</strong> die Aussagen in dem Positionspapier »Das strategis<strong>ch</strong>e Konzept der NPD« vom Oktober 1997,<br />
wona<strong>ch</strong> die NPD keine Probleme habe, mit Skinhead-Gruppen zusammenzugehen, wenn diese »sehr<br />
wertvollen jungen Mens<strong>ch</strong>en, die es für den Wiederaufbau der Volksgemeins<strong>ch</strong>aft zu gewinnen gilt«,<br />
bereit seien, »als politis<strong>ch</strong>e Soldaten zu denken <strong>und</strong> zu handeln«, beweisen glei<strong>ch</strong>falls, dass die Partei<br />
<strong>Skinheads</strong> als natürli<strong>ch</strong>e Bündnispartner sieht <strong>und</strong> diese Szene innerhalb des <strong>Re<strong>ch</strong>tsextremismus</strong> für ihr<br />
Vorgehen instrumentalisieren will.<br />
Abgesehen von der Mitwirkung von <strong>Skinheads</strong> an NPD-Demonstrationen setzt die Partei derartige<br />
Gruppen au<strong>ch</strong> gezielt als Ordner bei ihren Veranstaltungen ein.<br />
Ein differenziertes Bewertungss<strong>ch</strong>ema zwis<strong>ch</strong>en Neonazis <strong>und</strong> <strong>Skinheads</strong> gibt es ni<strong>ch</strong>t. Die<br />
Unters<strong>ch</strong>eidung <strong>Skinheads</strong>/Neonazis ergibt si<strong>ch</strong> aus dem Grad der Einbindung der <strong>Skinheads</strong> bei<br />
neonazistis<strong>ch</strong>en Organisationen, aus dem Umfang ihrer politis<strong>ch</strong>en Aktivitäten <strong>und</strong> der Intensität ihrer<br />
Politisierung. Mitunter sind die Übergänge fließend. Es sind ni<strong>ch</strong>t wenige Neonazis ehemalige <strong>Skinheads</strong>,<br />
die au<strong>ch</strong> weiterhin Kontakte zu weniger politisierenden <strong>Skinheads</strong> pflegen. Zumindest kann gesagt<br />
werden, dass <strong>Skinheads</strong>, die der »Blood and Honour«-Bewegung <strong>und</strong> der »Hammer«-Skin-Szene<br />
angehören, au<strong>ch</strong> als Neonazis zu bewerten sind, da beide Bewegungen in ihrer ideologis<strong>ch</strong>en Zielsetzung<br />
rassistis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> neonazistis<strong>ch</strong> geprägt sind.<br />
3.1.6 Instrumentalisierungsversu<strong>ch</strong>e<br />
Au<strong>ch</strong> ein (am 22. November 1997 tödli<strong>ch</strong> verunglückter) Aktivist der »Sauerländer Aktionsfront« (SAF)<br />
hatte das kommerzielle Potential der Skinhead-Szene für si<strong>ch</strong> entdeckt (wie s<strong>ch</strong>on andere vor ihm, z.B. in<br />
NRW Herbert Egoldt, Torsten Lemmer, Dieter Ko<strong>ch</strong>, Manfred Rouhs <strong>und</strong> Sas<strong>ch</strong>a Wagner sowie<br />
neuerdings Bernd Stehmann). Die Kenntnis der re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Szene, ihrer Personen <strong>und</strong><br />
Zusammenhänge gehört zu dem notwendigen Know-how eines Gewerbetreibenden, der in dem offenbar<br />
expandierenden, wenn au<strong>ch</strong> verglei<strong>ch</strong>sweise kleinen Marktsegment der Skin-Musik seinen Erfolg su<strong>ch</strong>t<br />
<strong>und</strong> mit ziemli<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>erheit au<strong>ch</strong> findet. Die Werbung für die »Sauerländer Tonträgerproduktion« in<br />
re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Pamphleten, mit dem Management von interessierten Musikern <strong>und</strong> der Produktion<br />
von Tonträgern »die Bewegung« zu fördern, verdeutli<strong>ch</strong>t geradezu sinnbildli<strong>ch</strong> Verfle<strong>ch</strong>tungen von<br />
Skinmusik <strong>und</strong> <strong>Re<strong>ch</strong>tsextremismus</strong>: Der ges<strong>ch</strong>äftli<strong>ch</strong>e Erfolg ist au<strong>ch</strong> ein Propagandaerfolg; der<br />
jugendli<strong>ch</strong>e Konsumentenkreis besteht aus Verführbaren aber eben au<strong>ch</strong> aus Re<strong>ch</strong>tsextremisten.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer boomenden, si<strong>ch</strong> wandelnden <strong>und</strong> unübersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er werdenden Szene haben<br />
diese Musikmanager eine strategis<strong>ch</strong>e Bedeutung für die weitere Marktentwicklung der Skinmusik <strong>und</strong> die<br />
Indoktrination einer jugendli<strong>ch</strong>en Subkultur.<br />
Der Skinmusik-Manager Torsten Lemmer (siehe Nr. 3.4) bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> in der 1. Auflage seines Bu<strong>ch</strong>es<br />
»Skinhead Rock - Eine notwendige Klarstellung über nonkonforme Musik« mit der gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
politis<strong>ch</strong>en Bedeutung der Skin-Musik, die er au<strong>ch</strong> als »nonkonforme re<strong>ch</strong>te Musik« bezei<strong>ch</strong>net. Er wirft<br />
den re<strong>ch</strong>tsextremistis<strong>ch</strong>en Organisationen <strong>und</strong> den meinungsbildenden Publikationen vor, »Re<strong>ch</strong>tsrock«<br />
ni<strong>ch</strong>t in der notwendigen Weise gefördert zu haben. Gerade re<strong>ch</strong>te Rockmusik aber sei ein »strategis<strong>ch</strong><br />
wi<strong>ch</strong>tiges Instrument«, um junge Leute an die »re<strong>ch</strong>te« Politik heranzuführen. Ledigli<strong>ch</strong> auf unterer<br />
Funktionärsebene der Neonazis seien in der Vergangenheit b<strong>und</strong>esweit Kontakte geknüpft worden. Die<br />
Re<strong>ch</strong>tsrockmusiker aber hätten »mehr Jugendli<strong>ch</strong>e auf nationale Inhalte aufmerksam ma<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
begeistern können, als dies in den letzten 40 Jahren eine Partei vermo<strong>ch</strong>t« habe. Lemmer plädiert für eine<br />
Erweiterung des re<strong>ch</strong>ten Musik-Repertoires (Te<strong>ch</strong>no-, Disco- <strong>und</strong> »selbstironis<strong>ch</strong>e Blödelmusik«,<br />
Tonträger mit Texten zu Sportereignissen). Er hebt die Notwendigkeit von Live-Konzerten hervor <strong>und</strong> fordert,<br />
»eine Diskussion zu entfa<strong>ch</strong>en, damit die Presse wieder verstärkt über den Re<strong>ch</strong>tsrock« beri<strong>ch</strong>te.<br />
Zudem könne »re<strong>ch</strong>te Musik« im »Rahmen des Bürgerfunks« angeboten werden.<br />
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