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Trauerkiste und Co - Dr. Dietmar Weixler

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erkrankten Kinder selbst oder ihre Geschwister. Auch bei Jugendlichen finden viele<br />

Gespräche ausschließlich mit den Eltern statt <strong>und</strong> häufig werden Entscheidungen über die<br />

Köpfe der Kinder hinweg gefällt.<br />

Es ist mir ein Anliegen, Kinder ihren Fähigkeiten gemäß in die Prozesse, die ja ihr Leben<br />

betreffen, einzubinden, <strong>und</strong> den Erwachsenen Mut zu machen, ihnen etwas zuzutrauen, Wege<br />

gemeinsam mit ihnen zu gehen <strong>und</strong> sie in ihren Verarbeitungsmöglichkeiten von Abschied<br />

<strong>und</strong> Trauer zu verstehen <strong>und</strong> zu unterstützen, anstatt sie aus Unsicherheiten heraus zu<br />

behindern.<br />

Während meiner Arbeit auf der Heilpädagogik habe ich einige Kinder kennen gelernt, die<br />

durch ihr Verhalten in mir den Eindruck erweckten, sie hätten Angst, übersehen zu werden. In<br />

ihren Lebensgeschichten hatten sie als Gemeinsamkeit den Tod eines Elternteils oder<br />

Geschwisters oder eine schwere Erkrankung ebenfalls eines Elternteils oder Geschwisters. Sie<br />

<strong>und</strong> auch Geschwister behinderter Kinder, die ich kennen lernte, scheinen tatsächlich<br />

„übersehen worden“ zu sein. Ich habe mich dann ausführlich mit Erwachsenen unterhalten,<br />

die als Kinder mit dem Tod eines Bruders oder einer Schwester konfrontiert waren, einige<br />

wurden auch erst nach diesem Ereignis geboren, <strong>und</strong> alle erzählten in der einen oder anderen<br />

Form davon, wenig „Platz“ gehabt zu haben, mit dem Gefühl gelebt zu haben, sie müssten<br />

etwas gutmachen, möglichst wenig brauchen <strong>und</strong> ihre Eltern durch unauffälliges Verhalten<br />

schonen. Und viele von ihnen leiden heute noch darunter.<br />

Ich wünsche mir, dass Geschwisterkinder den Anteil an Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Zuwendung<br />

bekommen, der ihnen zusteht! Dass Platz für ihre Bedürfnisse bleibt. Und dass sie nicht aus<br />

falsch verstandener Rücksicht alleine gelassen werden.<br />

Mein Sohn Vivian, mittlerweile sechseinhalb Jahre alt, wurde mit einer schweren<br />

Hirnmissbildung geboren. Er trotzt seiner schlechten Prognose, sitzt im Rollstuhl, besucht die<br />

Volkschule in einer Integrationsklasse, ist ein fröhlicher Schelm <strong>und</strong> hat mir eine Menge<br />

beigebracht. Er sagt „ich bin behindert“ mit einer Selbstverständlichkeit, wenn Kinder ihn<br />

darauf ansprechen, warum er nicht gehen kann. Es tut mir immer wieder weh zu sehen, wie er<br />

sich manchmal abmüht, aber ich kann es ihm nicht abnehmen. Ich kann ihm nur<br />

Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer er seinen eigenen Weg, sein Leben zu<br />

gestalten, finden kann. Und er findet großartige Möglichkeiten! Er weiß, dass ich da bin,<br />

wenn er mich braucht, so wie viele andere Menschen um ihn herum, <strong>und</strong> dass wir ihn nicht<br />

bedrängen, wenn er uns nicht braucht.<br />

Er <strong>und</strong> sterbende Kinder zeigen mir immer wieder wie kompetent sie sind!

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