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Trauerkiste und Co - Dr. Dietmar Weixler

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Trennungsängste, Angst vor weiteren Verlusten – in der Folge eines Elterntodes kann es sein,<br />

dass sich das Kind sehr an einen verbliebenen Elternteil klammert, in der Angst, auch ihn bald<br />

verlieren zu müssen (1). Schuldgefühle sind ein wesentlicher Bestandteil kindlicher Trauer (1,<br />

12). Auch aus diesem Gr<strong>und</strong> ist es wichtig, aus den Todesursachen kein Geheimnis zu<br />

machen (12). Reale, nachvollziehbare Ursachen sind z.B. „zu schnelles Fahren auf glatter<br />

Strasse“ – werden sie vorenthalten, können sich Phantasien um Schuld <strong>und</strong> Kausalität<br />

verdichten <strong>und</strong> eine Entwicklung hemmen (12).<br />

Manchmal erscheint es so, dass ein Kind nach dem Tod einer nahen Bezugsperson in keiner<br />

Weise reagiert (12). Verleugnung, Affektisolierung (Verhalten, als ob nichts geschehen sei)<br />

<strong>und</strong> Affektdistanzierung sind typische Abwehrmechanismen. Abwehrmechanismen sind in<br />

erster Linie protektiv, d.h. sie sollen ein Weiterleben sichern <strong>und</strong> können als Etappen auf dem<br />

Weg der Trauer-Bearbeitung aufgefasst werden. Sie dienen einer inneren Distanzierung vom<br />

Grauen, vom Entsetzlichen, Undenkbaren, Ungeheuerlichen, Unsagbaren. Sie schaffen den<br />

Raum einer Notwendigkeit. Entwertung des Verstorbenen (z.B. Wut, alleingelassen worden<br />

zu sein) ist ebenfalls eine Möglichkeit, emotionale Distanz zu gewinnen (1). Die Nüchternheit<br />

bzw. Sachlichkeit, die in Folge eines Traumas bei Kindern Ausdruck finden kann, ist für<br />

Erwachsene z.T. schwer verständlich oder auch belastend (Thomas, 5 Jahre:“ Warum sind die<br />

Hähnchen tiefgefroren ? – Ich weiß schon, damit sie tot bleiben.“ (12);)<br />

Beispiel:<br />

Die Tante von Theo, 5 Jahre, verstarb unerwartet <strong>und</strong> plötzlich nach einem sehr dramatischen Unfall. Da sie zu<br />

Lebzeiten einmal geäußert hat, sie wolle im Falle ihres Todes eine Feuerbestattung haben, organisiert der Bruder<br />

der Verstorbenen, Theos Vater, die Zeremonie. Tage danach hört Theo, wie die Großmutter mit der 8-jährigen<br />

Schwester spricht. Auf die Frage der Schwester, ob die Großmutter im Falle ihres Todes lieber begraben oder<br />

verbrannt sein wolle, antwortet die Großmutter nach einigem Überlegen, sie wünsche lieber begraben zu sein.<br />

Theo, der bisher nicht am Gespräch teilzunehmen schien, sagt plötzlich zur Großmutter: „Ich möchte auch nicht<br />

verbrannt werden: wer begraben ist, ist tot. Wenn man verbrannt wird, ist man noch toter.“<br />

Das Beispiel zeigt, welchen Einfluss die Entwicklung des kindlichen Todesbegriffs auf die<br />

Gedanken <strong>und</strong> Gefühle der Kinder hat. Tod hat bei Theo noch nicht die Bedeutung des<br />

Absoluten, dürfte aber mit Zerstörung bzw. Veränderung assoziiert werden.<br />

Identifikation (z.B. Übernahme von Tätigkeiten, Haltungen, Zielen des Verstorbenen) ist der<br />

Ausdruck des Bedürfnisses, sich dem Verstorbenen anzunähern: wenn man so ist wie er, hat<br />

man ihn nicht verloren – ein wichtiger Schritt in der Trauerarbeit (1). Von einer Verschiebung<br />

des Affekts könnte gesprochen werden, wenn der Tod einer Bezugsperson zu keiner äußerlich

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