2012 - Ärztliche Weiterbildung in Sachsen-Anhalt
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Strafbarkeitsrisiken nach dem Beschluss des<br />
Bundesgerichtshofes vom 25. Januar <strong>2012</strong><br />
zur Abrechnung von Laborleistungen<br />
Nachdem vermehrt verunsicherte Ärzte die Rechtsabteilung<br />
zu den Auswirkungen der Entscheidung des Bundesgerichtshofes<br />
vom 25.01.<strong>2012</strong> befragten, möchten wir an dieser<br />
Stelle auf den Inhalt des Beschlusses näher e<strong>in</strong>gehen.<br />
E<strong>in</strong> Arzt wurde wegen Betruges - übrigens <strong>in</strong> 129 Fällen -<br />
verurteilt, weil er <strong>in</strong>haltlich unrichtige Abrechnungen an<br />
se<strong>in</strong>e Patienten versandte und dabei vortäuschte, tatsächlich<br />
nicht erbrachte, tatsächlich nicht von ihm erbrachte und<br />
tatsächlich nicht so erbrachte Leistungen abrechnen zu<br />
können und dadurch Mehre<strong>in</strong>nahmen verzeichnete.<br />
Im E<strong>in</strong>zelnen hatte er u.a. Rechnungen mit ärztlichen Leistungen<br />
erstellt, die er nicht erbracht hatte (z.B. f<strong>in</strong>gierte<br />
Hausbesuche).<br />
Ferner war er Mitglied e<strong>in</strong>er Laborgeme<strong>in</strong>schaft und ließ<br />
dort die erforderlichen Laborleistungen erbr<strong>in</strong>gen. Die Leistungen<br />
der Klasse M II, die er gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 der<br />
amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auch – ohne<br />
selbst die Leistung zu erbr<strong>in</strong>gen – abrechnen durfte, hat er<br />
mit dem H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e sehr umfangreiche und zeit<strong>in</strong>tensive<br />
Leistung aufgrund persönlicher Befundung anstatt mit<br />
dem Regelsatz von 1,15 mit dem Höchst-Steigerungsfaktor<br />
von 1,3 abgerechnet. E<strong>in</strong>e Befundung durch ihn war nie<br />
erfolgt. Gegenüber dem Labor zahlte er lediglich se<strong>in</strong>e<br />
Pauschale. Nach der Entscheidung des Gerichts täuschte er<br />
se<strong>in</strong>e Patienten, <strong>in</strong> dem er die Differenz zwischen dem 1,15<br />
und 1,3fachen Steigerungsfaktor begehrte.<br />
Daneben rechnete er von der Laborgeme<strong>in</strong>schaft bezogene<br />
Untersuchungen der Klasse M II als angeblich im eigenen<br />
Labor erbrachten Leistungen der Klasse M I ab, teilweise<br />
wieder mit dem Höchststeigerungsfaktor von 1,3. Und er<br />
rechnete M III Leistungen, erbracht vom Laborarzt, als<br />
eigene M II Leistung ab.<br />
E<strong>in</strong> großer Teil des verurteilten Sachverhaltes umfasst die<br />
Abrechnung von nicht persönlich erbrachten Speziallaborleistungen<br />
(Klassen M III und M IV). Der Arzt durfte diese<br />
Leistungen nur von e<strong>in</strong>em hierzu befähigten und e<strong>in</strong>zig<br />
gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigten Laborarzt<br />
erbr<strong>in</strong>gen lassen. Er aber hat die Leistungen durch e<strong>in</strong>en<br />
Laborarzt erbr<strong>in</strong>gen lassen und sie dann als eigene deklariert<br />
dem Patienten gegenüber mit dem Faktor von 1,15 <strong>in</strong> Rechnung<br />
gestellt. Dem Labor zahlte er lediglich zwischen dem<br />
0,32 und 1,0fachen des jeweiligen GOÄ-Satzes.<br />
Der Arzt hatte auch Behandlungen als eigene abgerechnet,<br />
die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Praxisräumen durch Therapeuten erbracht<br />
wurden, die weder approbiert noch niedergelassen waren<br />
und ke<strong>in</strong>e Berechtigung hatten, selbständige Leistungen zu<br />
erbr<strong>in</strong>gen. Dennoch wurden die Therapeuten <strong>in</strong> eigener<br />
Verantwortung, ohne Aufsicht und Kontrolle des Arztes<br />
tätig. Der Arzt hatte nicht die fachlichen Kenntnisse, um die<br />
Tätigkeit der Therapeuten zu überwachen.<br />
Mit der Entscheidung wurde klargestellt, dass e<strong>in</strong> Abrechnungsbetrug<br />
vorliegt, wenn die Leistungen, die mangels<br />
persönlicher Leistungserbr<strong>in</strong>gung nicht abrechnungsfähig<br />
s<strong>in</strong>d, dennoch als eigene abgerechnet werden. Der Bundesgerichtshof<br />
geht davon aus, dass <strong>in</strong> dem Umfang, <strong>in</strong> dem die<br />
Rechtsordnung e<strong>in</strong>er privatärztlichen Leistung die Abrechenbarkeit<br />
versagt, ke<strong>in</strong> maßgeblicher wirtschaftlicher<br />
Wert zukommt, die Leistung damit m<strong>in</strong>derwertig im<br />
Vergleich zur höchstpersönlichen Erbr<strong>in</strong>gung durch den<br />
abrechnenden Arzt ist.<br />
Der verurteilte Arzt hatte danach nicht die Berechtigung, die<br />
Speziallaborleistungen, die er nicht erbr<strong>in</strong>gen durfte, als<br />
eigene abzurechnen. Er konnte auch nicht geltend machen,<br />
er wäre für das Labor tätig geworden, da mit der Vere<strong>in</strong>barung<br />
gerade ausgeschlossen wurde, dass das Labor e<strong>in</strong>en<br />
eigenen Anspruch gegenüber dem Patienten verfolgt.<br />
Der Betrug wird ferner nicht dadurch ausgeschlossen, dass<br />
dem Patienten ke<strong>in</strong> Vermögensschaden entsteht, soweit die<br />
Krankenversicherung die Beträge erstattet hat.<br />
Mit dieser Entscheidung wurde ebenso geklärt, dass<br />
die Abrechnung der Leistungen der Klasse<br />
M II mit dem Höchststeigerungsfaktor<br />
von<br />
1,3fach mit der wahrheitswidrigen<br />
Be grün dung e<strong>in</strong>er<br />
persönlichen Befundung<br />
anstelle des Regelsatzes<br />
<strong>in</strong> Höhe des<br />
1,15fachen e<strong>in</strong> Betrug<br />
darstellt.<br />
Vor dem H<strong>in</strong>tergrund der<br />
Entscheidung möge jeder niedergelassene<br />
Arzt se<strong>in</strong> Abrechnungsprozedere<br />
von Laborleistungen auf die<br />
bestehenden Strafbarkeitsrisiken<br />
prüfen.<br />
Wie immer haben unsere Kammermitglieder<br />
selbstverständlich die<br />
Möglichkeit, sich bei Fragen an die<br />
Rechtsabteilung zu wenden.<br />
Ass. jur. Annett Montes de Oca<br />
Ärzteblatt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 23 (<strong>2012</strong>) 10 11