2012 - Ärztliche Weiterbildung in Sachsen-Anhalt
2012 - Ärztliche Weiterbildung in Sachsen-Anhalt
2012 - Ärztliche Weiterbildung in Sachsen-Anhalt
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magesponserter Information geschlossen werden, dass mit<br />
dem Pharmasponsor<strong>in</strong>g wirtschaftliche Ziele verfolgt<br />
werden. E<strong>in</strong> positiver E<strong>in</strong>fluss pharmaf<strong>in</strong>anzierter Fortbildung<br />
auf das Verhalten von Ärzten läßt sich nicht zeigen.<br />
Betrachtet man die Erweiterung und die Aktualisierung ärztlicher<br />
Kenntnisse und Kompetenzen zum Nutzen der Patienten<br />
als Ziel der Fortbildung, so wird dies durch Pharmasponsor<strong>in</strong>g<br />
nicht unterstützt.<br />
Davon ausgehend, dass sich die Kosten des Pharmasponsor<strong>in</strong>gs<br />
<strong>in</strong> den Medikamentenkosten wiederf<strong>in</strong>den, geht dieses<br />
Sponsor<strong>in</strong>g letztlich zu Lasten der Beitragszahler, der Patienten.<br />
Diskussion<br />
Die Recherche förderte neben den bereits genannten Ergebnissen<br />
die Erkenntnis zu Tage, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe westlicher<br />
Länder, allen voran die USA und Großbritannien, neben<br />
e<strong>in</strong>em Problembewußtse<strong>in</strong> für die Wechselwirkungen<br />
zwischen Industrie und Arzt auch Zahlen existieren, die das<br />
Engagement der Industrie zeigen. Solche Zahlen, wie z.B.<br />
die Summe der von der Industrie für Ärztefortbildung aufgewendeten<br />
Mittel, gibt es für Deutschland nicht. So ist auch<br />
die genaue Zahl der pharmaf<strong>in</strong>anzierten Fortbildungen <strong>in</strong><br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und bundesweit unbekannt. Soweit der<br />
Autor dies überblickt, dürfte die Mehrzahl der Vortragsveranstaltungen<br />
und e<strong>in</strong> Teil der Qualitätszirkel von der<br />
Pharma-Industrie „unterstützt“ werden. Aus Sicht der Industrie<br />
ist diese Unterstützung nachvollziehbar, geben solche<br />
Veranstaltungen den Firmen die Möglichkeit, für ihre<br />
Produkte zu werben. Dass diese Werbung auch <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> sehr gut funktioniert, zeigen z.B. die Verordnungszahlen<br />
zu neuen Medikamenten wie z.B. den DPP4-<br />
Hemmern („Glipt<strong>in</strong>e“). Ohne, dass es auch nur e<strong>in</strong>en<br />
H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e günstige Bee<strong>in</strong>flussung patientenrelevanter<br />
Endpunkte (Dialyse, Infarkt, Amputation) durch diese<br />
Sub stanzen gibt, steigen die Verordnungszahlen stetig. Die<br />
Verordnungskosten für alle Glipt<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
stiegen vom I. Quartal 2010 von 836.177,05 EUR auf<br />
1.818.301,81 EUR im IV. Quartal 2011. 11 Wie anders als<br />
durch Werbung und Market<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d solche Zahlen zu<br />
erklären? Mit Studienergebnissen zu Endpunkten def<strong>in</strong>itiv<br />
nicht. Aus Sicht der Ärzte ist e<strong>in</strong>e Organisation von Fortbildung<br />
durch die Industrie bequem. Thema, Ort und Referent<br />
werden vorgegeben, man muss nur noch h<strong>in</strong>gehen, an den<br />
Barcode-Aufkleber denken und es w<strong>in</strong>ken nach pflichtgemäßem<br />
Frontalvortrag Fortbildungspunkte, Geselligkeit und<br />
vielleicht e<strong>in</strong>e warme Mahlzeit. Zum Abschied gibt es<br />
Klebezettel und Kugelschreiber. Alles ohne Kosten für den<br />
Arzt.<br />
Dass es dabei um Werbung geht, ist den meisten Ärzten klar,<br />
allerd<strong>in</strong>gs ist auch die Ansicht sehr verbreitet, man selbst sei<br />
nicht manipulierbar. Dabei ist der Mechanismus, wie solche<br />
Manipulationen funktionieren bekannt, zum<strong>in</strong>dest außerhalb<br />
derÄrzteschaft: Das Reziprozitätspr<strong>in</strong>zip. Wie das ganz<br />
praktisch funktioniert, haben GRANDE et al 2009<br />
beschrieben. 12 Schon alle<strong>in</strong> der Präparatename auf e<strong>in</strong>em<br />
58 Ärzteblatt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 23 (<strong>2012</strong>) 10<br />
Klemmbrett oder e<strong>in</strong>em Notizzettel hatte hier E<strong>in</strong>fluss auf<br />
die Bewertungen der Präparate.<br />
Unbestreitbar gibt es auch pharmaf<strong>in</strong>anziert gute Referate.<br />
Aber brauchen diese Vorträge und die Referenten die<br />
Pharma-Industrie für ihre Qualität?<br />
Zusammenfassung<br />
Es gibt ke<strong>in</strong>e Belege, dass Pharma-Sponsor<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der ärztlichen<br />
Fortbildung für die Ärzte von Nutzen ist. H<strong>in</strong>gegen gibt<br />
es H<strong>in</strong>weise, dass Verordnungsfrequenz und -kosten steigen,<br />
die Verschreibungsqualität s<strong>in</strong>kt. Pharmaf<strong>in</strong>anzierte Fortbildungen<br />
dienen aus Sicht der Firmen Market<strong>in</strong>g- und Werbezwecken,<br />
die dabei gelieferten Informationen s<strong>in</strong>d fehleranfällig.<br />
Es ist nicht plausibel, wie von der Industrie bezahlte Fortbildungen<br />
frei von kommerziellen Interessen se<strong>in</strong> können.<br />
Ärzte geben ohne Not Teile ihrer Autonomie an die Industrie<br />
ab. Insbesondere bei den niedergelassenen Ärzten steht hier<br />
die Frage nach der Vere<strong>in</strong>barkeit mit dem Anspruch als Freiberufler.<br />
E<strong>in</strong>e Notwendigkeit materieller Unterstützung ärztlicher<br />
Fortbildung ist nicht erkennbar.<br />
Schlußfolgerungen<br />
Für Fortbildungen, die von der Industrie „unterstützt“<br />
werden, dürften ke<strong>in</strong>e Fortbildunsgpunkte vergeben werden.<br />
Parallel ist zu überlegen, die geforderte Punktzahl zu senken.<br />
Die Regularien hierzu s<strong>in</strong>d zwar vorhanden, aber widersprüchlich.<br />
Die Kammern s<strong>in</strong>d gefordert, hier für klare<br />
Verhältnisse zu sorgen.<br />
Ilja Karl, Hausarzt<br />
Interessenkonflikt: Der Autor erhält für die Moderation e<strong>in</strong>es (pharmafreien)<br />
Qualitätszirkels e<strong>in</strong>e Aufwandsentschädigung der KVSA,<br />
Vortragshonorare der Rosa-Luxemburg-Stiftung <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und<br />
teilnehmerf<strong>in</strong>anziertes Honorar beim Sem<strong>in</strong>arkongress „Practica“.<br />
1 www.gesetze-im-<strong>in</strong>ternet.de/sgb_5/_95d.html<br />
2 www.aeksa.de/80download/10rechtsquellen/20ordnungen_satzungen/010Beruf<br />
sordnung/010berufsordnung.pdf<br />
3 www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.102.104#Wirtschaftliche<br />
4 www.aeksa.de/80download/10rechtsquellen/20ordnungen_satzungen/040Fortb<br />
ildung/310Richtl<strong>in</strong>ie_Zertifikat.pdf<br />
5 www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/advanced<br />
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