2012 - Ärztliche Weiterbildung in Sachsen-Anhalt
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der Befriedung und Weichenstellung. Je nach Umständen<br />
hilft es, geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e Lösung zu suchen (die auch mediz<strong>in</strong>isch<br />
se<strong>in</strong> kann) sowie die kurzfristige Kontaktaufnahme<br />
durch den Berufshaftpflichtversicherer zu avisieren.<br />
Im Gespräch sollte auf e<strong>in</strong>e Bewertung verzichtet und nur<br />
Fakten erörtert werden. Für den Fall e<strong>in</strong>es notwendigen<br />
Zeugenbeweises ist es von Vorteil, e<strong>in</strong>e „eigene“ Person<br />
dabeizuhaben, vor allem, wenn der Patient die Unterredung<br />
<strong>in</strong> Begleitung führt.<br />
• Auf persönliche Vorhalte sollte stets empathisch-sachlich<br />
reagiert und e<strong>in</strong>e Deeskalation versucht werden. In<br />
e<strong>in</strong>em solchen Gespräch werden Arzt und Ärzt<strong>in</strong> grundsätzlich<br />
als der Stärkere wahrgenommen, zudem geht<br />
es für den Patienten mit der Gesundheit um se<strong>in</strong> wichtigstes<br />
Gut. In diesem Bewusstse<strong>in</strong> der Stärke lässt sich<br />
e<strong>in</strong>e emotionale Gegenreaktion (meist als spontane<br />
Verteidigung) vermeiden.<br />
• Das Gespräch sollte zeitnah dokumentiert werden.<br />
• Cave: Nie sollte vor Rücksprache mit dem Versicherer<br />
e<strong>in</strong> Haftungsanerkenntnis abgeben werden (Abb. 2).<br />
II. Das Recht des Patienten auf E<strong>in</strong>sicht<br />
se<strong>in</strong>e Krankenunterlagen<br />
• Die Forderung des Patienten auf E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Krankenunterlagen<br />
oder Übermittlung von Kopien sollte<br />
grundsätzlich nicht zu e<strong>in</strong>em Streit führen.<br />
Das „Anerkenntnisverbot“<br />
60 Ärzteblatt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 23 (<strong>2012</strong>) 10<br />
• Der Patient hat e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>sichtsrecht <strong>in</strong> die betreffenden<br />
Behandlungsunterlagen (ausgenommen s<strong>in</strong>d ganz<br />
persönliche Anmerkungen des Arztes und Gefährdungspotentiale<br />
zum Beispiel für psychisch Kranke).<br />
Diesem kann man nachkommen durch Term<strong>in</strong>vere<strong>in</strong>barung<br />
oder Übersendung von Kopien.<br />
• Die Übersendung von Kopien kann verweigert werden,<br />
bis der Patient oder se<strong>in</strong> Anwalt die entsprechenden<br />
Kosten vorgeschossen hat. In der Praxis wird e<strong>in</strong>e Rechnungsstellung<br />
aber genügen.<br />
• Ist die Krankenakte ausnahmsweise im Orig<strong>in</strong>al herauszugeben<br />
(z.B. an e<strong>in</strong>en Gerichtsgutachter), sollten<br />
zuvor immer Kopien gefertigt werden. Die Herausgabe<br />
ist zu dokumentieren und möglichst gegenzeichnen zu<br />
lassen.<br />
• Sofern ke<strong>in</strong>e ausdrückliche Gestattung vorliegt, dürfen<br />
an Dritte, z. B. Privatgutachter, nur anonymisierte<br />
Daten weitergegeben werden. Sofern nicht ausdrücklich<br />
von e<strong>in</strong>er Schweigepflichtentb<strong>in</strong>dung umfasst, gilt<br />
dies auch für Postläufe über e<strong>in</strong>en Versicherungsmakler.<br />
III. Gutachter- und<br />
Schlichtungsverfahren<br />
• Gutachter- und Schlichtungsverfahren haben sich als<br />
sehr sachkundige Institutionen mit 90%iger Befriedungsfunktion<br />
bewährt.<br />
Vorsicht ist geboten bei Haftungsanerkenntnissen, zum Beispiel <strong>in</strong> der Form »Ich komme für den<br />
Schaden auf«.<br />
Zwar gestattet § 105 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) e<strong>in</strong> Anerkenntnis des Versicherungsnehmers:<br />
»E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn<br />
ohne se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>willigung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch<br />
anerkennt, ist unwirksam.«<br />
Diese verbraucherfreundlich anmutende Bestimmung birgt für den Versicherungsnehmer das Risiko<br />
Haftung mit eigenem Vermögen <strong>in</strong> dem Fall, dass sich nach dem Anerkenntnis – etwa durch E<strong>in</strong>holen<br />
e<strong>in</strong>es Gutachtens – herausstellt, dass e<strong>in</strong> Haftungsrund gar nicht vorliegt.<br />
Denn § 5.1 Satz 2 der Allgeme<strong>in</strong>en Versicherungsbed<strong>in</strong>gungen für die Haftpflichtversicherung (AHB)*<br />
bestimmt, dass Anerkenntnisse und Vergleiche, die vom Versicherungsnehmer ohne Zustimmung des<br />
Versicherers abgegeben oder geschlossen worden s<strong>in</strong>d, den Versicherer nur b<strong>in</strong>den, soweit der<br />
Anspruch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte.<br />
Beispiel: Der Arzt gibt wegen e<strong>in</strong>es Spritzenabszesses e<strong>in</strong> Haftungsanerkenntnis ab. Später stellt sich<br />
heraus, dass er für dieses Abszess nicht haftet. Zahlen muss er trotzdem: Mit dem Haftungsanerkenntnis<br />
hat er nämlich e<strong>in</strong>en eigenständigen, unabhängigen Anspruchsgrund geschaffen.<br />
Um e<strong>in</strong>e solche Haftung mit dem Privatvermögen zu vermeiden, sollte e<strong>in</strong> Anerkenntnis immer mit<br />
der Haftpflichtversicherung abgestimmt werden!<br />
* Unverb<strong>in</strong>dliche Musterbed<strong>in</strong>gungen <strong>2012</strong> des GdV (Gesamtverband der Versicherungswirtschaft.)