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Deutsche Grammatik (de Gruyter Lexikon)

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Genus<br />

wohl mit es als auch mit sie Bezug nehmen. In diesen Fällen wird die pragmatische<br />

Kongruenz, d. h. <strong>de</strong>r Bezug zum Sexus, umso wichtiger, je weiter<br />

das Pronomen vom Bezugswort entfernt ist (vgl. Köpcke/Zubin 2009: 146).<br />

Sprachgebrauch<br />

Die Frage, ob die Sprache Frauen und Männer gleichberechtigt behan<strong>de</strong>lt,<br />

hat im <strong>de</strong>utschen Sprachraum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1970er Jahre (rund 10 Jahre nach<br />

<strong>de</strong>n USA) eine heftige Diskussion ausgelöst, die in abgeschwächter Form bis<br />

heute andauert. Ausgangspunkt war, dass sich die Frauen in <strong>de</strong>r Sprache benachteiligt<br />

sahen. Das <strong>Deutsche</strong> verwen<strong>de</strong>t als sexusneutrale Bezeichnung in<br />

<strong>de</strong>n allermeisten Fällen das sog. generische Maskulinum, d. h. ein Wort wie<br />

<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verbraucher bezeichnet Männer und Frauen gleichzeitig.<br />

Nur dann, wenn ausschließlich Frauen angesprochen wer<strong>de</strong>n, wird eine sog.<br />

movierte Form, also ein vom Grundwort abgeleitetes Femininum wie die<br />

Kundin o<strong>de</strong>r die Verbraucherin verwen<strong>de</strong>t. Während das Maskulinum also<br />

sowohl ausschließlich Männer als auch, in seiner generischen Lesart, Männer<br />

und Frauen zusammen bezeichnen kann, ist das movierte Femininum<br />

dagegen nur für Frauen verwendbar. Für geschlechtsgemischte Gruppen<br />

wird stets die maskuline Form verwen<strong>de</strong>t. Die Stu<strong>de</strong>nten bezeichnet eine<br />

Gruppe von Stu<strong>de</strong>nten o<strong>de</strong>r eine Gruppe von Stu<strong>de</strong>nten und Stu<strong>de</strong>ntinnen,<br />

auch wenn sich nur ein einziger Mann darunter befin<strong>de</strong>t; dagegen wird<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnen nur für eine Gruppe von ausschließlich weiblichen Personen<br />

verwen<strong>de</strong>t. Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich auch darin, dass man zwar<br />

von weiblichen Stu<strong>de</strong>nten, nicht aber von männlichen Stu<strong>de</strong>ntinnen sprechen<br />

kann.<br />

Die politische Kritik an dieser sprachlichen Situation hat <strong>de</strong>n Gebrauch<br />

<strong>de</strong>s generischen Maskulinums zwar nicht zum Verschwin<strong>de</strong>n gebracht, aber<br />

er ist zurückgegangen. Zur Vermeidung eines sexistischen Sprachgebrauchs<br />

können verschie<strong>de</strong>ne Strategien eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m sog. Splitting<br />

wer<strong>de</strong>n in gemischtgeschlechtlichen Gruppen bei<strong>de</strong> Geschlechter angesprochen:<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnen und Stu<strong>de</strong>nten. Splitting ist relativ aufwendig, beson<strong>de</strong>rs<br />

dann, wenn Possessivpronomen folgen, die im Singular nicht genusneutral<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können. Das führt zu komplexen Formulierungen, die<br />

zwar politisch korrekt, aber nur noch schwer verständlich sind: Je<strong>de</strong>r Koch<br />

und je<strong>de</strong> Köchin stellt sein bzw. ihr Rezept kurz dar. Die Komplexität <strong>de</strong>s Splittings<br />

wird mit einem gemäßigten Splitting reduziert: die Doppelnennungen<br />

wer<strong>de</strong>n häufig nur in <strong>de</strong>r ersten Nennung voll ausgeführt, anschließend<br />

wer<strong>de</strong>n maskuline und feminine Formen abwechselnd gebraucht. Mit <strong>de</strong>m<br />

Binnen-I wird eine neue generische Form eingeführt. Beim Sprechen wird<br />

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