«Günstiger» Mietwohnungsbau ist möglich - Fahrländer Partner
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2.3 Zielkonflikte<br />
Die Komplexität der gesamten Thematik <strong>ist</strong> hoch und es bestehen Zielkonflikte in verschiedenen Bereichen,<br />
wie folgendes Beispiel zeigt:<br />
Ein Investor plant in Zürich einen Ersatzneubau anstelle einer Siedlung mit 80 Wohneinheiten. Die Siedlung<br />
wurde in den 1940er Jahren erstellt und seither zwar laufend unterhalten, aber nie umfassend saniert. Die<br />
Gebäudehüllen, bestehend aus einschaligem Mauerwerk, sind nicht isoliert, die Raumanordnung <strong>ist</strong> zwar<br />
zweckmässig, wird aber vom Eigentümer nicht mehr als zeitgemäss empfunden. Vor dem Abriss der<br />
Siedlung erhalten die 80 ansässigen Haushalte die Kündigung<br />
Der Ersatzneubau umfasst 150 Wohneinheiten, die grosszügiger sind als die alten Wohnungen. Zudem wird<br />
die Baute in einem hochwertigen ökologischen Standard erstellt. Anstelle von 80 finden nun bei identischem<br />
Landverbrauch 150 Haushalte ein Heim, es werden also auch 70 Haushalte weniger in die Peripherie verdrängt.<br />
Zudem wird der Forderung nach ökologischer Nachhaltigkeit Rechnung getragen. Diese beiden<br />
Aspekte dürften als positiv und gesellschaftlich erwünscht zu werten sein.<br />
Die Medaille hat aber auch ihre Kehrseite: Zunächst wird 80 Haushalten gekündigt, damit der Ersatzneubau<br />
realisiert werden kann. Diese müssen eine neue Wohnung suchen, was in einem ausgetrockneten Markt<br />
schwierig <strong>ist</strong>. Falls die Haushalte nicht zahlungskräftig oder aufgrund ihrer Präferenzen nicht bereit sind,<br />
eine bestimmte Summe pro Monat für die Miete auszugeben, müssen sie in der Peripherie der Stadt oder<br />
im Umland eine Wohnung suchen. Ein weiterer Effekt des Ersatzneubaus <strong>ist</strong>, dass anstelle der bisherigen<br />
Miete der Altbauwohnungen von CHF 1‘500 pro Monat nach Fertigstellung eine Miete von CHF 3‘000<br />
verlangt wird. Höhere Mieten sind aufgrund des zeitgemässen Standards der Wohnungen sowie der grösseren<br />
Wohnflächen notwendig. Gleichzeitig lässt dies der Markt auch zu.<br />
Während ein Teil der Nachfragenden die finanziellen Möglichkeiten hat, monatlich CHF 3‘000 für die<br />
Wohnungsmiete einzusetzen, fehlt anderen Haushalten diese Möglichkeit; sie können sich nicht um eine<br />
der neuen Wohnungen bewerben, sondern müssen anderweitig suchen.<br />
Zusammenfassend hat die Investorenentscheidung verschiedenste Auswirkungen:<br />
- Die Haushaltsdichte auf der gegebenen Parzelle wird von 80 auf 150 vergrössert, das Land wird «haushälterisch»<br />
genutzt;<br />
- Die «soziale Dichte» wird grösser;<br />
- 80 günstige Altbauwohnungen werden vernichtet, 80 Haushalte – teilweise wohl auch solche mit<br />
geringen Einkommen – müssen ein neues Heim suchen;<br />
- 150 zeitgemässe Wohnungen werden geschaffen, 150 Haushalte finden ein neues Heim;<br />
- 80 energie-ineffiziente Wohnungen werden durch 150 energie-effizientere Wohnungen ersetzt. 18<br />
Dieses Beispiel <strong>ist</strong> exemplarisch für die gegenwärtige Situation in den drei Agglomerationen Genf, Lausanne<br />
und Zürich sowie anderen nachfragestarken Standorten mit einem Nachfrageüberhang.<br />
Obschon sich die Frage der Tragbarkeit für Haushalte mit geringen Einkommen seit je stellt, hat diese in<br />
jüngerer Zeit wieder für einen grösseren Kreis von Haushalten an Bedeutung gewonnen. Die Gründe hierfür<br />
sind vielfältig, zwei Hauptelemente können aber wie folgt umrissen werden:<br />
- Erstens <strong>ist</strong> der Druck der Nachfrage insbesondere in den Grossagglomerationen massiv, während die<br />
Möglichkeiten, das Angebot zu erweitern, begrenzt oder zumindest zeitlich verzögert sind. Die Folge<br />
sind steigende Mieten bei Neuabschlüssen.<br />
- Zweitens führt die gegenwärtige Situation an den Finanzmärkten dazu, dass Kapital in Fülle vorhanden<br />
<strong>ist</strong> und die Eigner des Kapitals mehr oder weniger verzweifelt nach Anlage<strong>möglich</strong>keiten suchen. Obschon<br />
jede Liegenschaft zu gegebener Zeit saniert werden muss, führt dies unter Anderem dazu, dass<br />
Sanierungen vorgezogen oder dass an sich sanierungsfähige Bauten abgerissen und durch Neubauten<br />
ersetzt werden. 19 Beides hat zur Folge, dass günstige Altbauwohnungen vom Markt verschwinden und<br />
durch vergleichsweise teure sanierte bzw. neue Miet- oder Eigentumswohnungen ersetzt werden.<br />
18<br />
Daneben betrifft die Investorenentscheidung weitere Bereiche wie die Erträge und Le<strong>ist</strong>ungen der öffentlichen Hand etc.<br />
19<br />
Im Rahmen von Sanierungen oder bei der Projektierung von Neubauten werden diese unter Umständen auch für andere - oftmals<br />
höherschichtigere - Zielgruppen positioniert.<br />
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