«Günstiger» Mietwohnungsbau ist möglich - Fahrländer Partner
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7.6 «Kontext-» und «Kontentfaktoren» bei der Konzeption von Wohnungen<br />
Die Zwei-Faktoren-Motivationstheorie – ein Konzept aus der Arbeitspsychologie<br />
In der Arbeitspsychologie geniesst die Zwei-Faktoren-Motivationstheorie von Herzberg einige Beachtung.<br />
Herzberg klassiert die verschiedenen Faktoren der Arbeit – z.B. Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Arbeitszeitflexibilität,<br />
Vorschlagswesen, Anerkennung etc. – in sogenannte Kontextfaktoren und sogenannte<br />
Kontentfaktoren:<br />
Kontextfaktoren sind diejenigen Aspekte, bei denen ein gewisses Mass erfüllt sein muss, eine Übererfüllung<br />
dieses Masses aber keine oder allenfalls kurzfr<strong>ist</strong>ige positive Effekte auf die Arbeitszufriedenheit hat. Kontextfaktoren<br />
haben die Pole «Unzufriedenheit» und «Nicht-Unzufriedenheit». Beispiele für Kontextfaktoren<br />
sind:<br />
- äussere Arbeitsbedingungen;<br />
- Beziehungen zu den Arbeitskollegen;<br />
- Beziehungen zu den Vorgesetzten;<br />
- Firmenpolitik und Admin<strong>ist</strong>ration;<br />
- Entlöhnung einschliesslich der Sozialle<strong>ist</strong>ungen;<br />
- Krisensicherheit des Arbeitsplatzes.<br />
Kontentfaktoren sind diejenigen Aspekte, bei denen ein Mindestmass erreicht werden muss, die Arbeitszufriedenheit<br />
aber mit einer Übererfüllung nachhaltig steigt. Die Pole sind «Nicht-Zufriedenheit» und<br />
«Zufriedenheit». Beispiele für Kontentfaktoren sind:<br />
- Tätigkeit selbst;<br />
- Möglichkeit, etwas zu le<strong>ist</strong>en;<br />
- Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln;<br />
- Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen;<br />
- Aufstiegs<strong>möglich</strong>keiten;<br />
- Anerkennung.<br />
Abbildung 41: Schematische Darstellung der Zwei-Faktoren-Motivationstheorie<br />
Quelle: Nach Herzberg (1966) in Steiger und Lippmann (2003, S. 137), adaptiert durch <strong>Fahrländer</strong> <strong>Partner</strong>.<br />
Übertragung auf den Wohnungsmarkt<br />
Bei der Konzeption von Wohnprojekten wird von ähnlichen Mechanismen ausgegangen. So <strong>ist</strong> zu erwarten,<br />
dass beispielsweise ein Schlafzimmer gewisse Anforderungen erfüllen muss. Wenn es eine gewisse Grösse<br />
überschreitet, dürfte die Wohnzufriedenheit nicht mehr weiter steigen. Da die Mehrfläche zudem einen Einfluss<br />
auf den Mietzins hat, könnte eine deutliche Übererfüllung der Anforderung sogar kontraproduktiv sein.<br />
Die Zimmergrösse kann insofern als Kontextfaktor betrachtet werden.<br />
Hingegen könnten Aspekte wie Belichtung und Aussicht Kontentfaktoren sein, d.h. je besser die Belichtung<br />
und je schöner die Aussicht, desto grösser <strong>ist</strong> die Wohnzufriedenheit, was sich in einer entsprechenden<br />
Zahlungsbereitschaft niederschlagen kann. Ähnlich verhält es sich mit der Zentralität, die offensichtlich von<br />
einer grossen Zahl von Haushalten – aber nicht von allen – geschätzt wird.<br />
Letztlich kauft oder mietet ein Haushalt immer ein Gesamtpaket, das sich aus Eigenschaften der Makrolage,<br />
der Mikrolage sowie des Objekts zusammensetzt. Dieses Gesamtpaket von Eigenschaften hat einen Preis,<br />
der bei Wohneigentum in Form von Kapital, bei Mietwohnungen in Form von Miete bezahlt wird.<br />
Haushalte haben offensichtlich unterschiedliche Präferenzen bezüglich der Eigenschaften und gewichten<br />
diese demzufolge unterschiedlich. Dabei streben die statushöheren Haushalte nach Maximierung, während<br />
bei den statustieferen Haushalten aufgrund von (Budget-)Restriktionen eine Optimierung erfolgt.<br />
Zielgruppen für «günstige» Projekte sind Haushalte, die höhere Mieten nicht bezahlen können und<br />
entsprechend – falls sie keine Altbauwohnung finden – bei der Wohnfläche und gegebenenfalls weiteren<br />
Wohnungseigenschaften (z.B. Mikrolage, Ausbaustandard) Abstriche in Kauf nehmen, sowie Haushalte, die<br />
zwar höhere Mieten bezahlen könnten, in ihren Budgetüberlegungen aber eine andere Präferenz haben.<br />
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