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BREZ - Javni sklad republike Slovenije za kulturne dejavnosti

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literatura<br />

ten gewisse seiner Gesichtszüge; die die mir etwas gegeben und zeitgleich<br />

mich beraubt haben. Ich wurde um eine unermessliche Zufriedenheit und<br />

ein Gefühl der Zugehörigkeit bereichert und habe mich gleichzeitig dem<br />

Gespür der Geborgenheit entfremdet. Ob ich es mag oder nicht, die Abgelegenheit<br />

des Einzelgängerlebens verschaffte mir das gewisse Sicherheitsgefühl,<br />

wonach ich mich immerfort meines frühen Aufwachsens gesehnt<br />

habe. Die Hochmütigkeit, die man mir eher unterstellt hat als bloß nur<br />

zugeschrieben, verlieh mir die nötige Immunität dicht gefolgt von einer<br />

Ehrfurcht und einer so gut wie unerklärlichen Pietät.<br />

Ein sehr guter Freund von mir sagte einst: »Die schönsten Mädchen<br />

werden das Tanzlokal immer alleine verlassen ...«<br />

Die Situation in der ich war, entsprach in erster Linie meiner Behaglichkeit.<br />

Ich habe nichts auf Risiko setzen müssen und brauchte keine Angst<br />

zu haben etwas zu verlieren.<br />

Und jetzt auf einmal war ich in der Rolle des Liebhabers. Zwei Jahre,<br />

davon dreizehn Monate im intensiven Kontakt. Undankbar und gnadenlos<br />

ist ein Liebesverhältnis; eine Machtbeziehung zweier Menschen, die<br />

zueinander gefunden haben aber nicht loslassen können. Ein Handeln<br />

mit einer recht eingeschränkten Hingabe angesichts einer Beklommenheit,<br />

die den jeweiligen begrenzt etwas zu wagen um lediglich nicht das<br />

aufs Spiel zu setzen, was man schon hat – eine kaputte Beziehung die<br />

wiederum eine soziale Sicherheit bietet.<br />

Da lag er. Schlafend, obwohl ich im tiefen Inneren das Gefühl hatte<br />

ihm die Täuschung der Nachtruhe zuschreiben zu können. Wir haben<br />

Liebe geführt. Er war mein Mentor, mein engster Vertrauter und mein<br />

Professor. Verheiratet. Keine Kinder. Ich – seine Studentin. Was wir<br />

hatten? Ein verpöntes Verhältnis, das sich dem Muster unserer Gesellschaft<br />

vollkommen als normwidrig erwies.<br />

Eine klammheimliche Ehrlichkeit und Zuneigung, die man nur in einem<br />

weit abgelegten Bauernhaus, landfern von der weseneigenen Integrität<br />

des Alltags, ausleben konnte. Einmal pro Woche. Gesprochen<br />

haben wir eher wenig. Unterhaltung war überflüssig. Ich brauchte ihn<br />

und er brauchte mich.<br />

Er brauchte Stille. Ich brauchte jemanden, dem ich beim Atmen zuhören<br />

konnte.<br />

90<br />

...

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