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Mein Jahr 1945 - Coswig

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Schlachten etwas verstand, zur Hilfe. Die Männer hatten die Pferde sachgerecht geschlachtet, zerlegt und auch<br />

noch gerecht verteilt. Eine Freude für uns.<br />

Was wir damals nicht erfuhren: Eine berittene russische Einheit war auf der Steinstraße unter Beschuss geraten.<br />

Nicht nur Pferde hatten ihr Leben lassen müssen, es waren auch mehrere russische Soldaten gefallen. Sie waren<br />

auf dem Gelände des Lindenhofes an der Mauer zur Gartenstraße begraben worden. Die Russen hatten dort<br />

auch ein Denkmal für ihre gefallenen Kameraden errichtet. Später wurden die Toten umgebettet und das Denkmal<br />

wieder weggenommen.<br />

Am späten Nachmittag eine mächtige Detonation. Vom Wohnzimmerfenster aus sahen wir zufällig, wie am<br />

Bahndamm die Stücke flogen. Die Granate war dort, wo sich der Beobachtungsstand befand, aber auf der<br />

gegenüberliegenden Seite, in die Dammkrone eingeschlagen. Dieser Schuss saß besser als die anderen, richtete<br />

aber bei den Russen keinen Schaden an. Die SS hatte sich inzwischen besser eingeschossen. Wir wussten nicht,<br />

was kommen würde, setzten unsere Luftschutzhelme auf, gingen in den Keller und hockten uns in eine<br />

Kellerecke. Plötzlich schwere Schritte in unserem Gang, Haustüre auf, Schritte zu uns die Treppe herab. Ein<br />

russischer Soldat biegt um die Kellerecke, die MPi unter dem Arm, und - erschrickt fürchterlich. Vor ihm in der<br />

Dunkelheit deutsche Helme! - Doch blitzschnell erkennt er: Frauen und Kinder, fasst sich: "Ihr Moskau kaputt -<br />

Ihr Leningrad kaputt - jetzt Ihr kaputt!" Dabei richtet er seine MPi auf jeden einzelnen von uns, sagt: "Bum!", -<br />

"bum!", - "bum!" - bricht in ein schallendes Lachen aus, dreht sich um und geht genauso ruhig die Treppe<br />

wieder hinauf. Am Schuppen des Nachbarhauses zerschießt er aus 10 Schritt Entfernung mit einem Schuss das<br />

Außenthermometer. - Er musste sich abreagieren; auch bei ihm lagen die Nerven blank. Er war ein Posten, der<br />

das Gebiet unmittelbar hinter der Front absichern musste, nach deutschen Soldaten in dem Hinterhalt suchen<br />

sollte. Die Nachbarn sagten, wir hätten geschrieen. - Heute bewundere ich den Mann. Ich fürchte, an seiner<br />

Stelle hätte ich den Finger am Abzug krumm gemacht.<br />

Der Tag war erlebnisreich gewesen. Aber ins Bett legen wollte sich keiner von uns. Es wollte auch keiner alleine<br />

im Zimmer sein, und so richteten wir uns angekleidet für die Nacht ein. - Kaum waren wir zur Ruhe gekommen:<br />

Eine gewaltige Detonation in der nächtlich Stille. Etwa 10 Meter neben dem ersten Einschlag der Trichter des<br />

neuen Einschlags in der Krone des Bahndammes. Etwa 25 Granateinschläge hat es während dieser Tage in<br />

unserem Gebiet gegeben. Zwei Blindgänger wurden noch bei der Bestellung auf den Feldern südlich der<br />

Talstraße gefunden.<br />

Am nächsten Tag: Fauchendes Heulen und entfernte Detonationen. Die Russen hatten beim Talkenberger Hof<br />

einen Granatwerfer in Stellung gebracht und beschossen die Artilleriestellungen an den Lößnitzhängen. Danach

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