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einen Soldaten harmlos sein oder tödliche Gefahr. Nach Kriegsrecht kann jeder gegnerischer Zivilist, der mit einer<br />
Waffe angetroffen wird, hingerichtet werden.<br />
Auch die Erzählungen der unmittelbar Betroffenen können das Grauen nicht ausdrücken. Meist erzählten sie nur<br />
lustige Randerlebnisse. Sie mussten das Grauen verdrängen, aus ihren Erinnerungen löschen, um überleben zu<br />
können. Doch dann brach die Erinnerung an das Grauen aus ihnen heraus. Doch nur Bruchstücke kommen auf<br />
uns – oft erst <strong>Jahr</strong>e später.<br />
Von verschiedenen ehemaligen Soldaten spontan erzählte Erlebnisse:<br />
“Wir hatten in einem Dorf sechs Partisanen festgenommen. Sie wurden erschossen. Als sie am Morgen begraben<br />
wurden, fehlte einer. Wir suchten in dem Dorf und fanden ihn in seinem Haus am Tisch bei seiner Familie – nur<br />
durch den Hals geschossen. Wir haben ihn wieder festgenommen und erschossen.“<br />
„Einmal hatten wir eine junge Partisanin gefangen. Ein sehr schönes Weib. Das Erschießungskommando war<br />
angetreten. In zehn Schritt Entfernung kniete sie vor uns. Kommando: Durchladen, legt an, Feuer! – sie fiel nicht.<br />
Keiner hatte auf sie schießen können. Neues Kommando: Durchladen, legt an, Feuer! Da fiel sie.“ -<br />
„Ich habe eine Frau erschossen. Unsere Einheit hatte eine Partisanin gefangen genommen. Wir mussten sie<br />
erschießen. Ich war MG-Schütze. Ich bekam den Befehl: MG in Stellung bringen. Sie wurde an einen Pfahl<br />
gebunden. Dann bekam ich den Befehl zum Schießen. Ich konnte nicht. Da zog der Kompanieführer seine<br />
Pistole, entsicherte, setzte mir kalt die Mündung ins Genick und sagte: Schieß! Da habe ich geschossen“.-<br />
„Wir marschierten als geschlossener Marschblock durch ein französisches Dorf. Beim letzten Haus krachte es,<br />
eine Rauchwolke kam aus dem offenen Fenster, drei Kameraden brachen tödlich getroffen zusammen. Wir<br />
umstellten das Haus und durchsuchten es. Im Hause nur drei Frauen und in den Betten drei noch heiße<br />
Gewehre. Die Frauen wurden vor dem Haus erschossen.“-<br />
„Wir hatten einen englischen Angriff aufgerieben. Nur ein einzelner Mann lag uns noch gegenüber. Er hatte sich<br />
ausgeschossen und musste sich ergeben. Ich hatte gerade das Abitur gemacht. Da ich als Einziger englisch<br />
konnte, musste ich ihn anrufen, er solle mit erhobenen Händen auf unsere Stellung zukommen. Er sagte ´I don´t<br />
believe the Germen`. Ich forderte ihn erneut auf und versicherte ihm, es könne ihm nichts passieren. Er kam mit<br />
deutlich erhobenen Händen auf uns zu. Da fiel ein Schuss aus unseren Reihen. Der Mann brach zusammen. Ich<br />
lief zu ihm, nahm ihn in die Arme. Da sagte er: ´I was right´ - deutete auf seine durchblutete Feldbluse. Aus der<br />
Brusttasche zog ich ein Bild, seine Familie. Er nahm es in die Hand, betrachtete es und starb“. -<br />
„Ich erlebte den Ostfeldzug von Anfang an. Ich war Sanitäter. Schon fünf Minuten nach Kriegsbeginn hatte ich<br />
eine ganze Kompanie mit Bauchschuss. Der Kompanieführer, ein Offizier aus dem ersten Weltkrieg, hatte sie<br />
singend gegen die polnische Stellung marschieren lassen. Eine Maschinengewehrgarbe hatte gereicht.“ -<br />
Solche Erlebnisse belasten Millionen von Kriegsteilnehmern. Noch als alter Mann, <strong>Jahr</strong>zehnte nach dem Krieg,<br />
brach ein Kollege von mir immer, wenn er von seinen Kriegserlebnissen sprechen wollte, in Tränen aus und