Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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und fortentwickelt werden.<br />
Ministerpräsident Johannes Rau hob die<br />
Entwicklung der Kreise von der Wiederaufbauphase<br />
seit 1945 hin zu starken Verwaltungsträgern<br />
hervor, die insbesondere beim<br />
Abbau des Gefälles zwischen Stadt und Land<br />
und bei der Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen<br />
in den Städten und dem<br />
ländlichen Raum Beachtliches geleistet und<br />
erreicht hätten. Er hob den LKT <strong>NRW</strong> als für<br />
die Landesregierung stets kompetenten Ratgeber<br />
hervor 8 . Ministerpräsident Rau sagte<br />
Gesundheitsausschuss<br />
eine sorgfältige und vorbehaltlose Überprüfung<br />
der Vorschläge des LKT <strong>NRW</strong> zu<br />
Fragen der Verwaltungsreform zu und warnte<br />
davor, dass die Kreise, Städte und Gemeinden<br />
sich auf Kernbereiche und Kernkompetenzen<br />
abdrängen ließen. Eine solche<br />
Entwicklung könne die kommunale Selbstverwaltung<br />
in der Substanz treffen. Die Kommunen<br />
sollten allen Schwierigkeiten zum<br />
Trotz ihren Gestaltungswillen und ihre Gestaltungskraft<br />
bewahren.<br />
Prof. Dr. Klaus Stern, Universität zu Köln, und<br />
Richter des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen<br />
hielt einen Vortrag unter dem<br />
Titel „Die Kreise in Nordrhein-Westfalen –<br />
Bedeutung und Perspektiven kommunaler<br />
Selbstverwaltung“ 9 . In seinem Referat ging<br />
er unter anderem auf die verfassungsrechtliche<br />
Absicherung der Kreise, die Bedeutung<br />
der Kreise im demokratischen Staatsaufbau<br />
und die unmittelbare demokratische Mitwirkung<br />
ihrer Bürger, die Einführung neuer<br />
Steuerungsmodelle zur Steigerung der Verwaltungseffizienz,<br />
die Kreisaufgaben und die<br />
Verwaltungsstrukturreform, die Finanzierung<br />
der Kreise sowie die europäische Dimension<br />
der Selbstverwaltung der Kreise ein. Zur<br />
verfassungsrechtlichen Absicherung der Kreise<br />
führte Stern aus, dass ohne die von den<br />
Kreisen traditionell wahrgenommenen übergemeindlichen<br />
ausgleichenden und ergänzenden<br />
Aufgaben die gemeindliche Selbstverwaltung<br />
jedenfalls im ländlichen Raum<br />
nicht funktionsfähig wäre und die Kreise<br />
deshalb zum wesentlichen Bestandteil der<br />
kommunalen Selbstverwaltung gehörten. Die<br />
Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden<br />
ohne gleichzeitige Gewährleistung der Krei-<br />
Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />
se – die als Gemeindeverbände gemeint und<br />
verfassungsrechtlich abgesichert seien – sei<br />
lückenhaft. Des Weiteren hob der Redner<br />
hervor, dass sich die Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften<br />
und als untere staatliche<br />
Verwaltungsbehörden bewährt hätten<br />
und die ihnen gestellten Aufgaben sachgerecht<br />
und effizient bewältigten. Regionalkreisen<br />
hafteten als großflächigen Einrichtungen<br />
dagegen der Nachteil der Bürgerferne<br />
an, wodurch das Prinzip der Überschaubarkeit<br />
gefährdet sei. Kommunale Selbstverwaltung<br />
zeichne sich durch die Merkmale der<br />
Gebietsbezogenheit und der Bürgernähe<br />
aus, so dass Selbstverwaltungsträger nicht<br />
Größenordnungen erreichen dürften, die sie<br />
ihre räumlichen Bezüge verlieren ließen. Regionaler<br />
Kooperationsbedarf könne auch mit<br />
den vorhandenen Instrumenten interkommunaler<br />
Zusammenarbeit bewältigt werden. Stern<br />
untermauerte die Gedanken der Zusam menführung<br />
von Aufgabenverantwortung und<br />
Ausgabenverantwortung und kritisierte die<br />
hauptsächliche Finanzierung der Kreise durch<br />
die Kreisumlage. Die bereits seit langem be -<br />
stehende Forderung der Kreise und des<br />
<strong>Landkreistag</strong>es hinsichtlich einer eigenständigen<br />
Beteiligung etwa an der Umsatzsteuer,<br />
jedenfalls aber für eine Ausstattung<br />
mit hinreichenden finanziellen Mitteln zur<br />
Aufgabenerledigung der ihnen übertragenen<br />
Aufgaben 10 , sei dringend angezeigt.<br />
Schließlich hob der Festredner die Notwendigkeit<br />
hervor, in der Europäischen Union<br />
eine Subsidiaritätskultur zu entwickeln, in die<br />
auch die Kreise aktiv eingebunden seien.<br />
Im Rahmen der Großen Landkreisversammlung<br />
wurde als neuer Vorsitzer Landrat Heinrich<br />
Borcherding MdL, Kreis Minden-Lübbecke,<br />
gewählt; der bisherige Vorsitzer,<br />
Landrat Dr. Franz Möller, wurde sein Stellvertreter.<br />
Oberkreisdirektor Raimund Pingel,<br />
Kreis Borken, blieb weiterhin Stellvertreter.<br />
Aachener Modell<br />
zur Sozialhilfe<br />
Im November 1997 erschien im EILDIENST<br />
des <strong>Landkreistag</strong>es ein Artikel unter der<br />
Überschrift „Das Aachener Modell – Die<br />
Zusammenführung der Aufgaben- und Fi-<br />
nanzverantwortung in der Sozialhilfe“, in<br />
dem über einen Vertrag zwischen dem Kreis<br />
Aachen und seinen kreisangehörigen Städten<br />
und Gemeinden berichtet wurde, der<br />
bereits seit dem 01.01.1996 in der Umsetzung<br />
war 11 . Gemessen an dem Grundsatzpapier<br />
zur Verwaltungsstrukturreform vom<br />
Mai 1997 war dies bereits ein erster Umsetzungsfall<br />
einer der dort niedergelegten<br />
Forderungen aus der Praxis auf vertragli -<br />
cher Grundlage, zu dem im Rahmen eines<br />
Erfahrungsberichtes für das erste laufende<br />
Jahr eine positive Bilanz für die hilfesuchen-<br />
Amtszeit Amt Amtsbezeichnung* Vorname Name Kreis<br />
1995 – 1999 Vorsitzender OKD Robert Wirtz Mettmann<br />
1995 – 1999 Stellv. Vorsitzender LR Wilhelm Riebniger Soest<br />
seit 1995 Stellv. Vorsitzender LKMD Dr. Werner Lammers Steinfurt<br />
1999 – 20<strong>07</strong> Vorsitzender LR Wilhelm Riebniger Soest<br />
2005 – 20<strong>07</strong> Stellv. Vorsitzender LR Wilhelm Krömer Minden-Lübbecke<br />
seit 20<strong>07</strong> Vorsitzende LR`in Lieselore Curländer Herford<br />
Vorsitzende und stellvertretende Vorsitzende der Fachausschüsse des <strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen 1997-20<strong>07</strong><br />
* LR = Landrat, OKD = Oberkreisdirektor, LKMD= Ltd. Kreismedizinaldirektor.<br />
den Bürgerinnen und Bürger, die örtlichen<br />
Kommunen und den Kreis gezogen wurde.<br />
Durch eine kostenbewusstere Art der Aufgabenwahrnehmung<br />
und eine Optimierung<br />
der Verwaltungsabläufe sowohl auf Gemeinde-<br />
als auch auf Kreisebene konnten im Ergebnis<br />
alle beteiligten Kommunen und damit<br />
auch der Kreis Aachen als Träger der<br />
Sozialhilfe finanzielle Vorteile verbuchen.<br />
Gesetzentwurf über<br />
den öffentlichen<br />
Gesundheitsdienst<br />
Im Rahmen eines Gesetzentwurfes der Landesregierung<br />
zur Stärkung der Leistungsfähigkeit<br />
der Kreise, Städte und Gemeinden<br />
wurde Ende 1997 überraschend auch ein Gesetzentwurf<br />
über den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />
vorgelegt.Dieses Gesetzgebungsvorhaben<br />
wurde vom Vorstand des LKT <strong>NRW</strong><br />
deshalb besonders kritisch beurteilt, weil da -<br />
rin eine Verpflichtung zur Bildung von Gesundheitskonferenzen<br />
aufgenommen sowie<br />
eine umfassende Gesundheitsberichterstattung<br />
vorgeschrieben wurde. Wegen der äußerst<br />
prekären Finanzsituation der Kreise<br />
lehnte der <strong>Landkreistag</strong> den Gesetzentwurf<br />
aufgrund mangelnder Kostenneutralität strikt<br />
ab12 .<br />
8 Vgl. EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 17-18/1997 vom<br />
15.<strong>09</strong>.1997, S. 362 ff. EILDIENST LKT<br />
9 <strong>NRW</strong> 17-18/1997, S. 366 ff.<br />
10 Vgl. Hagenlücke, aaO. S. 210 f.<br />
11 EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 20/1997, S. 439 ff.<br />
12 Vgl. EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 20/97, S. 430 ff;<br />
S. 510.<br />
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