Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />
setzen.“, heißt es im Waffenstillstandsvertrag<br />
vom 11.11.1918, Abschnitt V.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg musste Deutschland<br />
ein Zehntel seiner Bevölkerung und ein<br />
Siebtel seines Territoriums abtreten. Hinzu<br />
kam eine zeitlich gestaffelte, auf maximal<br />
15 Jahre befristete Besetzung und Entmilitarisierung<br />
des Rheinlandes. Das ebenfalls<br />
zur Rheinprovinz gehörende Saarland wurde<br />
bis zu einer Volksabstimmung, die erst nach<br />
15Jahren stattfinden sollte, dem Völkerbund<br />
unterstellt; das Eigentum an den Saargruben<br />
musste das Reich an Frankreich abtreten<br />
– mit einem Rückkaufsrecht im Fall eines<br />
für Deutschland günstigen Ergebnisses<br />
der Volksabstimmung. Frankreich hatte sich<br />
mit weitergehenden Forderungen, wie der<br />
dauerhaften Abtretung des linksrheinischen<br />
Gebietes nicht durchsetzen können.<br />
Der Versailler Vertrag, der im Januar 1920<br />
in Kraft trat, schrieb die alleinige Schuld des<br />
Ein konservativer Rheinländer an der Spitze des Verbandes<br />
der Preußischen Landkreise: Freiherr Clemens von Schorlemer<br />
Im Februar1918 wurde der 62-jährige Rheinländer Staatsminister<br />
a.D. Dr. Freiherr Clemens von Schorlemer-Lieser<br />
zum Vorsitzenden des Verbandes der Preußischen Landkreise<br />
gewählt. Bis zum Ende der Weimarer Republik blieb<br />
er der einzige Verbandspolitiker aus den westlichen Provinzen,<br />
der in ein so hohes Amt gewählt wurde. Alle anderen<br />
Vorsitzenden und die hauptamtlichen Geschäftsführer<br />
stammten aus den östlichen Provinzen Preußens.<br />
Freiherr von Schorlemer war ein einflussreicher konservativer,<br />
wenn auch nicht unumstrittener Politiker mit vielfältigen<br />
beruflichen Erfahrungen im Bereich der preußischen<br />
Verwaltung und der Landwirtschaft:1888 bis 1898 war er<br />
selbst Landrat im Landkreis Neuss (Rheinprovinz) gewesen;<br />
außerdem 1905-1910 Oberpräsident dieser Provinz. 4<br />
Freiherr von Schorlemer war Mitglied der ersten Preußischen<br />
Kammer, des Preußischen Herrenhauses und 1910<br />
bis 1917 gleichzeitig preußischer Minister für Landwirtschaft,<br />
Domänen und Forsten. Aus Protest gegen die vom<br />
290<br />
Freiherr Clemens von<br />
Schorlemer<br />
Kaiser angekündigte Einführung des gleichen Wahlrechts in Preußen reichte er im Juli<br />
1917 sein Entlassungsgesuch ein. Die geplante Demokratisierung Preußens war für ihn<br />
ein so schwerer Schlag, dass es für ihn – wie er seiner Frau schrieb – „beinahe gleichgültig“<br />
wurde, „ob wir als Sieger oder als Besiegte aus diesem Kriege hervorgehen.“<br />
Konsequent trat er wenig später der „Deutschen Vaterlandspartei“ bei, einer außerparlamentarischen<br />
Bewegung, die alle vaterländischen Kräfte im Kampf gegen 'nervenschwache<br />
Friedenskundgebungen' und innere Reformen während des Krieges bündeln<br />
wollte. Nach der Revolution trat er in die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) ein und<br />
wurde 1919 Mitglied im Hauptvorstand. 5<br />
Neben diesen politischen Funktionen und Mandaten bekleidete Freiherr von Schorlemer<br />
vielfältige Posten in Verbänden der Landwirtschaft: Er war unter anderem viele Jahre Vorsitzender<br />
der Rheinischen Landwirtschaftskammer, des Verbandes der preußischen Landwirtschaftskammern<br />
und seit 1919 auch Präsident des Deutschen Landwirtschaftsrates.<br />
Schon aufgrund seiner vielen Ehrenämter hat Freiherr von Schorlemer sich als Vorsitzender<br />
des preußischen Landkreisverbandes hauptsächlich auf das Repräsentieren beschränkt.<br />
„Von Schorlemer als katholischer Rheinländer und ausgesprochener Grandseigneur (löste)<br />
die Aufgabe der Repräsentation glänzend (...), ohne sich sehr in die Dinge zu vertiefen.<br />
Mit unnachahmlicher Grandezza saß er Sitzungen vor, deren Gegenstand ihm<br />
oft nur sehr oberflächlich bekannt war, sprach überlegt auch ohne Sachkenntnis in seinem<br />
eindrucksvollen Staccato so, daß er die Zuhörer fesselte, und verstand es, im Präsidentenstuhl<br />
während langweiliger Reden unbemerkt zu schlafen, durch einen leisen<br />
Druck meines Ellbogens im richtigen Augenblick erwacht.“, schrieb Verbandsgeschäftsführer<br />
Ulrich von Hassell in seinen Memoiren 6 .<br />
Bei der ersten kompletten Neuwahl der Verbandsorgane nach der Revolution im April<br />
1922 wurde Freiherr von Schorlemer einstimmig wieder gewählt. Ein Vertrauensbeweis<br />
auch der neu dazugekommenen, demokratisch eingestellten Landräte, die mittlerweile<br />
im Verband mitarbeiteten. Von Schorlemer freute sich sehr über das Ergebnis. Nur drei<br />
Monate später starb er am 6. Juli 1922.<br />
Deutschen Reichs am Beginn und an den<br />
Schäden des Krieges fest und leitete daraus<br />
die Verpflichtung zu umfassenden Repa -<br />
rationen ab. Zum „Unterpfand“ für die Erfüllung<br />
des Friedensvertrages wurde das besetzte<br />
Rheinland erklärt. Eine politische Alternative<br />
zur Unterzeichnung des Vertrages,<br />
der von allen politischen Parteien gleicher<br />
maßen abgelehnt wurde, hatte das Deutsche<br />
Reich nicht. Zusammen mit der Dolchstoßlegende<br />
wurde der Versailler Vertrag in<br />
den folgenden Jahren zu heftigster Agitation<br />
gegen die Weimarer Republik und das<br />
Ausland genutzt.<br />
Die schon im Waffenstillstandsvertrag vereinbarte<br />
Besetzung des gesamten deutschen<br />
linksrheinischen Gebietes und von drei rechtsrheinischen<br />
Brückenköpfen um die Städte<br />
Köln, Mainz und Koblenz begann am 1.<br />
Dezember 1918. Die Briten marschierten in<br />
Ende des Ersten Weltkriegs: Rückmarsch<br />
deutscher Truppen über die Rheinbrücke