Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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duzierten die Alliierten nach dem Protest den<br />
Gesamtbetrag der Reparationen auf 132<br />
Milliarden Goldmark.<br />
Ende Dezember 1922 stellte die alliierte Reparationskommission<br />
einen deutschen<br />
Französische Kavallerie auf der Hauptstraße<br />
von Buer<br />
Rückstand bei Holz- und Kohlelieferungen<br />
fest. Derartige Rückstände ließen sich bei<br />
der Höhe der Forderungen allerdings kaum<br />
vermeiden. Dennoch bewertete die Reparationskommission<br />
diesen Rückstand – bei<br />
einer englischen Gegenstimme – als vorsätzlichen<br />
Bruch der Reparationsverpflichtungen.<br />
Frankreich begann daraufhin am 9.<br />
Januar 1923 mit belgischer Unterstützung<br />
Einmarsch der französischen Armee am<br />
12. Januar 1923<br />
in Ruhrgebiet einzumarschieren. Sechs Divisionen<br />
besetzten das gesamte Ruhrgebiet<br />
und weitere rechtsrheinische Teile der Rheinprovinz<br />
um die bereits bestehenden Brückenköpfe.<br />
Neben reparationspolitischen<br />
Zielen verfolgten der französische Ministerpräsident<br />
und Außenminister Raymond<br />
Poincaré mit der Ruhrbesetzung vor allem<br />
die Absicht, doch noch eine Zurückdrängung<br />
der deutschen Grenze an den Rhein<br />
zu erreichen.<br />
Die deutsche Öffentlichkeit reagierte mit<br />
nahezu einhelliger Empörung auf die Besetzung.<br />
Die Reichsregierung setzte mit sofortiger<br />
Wirkung alle Reparationsleistungen<br />
an Frankreich und Belgien aus und rief die<br />
Bevölkerung im Ruhrgebiet zum „passiven<br />
Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />
Widerstand“ auf. Allen Beamten wurde verboten,<br />
Befehle von den Besatzungsbehörden<br />
entgegenzunehmen. Auch die Beamten des<br />
„altbesetzten“ Gebietes in der Rheinprovinz<br />
sollten keinerlei Anweisungen Folge<br />
leisten, die im Widerspruch zum Rheinlandabkommen<br />
standen.<br />
Der Verband der deutschen Landkreise schloss<br />
sich den partei- und klassenübergreifenden<br />
Protesten an und verabschiedete auf seiner<br />
Mitgliederversammlung im April 1923 eine<br />
leidenschaftliche Entschließung gegen die<br />
Besetzung:<br />
„Mit Empörung und Ingrimm blicken auch<br />
die deutschen Landkreise auf das schmähliche<br />
Tun, mit dem Frankreich und Belgien<br />
in rohester Gewalt und räuberischer Absicht<br />
wider Recht und vertragliche Bindung<br />
unter heuchlerischem Vorwande in<br />
deutsches Land höchster Kulturblüte einbrechen<br />
(...). Auch die in den deutschen<br />
Landkreisen zusammengeschlossene Bevölkerung<br />
kann gleich ganz Deutschland,<br />
betrogen in ihrem Vertrauen auf die Ehrlichkeit<br />
der Gegner, in dem es die Waffen<br />
niederlegte und zerbrechen ließ, nur noch<br />
passiven Widerstand der feindlichen Gewalt<br />
entgegensetzen. Sie gelobt aber, zu<br />
jedem Opfer bereit, in ihrem Abwehrwillen<br />
nicht zu erschlaffen.“<br />
Die Besatzungsmächte reagierten auf den<br />
„Generalstreik“ der Bevölkerung und Behörden<br />
mit Beschlagnahmungen, der völligen<br />
wirtschaftlichen Abtrennung des Ruhrgebiets<br />
vom Reich und mit massenhaften<br />
Verhaftungen und Ausweisungen von Beamten<br />
36 .<br />
Bis April 1923 waren allein in der Rheinprovinz<br />
der Oberpräsident, vier der fünf Re-<br />
gierungspräsidenten, drei Polizeipräsidenten,<br />
25 der 55 Landräte der Provinz abgesetzt<br />
und ausgewiesen worden. Hinzu kam<br />
die massenhafte Ausweisung von Beamten<br />
der Finanz- und Zollverwaltung sowie der<br />
Eisenbahn und Post. Die Wohnungen der<br />
Ausgewiesenen wurden für Angehörige der<br />
Besatzungsbehörden requiriert.<br />
Auch die Arbeit des Rheinischen Unterverbandes<br />
litt unter der Ruhrbesetzung und den<br />
Ausweisungen:<br />
„Durch die Folgen der Ruhraktion ist auch<br />
die Tätigkeit des Rheinischen Landkreisverbandes<br />
insofern schwer benachteiligt, als<br />
die Verbindungen und Mitteilungsmöglichkeiten<br />
teilweise ganz unterbrochen, teilweise<br />
sehr erschwert sind.“<br />
Der neue geschäftsführende Vorsitzende,<br />
Landrat Heimann (Landkreis Köln) bat die<br />
Mitgliedskreise im April um Verständnis für<br />
die eingeschränkte Schlagkräftigkeit des<br />
Verbandes 37 .<br />
Ein französischer Soldat auf einem Kohlewagen im besetzten Ruhrgebiet … und mit<br />
aufgepflanztem Baj aj ajonett bei einer Personenkontrolle<br />
Bis Ende Juni wurden weitere acht Landräte<br />
aus der Rheinprovinz ausgewiesen, darunter<br />
der spätere Leiter der Pressestelle des West-<br />
36 Kundgebung des Verbandes der Deutschen<br />
Landkreise gegen die Ruhrbesetzung vom<br />
11.4.1923, in: Zeitschrift für Selbstverwaltung,<br />
Jg. 6, 1923, S. 41 (Zitat ebd.). Kolb,<br />
Weimarer Republik, S. 44ff; Henning, Das industrialisierte<br />
Deutschland, S. 57ff.; Romeyk,<br />
Verwaltungs- und Behördengeschichte derr<br />
Rheinprovinz, S. 89ff.; Steegmans, Die finanziellen<br />
Folgen der Rheinland- und Ruhrbesetzung<br />
S. 31ff.<br />
37 Verbandsnachrichten des Rheinischen Landkreisverbandes<br />
vom 21.04.1923, in: LHA Koblenz,<br />
Best. 491, Nr. 565 (Zitat ebd.); Romeyk,<br />
Verwaltungs- und Behördengeschichte derr<br />
Rheinprovinz, S. 98ff.<br />
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