Eildienst 09/07 - Landkreistag NRW
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117 . Zu der von der<br />
Landesregierung beabsichtigten Auflösung<br />
der Sonderbehörden und ihre Eingliederung<br />
entweder in die staatliche Mittelinstanz, d.h.<br />
die Bezirksregierungen oder in die Bündelungsebene<br />
der Kreise und kreisfreien Städte<br />
gibt es angesichts der damit einhergehenden<br />
Synergieeffekte und der dringend notwendigen<br />
Verschlankung der nach wie vor<br />
übermöblierten Verwaltung keine Alterna tive.<br />
Dies belegen auch die Bestrebungen anderer<br />
Bundesländer, die nicht zuletzt auch im<br />
Gefolge der durch die Föderalismusreform I<br />
neu erlangten Handlungs- und Gestaltungsspielräume<br />
der Länder ihrerseits den besten<br />
Weg um eine effektive und effizient aufgestellte<br />
Verwaltung suchen und hier in einem<br />
starken Wettbewerb untereinander stehen 118 .<br />
Änderung der<br />
Kommunalverfassung<br />
Die von der CDU-/FDP-Landesregierung be -<br />
absichtigte Änderung der Kommunalverfassung<br />
befindet sich im parlamentarischen<br />
Ver fahren: Die Frage der Verlängerung der<br />
Amtszeiten von Landräten und Ober-/Bürgermeistern<br />
ist nach einem Koalitionskompromiss<br />
so gelöst worden, dass diese auf sechs<br />
Jahre verlängert wird, während die Kommunalwahlperiode<br />
unverändert fünf Jahre<br />
dauert, wobei die Entkoppelung der beiden<br />
Wahlen erst nach dem Termin der nächsten<br />
Kommunalwahl im Jahr 20<strong>09</strong> stattfinden<br />
wird. Die kommunalverfassungsrechtliche<br />
Stellung der Hauptverwaltungsbeamten wird<br />
ebenso wie die Rechte der Fraktionen im<br />
Kreistag beziehungsweise Stadtrat gestärkt.<br />
Ebenfalls gestärkt wird die bürgerschaftliche<br />
Mitwirkung an kommunalen Entscheidungsprozessen,<br />
so insbesondere durch die Einführung<br />
eines Rat- und Kreistagsbürgerentscheides.<br />
Die von der Landesregierung<br />
außerdem beabsichtigte Absenkung der Einwohnerschwellenwerte<br />
der so genannten<br />
Mittleren und Großen kreisangehörigen Ge -<br />
meinden von 25.000 auf 20.000 Einwohner<br />
beziehungsweise von 60.000 auf 50.000<br />
Einwohner ist dagegen im Interesse des Gesamtgefüges<br />
im kreisangehörigen Raum ein<br />
Schritt in die falsche Richtung. Entsprechende<br />
Anträge der betreffenden Gemeinden<br />
führen dazu, dass die dadurch indirekt eintretenden<br />
verbleibenden Zuständigkeiten der<br />
Kreise in der Regel unwirtschaftlicher ausfallen<br />
als bei den bisher geltenden Schwellenwerten.<br />
Umgekehrt bürgt eine Splitterzuständigkeit<br />
einzelner Gemeinden anstelle der<br />
Kreise weder für Qualität noch für Wirtschaftlichkeit.<br />
Nicht zuletzt angesichts der<br />
demografischen Entwicklung sollte keine<br />
weitere Zerfaserung der kommunalen Verwaltungskraft<br />
im kreisangehörigen Raum<br />
erfolgen; vielmehr muss verstärkte Kooperation<br />
und interkommunale Zusammenar-<br />
Schwerpunkt: 60 Jahre <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong> 1947 – 20<strong>07</strong><br />
beit der Maßstab des Handelns sein. Gerade<br />
im Bereich der Jugendämter könnte eine<br />
Rosinenpicken finanzstarker Gemeinden<br />
mit dem daraus folgenden Ausbrechen aus<br />
der Kreissolidargemeinschaft zu folgenschweren<br />
Kon sequenzen für die Finanzierung der<br />
Jugendhilfe in den beim Kreisjugendamt verbleibenden<br />
Gemeinden führen. Das Land<br />
sollte bei der Prüfung von entsprechenden<br />
Anträgen jedenfalls die Rückwirkungen auf<br />
die im Wesentlichen umlagegeprägte Finanzierung<br />
der Kreise und die große Zahl der<br />
im Kreissolidarverband verbleibenden Gemeinden<br />
abwägen und insofern allenfalls<br />
zumindest eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
anstellen 119 .<br />
Als entscheidendes Kriterium für interkommunale<br />
Kooperation muss gelten, dass für<br />
die Steuerzahler im Gesamtsaldo alle damit<br />
zusammenhängenden Aktivitäten günstiger<br />
werden als in den bis dahin praktizierten<br />
Strukturen. Im Übrigen ist auch unter verfassungsrechtlichen<br />
Aspekten zu betonen,<br />
dass ein Vorrang der Kreise vor interkommunaler<br />
gemeindlicher Kooperation besteht.<br />
Der Vorrang gemeindlicher Aufgabenwahrnehmung<br />
bezieht sich ausdrücklich und ge -<br />
rade auf die örtlichen Angelegenheiten, nicht<br />
aber für eine eben nicht mehr örtliche Kooperation.<br />
Insoweit besteht ein Vorrang der<br />
Aufgabenwahrnehmung durch die Kreise<br />
120 . Ein weiterer Eckpunkt der durch die<br />
Landesregierung beabsichtigten Änderung<br />
der Kommunalverfassung betrifft eine Konzentration<br />
der Kommunen auf ihre Kernaufgaben<br />
der örtlichen Daseinsvorsorge und<br />
die abgeleitete Einschränkung der wirtschaftlichen<br />
Betätigung der Kommunen im Hinblick<br />
auf die Subsidiaritätsklausel in § 1<strong>07</strong> GO<br />
<strong>NRW</strong>. Zugleich soll nach den Vorstellungen<br />
der Koalition das Spektrum der wirtschaftlichen<br />
Betätigung der Kommunen durch eine<br />
Bestandsschutzklausel abgesichert werden.<br />
Diese Absicht stößt auf erheblichen Widerstand<br />
der Kommunen und ihrer Spitzenverbände<br />
121 .<br />
Novellierung des<br />
Sparkassenrechts<br />
Die Landesregierung beabsichtigt außerdem<br />
eine Modernisierung des Sparkassenrechts,<br />
wobei hier insbesondere die Einführung<br />
eines Stamm- oder Trägerkapitals auf<br />
erhebliche Kritik der Kommunen, der kommunalen<br />
Spitzenverbände und der beiden<br />
Sparkassen- und Giroverbände Nordrhein-<br />
Westfalens trifft. 122 Auch bei der inzwischen<br />
vorgesehenen optionalen und nicht<br />
fungiblen Ausweisung von Trägerkapital<br />
befürchten die kommunalen Spitzenverbände,<br />
dass es hier mittel- bis langfristig zu<br />
einer Privatisierung des Sparkassensektors<br />
kommt, die die Grundprinzipien des Sparkassensektors<br />
infrage stellt.<br />
Landrätekonferenz 2006<br />
in Berlin<br />
Im Rahmen der Landrätekonferenz am 01./<br />
02.06.2006 war neben der Modernisierung<br />
des Sparkassenrechts und einer Diskussion<br />
mit den beiden Präsidenten der Sparkassenund<br />
Giroverbände und der Erörterung der<br />
Pläne der Großen Koalition im Hinblick auf<br />
die Reform der Unternehmensbesteuerung<br />
sowie der damit zusammenhängenden möglichen<br />
Reform der Gewerbesteuer einmal mehr<br />
die Kostenentwicklung im Rahmen des SGBII<br />
ein Schwerpunktthema (Hartz IV). Sowohl<br />
zur Gemeindefinanzreform als auch zur Kostenentwicklung<br />
bei Hartz IV sowie zur Etablierung<br />
des einheitlichen Ansprechpartners<br />
nach der EU-Dienstleistungsrichtlinie verab -<br />
schiedeten die Landräte nach Diskussionen<br />
mit der Parlamentarischen Staatssekretärin<br />
im Bundesfinanzministerium, Dr. Barbara<br />
Hendricks MdB, dem Ersten Parlamentarischen<br />
Geschäftsführer der CDU-/CSU-Fraktion<br />
im Bundestag, Dr. Norbert Röttgen MdB,<br />
sowie dem <strong>NRW</strong>-Europaminister Michael<br />
Breuer MdL Beschlüsse, die ein großes Medienecho<br />
auslösten. 123 Die exorbitant steigenden<br />
Ausgaben der Kreise für Hartz IV<br />
in Verbindung mit der nur unzureichenden<br />
Ausgleichswirkung bei der Weiterleitung<br />
der vom Land eingesparten Wohngeldmittel<br />
führte zu einer brisanten Zuspitzung für<br />
die Kreishaushalte, deren Dynamik in den<br />
folgenden Monaten zunahm. Zudem wurde<br />
eine von der Bundesregierung in Aussicht<br />
gestellte teilweise Reduzierung der bis dahin<br />
gewährten Bundesbeteiligung an den<br />
Kosten der Unterkunft diskutiert, die, wenn<br />
sie umgesetzt worden wäre, praktisch flächendeckend<br />
Nothaushalte und Haushaltssicherungskonzepte<br />
sowohl für die Kreise<br />
als auch für alle kreisangehörigen Städte<br />
und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit<br />
sich gebracht hätte. Der <strong>Landkreistag</strong> <strong>NRW</strong><br />
wies wiederholt auf die Brisanz der Situation<br />
hin und veranstaltete gemeinsam mit<br />
117 Vgl. EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 3/März 2006,<br />
S. 91 f<br />
118 Vgl. Fachtagung des FSI vom 12.05.2006 unter<br />
dem Titel „Zwischen kommunaler Kooperation<br />
und Verwaltungsreform“, EILDIENST LKT <strong>NRW</strong><br />
Nr. 7-8/Juli/August 2006, S. 258 ff<br />
119 Vgl. dazu EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 1/Januar<br />
20<strong>07</strong>, S. 1; EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 6/Juni 20<strong>07</strong>,<br />
S. 196 ff; EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 6/Juni 20<strong>07</strong>,<br />
S. 200 ff<br />
120 Vgl. auch Tagung „Perspektiven der Kommunalverfassung“,<br />
EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 4/<br />
April 2006, S. 147 ff, S. 151 ff, S. 155 ff<br />
121 Vgl. zuletzt EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 6/Juni 20<strong>07</strong>,<br />
S. 203 ff<br />
122 Vgl. EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 4/April 20<strong>07</strong>,<br />
S. 119; vgl. auch EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 7-8/<br />
Juli/August 2006, S. 249 ff<br />
123 Vgl. EILDIENST LKT <strong>NRW</strong> Nr. 7-8/Juli/August<br />
2006; S. 252 ff<br />
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